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Der Stein der Speisen

Von Gabriel Egger, 25. November 2017, 00:04 Uhr
Der Stein der Speisen
Das Schobersteinhaus Bild: Egger

Wer aus den Tälern zwischen Enns und Steyr auf den Schoberstein wandert, freut sich immer doppelt. Der Berg hat zwei Gipfel, die Hütte zwei Wirte und die Saison kein Ende.

Noch eine Stunde, dann kommen sie. Obwohl Thomas alleine ist, tappt er auf Samtfüßen aus der Hütte. Als dürfe niemand auf ihn aufmerksam werden. Nicht einmal der Große Priel, der sich gegenüber stolz im ersten Licht des Tages sonnt. Die Stille hier, in 1265 Metern Höhe, ist zu kostbar. Denn sie ist nur von kurzer Dauer.

Der heiße Kaffee, der auf dem alten hölzernen Tisch neben dem Eingang steht, dampft in der kalten Winterluft. Einmal strecken, einmal tief durchatmen, ein großer Schluck. Der Donnerstagmorgen gehört dem Wirt. Wenigstens die eine Stunde, bevor sich die ersten Wanderer von Molln und Trattenbach 600 Höhenmeter zur Hütte schinden, um sich das Frühstück zu verdienen.

Aussicht und Saison ohne Ende

Pensionisten, Familien mit Kindern, Jugendliche, Läufer, Mountainbiker, bis vor wenigen Jahren sogar Reiter mit Pferd. Alle strömen sie zu Thomas und Karl auf den Schoberstein. Von Mittwoch bis Sonntag, zu jeder Jahreszeit. Bis zu 1500 Sportler und Ausflügler am Tag. Ein Saisonende gibt es auf einem der beliebtesten Berge des Landes nicht. Nur Ruhetage.

"Wenn es draußen ganz leise ist und der Berg nur mir gehört", erzählt Thomas, während sein Blick über das Sengsengebirge gleitet und sich auf der Hohen Nock festsetzt, "dann hole ich mir meine Kraft für den Tag". Und davon braucht der Mann in der schwarz-weiß-gestreiften Kochhose eine Menge.

Thomas Schilcher ist ein Spätberufener. 30 Jahre, glücklich vergeben, zwei aufgeweckte Kinder – und eigentlich Mechatronikingenieur. Das Schobersteinhaus war ein Weihnachtsgeschenk, das er sich vor fünf Jahren selbst gemacht hat. "Der Papa war Geschäftsführer bei der Amag und ich Abteilungsleiter bei einer Firma, die Hochgeschwindigkeitsspindeln herstellt ", erzählt Schilcher, der Wurzeln in St. Ulrich bei Steyr geschlagen hat. "Wir haben schon immer gesagt, dass wir irgendwann einmal eine Hütte übernehmen wollen. Aber das war eher ein Wunschtraum, wir hatten ja beide sehr sichere Jobs", erinnert sich Schilcher. Doch dann wurde das Schobersteinhaus frei und alles ging ganz schnell.

"Reich werde ich hier nicht"

"Kurz vor Weihnachten habe ich gekündigt und im darauffolgenden Februar habe ich schon die Hüttenterrasse freigeschaufelt", erinnert sich Thomas. Er klingt, als wäre er überzeugt, alles richtig gemacht zu haben, wenn er von den ersten unsicheren Schritten und der Entschleunigung hier oben über dem Enns-und Steyrtal erzählt. Auch wenn es rund um ihn gerade wuselt an diesem klaren Frühwinternachmittag.

Topfenstrudel hier, Apfelstrudel da und bitte gleich die Rechnung dazu. "Das Tellerfleisch musst du probieren, einmalig", sagt eine ältere Dame mit Pudelhaube zu ihrem athletischen Gatten, während Paragleiter auf der großen Wiese vor der Hütte einen Abflug machen. Viele kommen wegen der regionalen Küche auf den Stein der Speisen. Besonders das Bratl von Hüttenwirt und Hobbykoch Thomas ist auf dem Berg ein beliebter Hochgenuss. Aber auch Vegetarier müssen nicht hungrig zurück ins Tal. Bei so viel Auswahl kann es schon einmal vorkommen, dass die Gäste warten müssen, bis sie einen Sitzplatz ergattern. "Ich weiß, dass viel geredet wird. Dass wir Manager waren und uns jetzt hier dumm und deppert verdienen", wird Thomas kurz ernst, bevor sich seine Miene wieder erhellt.

"Klar möchte ich etwas verdienen. Reich werde ich hier oben aber nicht. Wenn es mir um das geht, müsste ich sofort wieder runter", sagt er. Die Arbeit hier sei ein neues Lebensgefühl für die Familie Schilcher, zu der auch Mama Uschi gehört, die den Männern am Wochenende tatkräftig zur Seite steht. Stressig sei es auch am Schoberstein, aber ganz anders als im Tal. Das Haus sei zwar eine Schutzhütte, mehr aber noch ein Ausflugs-ziel. "Der Papa und ich haben hier keine Projekte, müssen nicht verhandeln und gehen nie mit Bauchweh ins Bett. Wir müssen kochen, servieren und Holz hacken ", sagt Thomas "und dürfen dann noch einen Haufen spannender Menschen kennenlernen." Wie den Daucher Hermann zum Beispiel, der mehr als 2700 Mal auf dem Schoberstein stand. Oder den Thailänder mit den freudestrahlenden Augen, der es zum allerersten Mal auf einen Berg geschafft hat. "Die Leute müssen sich ja bemühen, um zu uns zu kommen. Das ändert viel an der Einstellung. Gastronomie im Tal würde mich nicht interessieren", erzählt Thomas, während Papa Karl mit Hüttenhündin Lena eine Runde um das Haus geht.

 

Der Stein der Speisen
Sicher haben wir hier einen Stress. Aber der ist ganz anders als im Tal. Am Abend ist der Kopf wieder frei und alles wieder gut.“ Thomas Schilcher, bewirtschaftet gemeinsam mit seinem Vater Karl seit 2014 das Schobersteinhaus Bild: Egger

Viele Wege führen nach oben

Der 56-Jährige könnte mit ihr auch gleich auf den Gipfel steigen. 20 Höhenmeter trennen das Schobersteinhaus und den stählernen Obelisken, der den höchsten Punkt ziert. Oder steht das schlaksige Holzkreuz auf der Erhebung nebenan auf dem wahren Gipfel? "Zur Sicherheit kannst du ja auf beide gehen", lacht Thomas. Der Berg hat nicht nur zwei Gipfel, sondern auch zwei Abschnitte, die besonders in den Waden brennen. Schinder werden sie genannt. Warum, zeigt sich an der schweren Atmung, wenn man von Trattenbach oder aus dem Mollner Pranzlgraben zu den Schilchers will.

Noch anstrengender wird es, wenn man sich den Weg über alle drei Tausender bahnt. Dürres Eck, 1122 Meter, Gaisberg, 1267 Meter, Hochbuchberg, 1273 Meter. Auch von Ternberg über das Herndleck ist ein Zustieg möglich. "Da läppert sich schon was zusammen, bis man bei uns ist", sagt Thomas, der als Jäger die freien Tage mit seiner Familie oft in Gstatterboden im Gesäuse verbringt. "Da gehen wir viel wandern. Ich muss ja meine Kinder dran gewöhnen", sagt Schilcher. Sein Sohn sei mit viereinhalb schon ein echter Sportsmann. Und wenn nicht die Berge rufen, schreien die Alpakas. Denn die Schilchers haben in St. Ulrich ihre eigene Farm mit den wolligen Kamelen. Im Winter gibt es flauschige Hauben direkt in der Hütte zu kaufen.

Die Schilchers und der Schoberstein, das ist ein Zukunftsprojekt. "Wir haben beide vor, hier oben alt zu werden", sagt Thomas, der es nach all der Ruhe langsam eilig hat. "Die Stammgäste kommen, da muss ich noch was vorbereiten." Die treuen Wanderer begrüßt er erst, wenn sich die Sonne verabschiedet hat. Sie kommen mit Stirnlampen, im Winter sogar mit den Tourenski. "Da brauchen wir aber einen Meter Schnee." Oder sie stapfen in den Spuren der Vorgänger. Einige bleiben, nehmen einen der 40 Schlafplätze. Und bevor sie aufwachen, gehört die Stille des Berges wieder nur den Schilchers.

Das Schobersteinhaus

Das Schobersteinhaus liegt in den oberösterreichischen Voralpen und gehört den Naturfreunden Steyr.
Es ist ganzjährig geöffnet, Montag und Dienstag sind Ruhetage. Der Winterraum mit Getränkeautomat ist immer geöffnet. 40 Personen können über Nacht bleiben. Wer auf dem Schoberstein Silvester feiern will: für den Jahreswechsel 2020/2021 gibt es wieder freie Schlafplätze.

 

Wo der Kamin angeheizt wird

 

Nicht alle Berghütten Oberösterreichs haben Ende Oktober Fenster und Türen verschlossen. In einigen gelingt der Einkehrschwung nach wie vor. Ob mit Tourenski, Schneeschuhen oder dicken Gamaschen über der Wanderhose. Eine kleine Auswahl:

 

Schosserhütte
Einst hat ein Skilift hinauf zur Hohen Dirn geführt. Der ist zwar stillgelegt, Ruhe ist auf dem Berg über Losenstein aber keine eingekehrt. Denn die Anton-Schosser-Hütte des Alpenvereins Steyr lädt in 1158 Meter Seehöhe ganzjährig von Dienstag bis Sonntag zur geselligen Einkehr. Am 15. Dezember gibt es ein Sonnwendfeuer mit großer Feuershow zu bestaunen.

 

Ennser Hütte
Helga und Erwin Zeiselsberger verbringen die Winter-Wochenenden auf ihrer Ennser Hütte in 1295 Meter Seehöhe bei Großraming. Nur von 8. bis 27. Jänner machen sie Pause. Für ihre Gäste haben sie sich am 17. Dezember etwas Besonderes einfallen lassen. Wer eine Kugel für den Hütten-Christbaum mitbringt, bekommt ein Stamperl Schnaps spendiert.

 

Blaa Alm
An der Grenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark haben Mountainbiker im Sommer ihre Freude. Aber auch im Winter lädt die Blaa Alm in Altaussee zur willkommenen Rast ein. In knapp 900 Meter Seehöhe ist der Blick zum Loser frei. Von Dienstag bis Sonntag werden Winterwanderer herzlich empfangen. Den Wurstschmaus gibt es am 1. und 2. Dezember.

 

Grünburger Hütte
Bei der Europameisterschaft haben Katalin Borbély und ihr Freund Balazs zwar Ungarn die Daumen gedrückt, sonst sind sie aber eng mit Österreich verbunden. Die Wirte der Grünburger Hütte in 1080 Meter Seehöhe zwischen Steyrtal und Ennstal starten ab 16. Dezember wieder mit einer Sonnwendfeier durch. Bis zum 7. Jänner bleibt durchgehend geöffnet.

 

Zeller Hütte
Schön war die Zeit! Hüttenwirt Robert Leiss und seine Frau Heidi gehen in Pension. Doch zuerst gibt es an den Wochenenden ab 3. Dezember noch einmal zünftige Kost. Bis zum 26. März bleibt in 1575 Meter Seehöhe von Freitag bis Sonntag geöffnet. Von Vorderstoder aus sind bei Skitourengehern besonders der Lagelsberg und das Warscheneck beliebt.

 

Steyrer Hütte
In ihre erste Wintersaison starten die neuen Pächter der Steyrer Hütte in 1367 Meter Seehöhe unterhalb des Kasbergs. Sie haben ab sofort an den Wochenenden für Winterwanderer und Skitourengeher geöffnet. Eine wunderbare Tour führt auch auf die nahe Schwalbenmauer. Wer müde von der Anstrengung ist, kann sich in eines der 26 Hüttenbetten legen.

 

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4  Kommentare
4  Kommentare
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il-capone (10.317 Kommentare)
am 25.11.2017 10:09

Tschickfreier Gastgarten? zwinkern

Oder doch der übliche tiefalpine Freilauf-Schweinestall

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Gabriel_Egger (29 Kommentare)
am 25.11.2017 15:45

Ich denke, ich sollte in Zukunft das Thema "Rauchen auf dem Berg" aufgreifen, so sehr wie Sie sich dafür immer interessieren grinsen

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il-capone (10.317 Kommentare)
am 25.11.2017 16:57

Brav grinsen

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gscheidle (4.087 Kommentare)
am 25.11.2017 08:07

Der Bericht enthält Produktplazierung!

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