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Stefan Spiessberger: Earth, Wind & Water

Von Christoph Zöpfl, 17. Juni 2017, 00:04 Uhr
Earth, Wind & Water
Heimvorteil in der Bucht von Ebensee. Hier kommt zum Wind auch eine interessante Strömung. Bild: Facebook (2), Toby Bromwich, Tom Ott, chz

Der junge Mann, der hier zwischen Sonnstein und Traunstein über dem Traunsee in der Luft hängt, ist einer der besten Sportler des Landes und heißt Stefan Spiessberger. Nie von ihm gehört? Dann wird’s Zeit.

Hätte Stefan Spiessberger als Teenager nicht seine Renn-Ski ins Eck gestellt und sich mit Haut, Haaren, Herz und Seele dem Kiteboarden verschrieben, wäre er jetzt vielleicht weltberühmt in seiner Ebenseer Heimat. Aber sicher nicht so zufrieden mit sich und der Welt. Spiessberger arbeitet dort, wo andere Urlaub machen. Und er arbeitet schwerer, als man sich das vorstellt. Der Globetrotter aus dem Salzkammergut zählt zu den besten Kiteboardern des Planeten. Von 30. Juni bis 2. Juli taucht Österreichs Undercover-Star beim "Lakeventure" in Ebensee ausnahmsweise einmal in seiner Heimat auf. Wir trafen Spiessberger dort, wo er sich von der Ski-Hoffnung in einen Kitesurfer verwandelt hat, am Südufer des Traunsees in Rindbach, und führten ein Gespräch über Klischees, Horizonterweiterungen und die Pensionsvorsorge.

 

OÖN: Das Arbeitsumfeld eines Kitesurf-Profis stellen wir uns so vor: Sonne, Meer, Strand, permanenter Party-Alarm und natürlich fesche Mädel. Wollen Sie das jetzt so stehen lassen?

Stefan Spiessberger: Es stimmt schon, dass das nicht der schlechteste Job ist, sondern schon eher ein Traumberuf. Ich bin wirklich viel am Strand, und das ist schon lässig. Aber es gehört auch viel anderes dazu, vor allem das intensive Training. Wenn kein Wind ist, bist du im Fitness-Studio und sonst auf dem Wasser.

Und die Partys?

Wenn du im Weltcup vorne dabei sein willst, bist du nicht auf den Partys unterwegs oder liegst entspannt am Strand herum. Für mich ist das Kiten ein Vollzeitjob, alles in meinem Leben dreht sich darum. Es gibt einige Fahrer, die viel Party machen und abrutschen. Die sind dann nach ein, zwei Jahren im Weltcup auch wieder schnell weg vom Fenster.

Earth, Wind & Water
Spiessbergers New-York-Abenteuer: ein Selfie mit Miss Liberty. Bild: Facebook (2), Toby Bromwich, Tom Ott, chz

Haben Sie gleich gewusst, dass Sie das Kiten zum Beruf machen wollen?

Mein Plan nach der Matura war, dass ich ein Jahr Pause mache und dann in Salzburg Sport studiere. In dem einen Jahr war ich viel mit dem Kite unterwegs und habe gesehen, dass ich auf internationalem Level ganz gut dabei sein kann. Da habe ich auch meinen ersten Sponsor bekommen, der ziemlich groß in der Kite-Szene ist. So sind dann halt ganz automatisch aus dem einen Jahr viele geworden.

Was haben die Eltern zu dieser Zukunftsplanung gesagt?

Das war sicher nicht einfach für sie, weil das Kitesurfen nicht unbedingt eine Sportart ist, wo man sich vorstellt, dass man davon leben kann. Aber inzwischen haben sie schon gesehen, dass das funktioniert.

Fällt es schwer, auf ein Sicherheitsnetz wie einen Kollektivvertrag oder die Pensionsvorsorge zu verzichten?

Ich denke schon manchmal darüber nach, dass ich zum Beispiel für meine Pension nicht so viel einzahle, aber für mich ist es wichtig, die Zeit jetzt zu nützen und dieses Leben zu führen. Wenn es einmal nicht mehr weitergeht, dann muss ich schauen, was ich nachher mache.

Robby Naish steht mit 54 immer noch auf dem Surfboard ...

Ja, genau. Außerdem denke ich mir, dass man durch das viele Reisen viele Leute kennen lernt und Erfahrungen macht, das wäre mit einem Studium sicher nicht auf diese Art möglich gewesen. Ich würde das jedem anderen empfehlen, so viel wie möglich unterwegs zu sein, das bringt einen im Leben wirklich weiter.

Sie sind abgesehen von den Kurzbesuchen in Österreich sonst immer ein Ausländer. Wie fühlen Sie sich in dieser Rolle?

Klar, ich bin immer dort unterwegs, wo ich nicht daheim bin. Aber mit der Zeit sucht man sich eher die Plätze aus, wo man sich leichter integrieren kann. In Brasilien oder so ist das nicht so einfach, weil dort giltst du sofort als Tourist und musst aufpassen, dass dir keiner das Auto ausräumt.

Welches Heimatgefühl haben Sie als Weltbürger?

Früher war es immer so, dass ich mir gedacht habe, ich muss raus aus Ebensee, hin zu den besten Kite-Spots, hinaus in die Welt. Jetzt habe ich so viel gesehen, dass mir bewusst geworden ist, wie schön es eigentlich daheim ist und wie gerne ich hier in Ebensee bin. Die Berge, die Seen, das ist etwas, das du kaum woanders auf der Welt findest.

Earth, Wind & Water
Auf der Sonnenseite des Lebens: das Arbeitsjahr eines Kiteboard-Profis ist ein endloser Sommer. Bild: Facebook (2), Toby Bromwich, Tom Ott, chz

 

Was sind aus Ihrer Sicht die Pflichtstopps für jemanden, der eine Weltreise machen möchte?

Das kommt drauf an – ich bin natürlich sehr am Wind interessiert. Das Schönste, wo ich bisher gewesen bin, das war Neukaledonien. Das ist zwischen Neuseeland und Australien. Dort gibt es weiße Strände und ein unglaublich klares Wasser. Wo ich auch viel bin, ist Kapstadt. Da hast du einerseits das Stadt-Feeling, eine sehr internationale Szene, und es gibt total schöne Sonnenuntergänge.

Sie gehören seit Jahren zu den besten zehn Kite-Surfern der Welt. Stört es Sie, dass man auf dem Stimmzettel der Wahl der österreichischen Sportler des Jahres nie den Namen Stefan Spiessberger findet?

Da kann ich selbst nicht viel daran ändern. Natürlich würde ich es gerne sehen, dass man das Kitesurfen als Sportart ernst nimmt. Wenn man hier in Österreich die Zeitungen durchblättert, dann gibt es seitenweise Berichte über Fußball. Werde ich einmal im Weltcup Vierter, kommt, wenn überhaupt, höchstens eine kleine Notiz. Aber wenn es darum geht, wie viel Energie ich investiere, damit ich in meiner Sportart auf diesem Level bin, da fühle ich mich sicher nicht schlechter als andere Sportler, die medial viel mehr gepusht werden.

Wie viel Zeit bleibt bei Ihrem Globetrotter-Lebensstil für ein geregeltes Privatleben?

Meine Freundin kommt aus Schweden und macht ein Fernstudium, also ist sie ziemlich flexibel und kann bei mir in Spanien wohnen. Sie kitet selbst, wir sind viel zusammen unterwegs. Sonst ist es sehr schwer, den Freundeskreis in Österreich zu erhalten.

Wissen Sie schon, was Sie tun werden, wenn Sie in einem gesetzteren Alter sind?

Entweder wohne ich in Ebensee und bin auf dem Traunsee unterwegs, oder ich bin dort, wo man gut Wellen reiten kann. Auf jedem Fall werde ich nahe am Wasser sein.

Earth, Wind & Water
Spiessbergers Freundin Catharina kommt aus Schweden. Die beiden wohnen im spanischen Surf-Eldorado Tarifa. Wo sie häufig essen? Im Restaurant des Ikea-Marktes. Bild: Facebook (2), Toby Bromwich, Tom Ott, chz

Zur Person

Bis 15 war Stefan Spiessberger (geboren am 30. Oktober 1989) nicht auf flüssigem Wasser, sondern auf vereisten Pisten unterwegs. Als Ski-Talent fuhr er FIS-Rennen, ehe er daheim in Ebensee das Kiteboarden entdeckte. „Ich merkte gleich, dass das genau das Meine ist“, erinnert sich der Absolvent der Tourismusschule Bad Ischl (u. a. war er dort Schulkollege von Skicross-Weltmeisterin Andrea Limbacher).

Ein Praktikum in Ägypten nutzte er, um seine Kitesurf-Kenntnisse in El Gouna zu perfektionieren. Irgendwie flutschte alles – Stefan wurde österreichischer Meister (2009), international machte er auch keine üble Figur, und der erste Sponsor (North Kiteboarding) setzte auf ihn. Es folgten sportliche Erfolge (Vize-Europameister 2012, 2013), Spiessberger erkämpfte sich einen Stammplatz in der Weltspitze, den er heute noch inne hat.

Parallel dazu produzierte er gemeinsam mit seinen Sponsoren (neben North Kiteboarding u. a. noch Marc O‘Polo, Energie AG) spannende Videos, die online vielfach geklickt werden. Ein „Blockbuster“ war zuletzt der Film über Spiessbergers Auftritt in New York, wo er vor der Freiheitsstatue tief in seine Trickkiste griff. Miss Liberty machte große Augen und hätte fast ihre Fackel fallen gelassen.

Stefan Spiessberger lebt mit seiner schwedischen Freundin Catharina in Tarifa (Andalusien/Spanien). Sie kitet selbst und hängt in ihrer Ausbildung nicht in der Luft, weil ihr Fernstudium nur eine stabile Internet-Verbindung verlangt. Spiessbergers Schwester Lisa hat gerade ihr Studium ins Ziel gebracht und plant, sich vor dem Einstieg ins Berufsleben im Fahrwasser des großen Bruders die Welt anzuschauen. Die Eltern – Manuela und Johann – wissen seit Stefans erfolgreichem Werdegang als Globetrotter, dass das kein Grund sein muss, sich große Sorgen zu machen. Spiessbergers Vater ist übrigens Gerichtsvollzieher und passionierter Surfer. Eine interessante Kombination.

Das Spiel mit dem Wind

Rund 500.000 Menschen sind derzeit regelmäßig mit dem Kiteboard unterwegs, die Tendenz der noch relativ jungen Trendsportart ist steigend.

Erste Anfänge einen Lenkdrachen als Tempomacher für Surfer zu verwenden, machten die französischen Brüder Bruno und Dominique Legaignoux in den 1980er-Jahren. Dem jungen Sport zum Durchbruch verhalf schließlich zehn Jahre später Surf-Legende Robby Naish und dessen Freund Don Montague. In Österreich sind die ersten Kiteboards 1997 gesichtet worden.

Die besten Reviere in Österreich sind der Neusiedlersee und das Südufer des Traunsees, wo sich in Rindbach ein sehr belebter Szenetreff entwickelt hat. Die Kiteboard-Szene hat sich in verschiedene Disziplinen aufgeteilt. Freestyler wie Stefan Spiessberger zeigen akrobatische Sprünge mit spektakulären Tricks. Die Schwierigkeitsgrade steigen dynamisch, die Profis müssen hart trainieren, um mit der Entwicklung Schritt halten zu können.

Sowohl bei den Boards als auch bei den Schirmen gibt es verschiedene Modelle. Der neueste Schrei ist das Kiten auf Foil-Boards, die auf einem Tragflügel über das Wasser zischen.

Beim Lakeventure vom 29. Juni bis 2. Juli auf dem Traunsee (Gmunden, Altmünster, Rindbach) gibt es eine tolle Möglichkeit, die Kiteboard-Profis aus der Nähe zu erleben. In Rindbach wird um den österreichischen Titel gekitet und – natürlich – Party gemacht (30. Juni, 17 Uhr).

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