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Wir sind überdurchschnittlicher Durchschnitt oder so

Von Von Manfred Wolf, 04. März 2017, 00:04 Uhr
Grübel, grübel und studier' ... Robert Blöchl, Roland Penzinger und Werner Letzelbauer (von links) im Kaiserin Sisy-Raum im Linzer Landhaus beim Versuch, ein Bild des gemeinen Oberösterreichers zu skizzieren. Bild: (Volker Weihbold)

Wenn vom typischen Tiroler oder Wiener die Rede ist, hat man rasch ein Bild im Kopf. Aber der gemeine Oberösterreicher? Er lässt sich nur schwer in ein allgemeines Klischee pressen. Es diskutieren die Kabarettisten Robert Blöchl und Roland Penzinger sowie Landesstatistiker Werner Lenzelbauer.

Statistisch gesehen sind wir wohl überdurchschnittlicher Durchschnitt. Das trifft am ehesten den gemeinsamen Nenner, auf den wir beim "Ausg’schnapst" gekommen sind. Wo wir herausragend sind, kann der oberste Landesstatistiker Werner Lenzelbauer belegen, wie wir sonst noch ticken, ist die gefühlte Wahrheit der beiden Kabarettisten Robert Blöchl und Roland Penzinger – vulgo Blözinger.

Hoamatland: Also, wie oder wer sind wir nun?

Lenzelbauer: Das ist nicht leicht zu beantworten. Ich mache es an drei Punkten fest: Wir sind Familienmenschen – wir haben mehr Geburten und weniger Scheidungen als in anderen Bundesländern. Die Wirtschaft ist anders strukturiert als im Rest von Österreich – wir sind weniger Dienstleister, wir produzieren eher. Unser Arbeitsmarkt ist ausgewogen – wir haben eine hohe Erwerbsbeteiligung der Frauen und dadurch eine geringe Arbeitslosigkeit.

Blöchl: Das hängt zusammen. Es gibt weniger Scheidungen, weil mehr Frauen arbeiten. Die Paare sehen sich seltener.

Lenzelbauer: Außerdem haben wir eine größere Wohnung und mehr Pkw. Das heißt, wir wohnen tendenziell komfor-tabler, vielleicht etwas abseits der Stadt. Daher auch mehr Pkw. Der Oberösterreicher ist generell eher geerdet.

Wie sehen das zwei nach Wien "Geflohene"?

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Blöchl: Wir Oberösterreicher sind schon geerdet, wahrscheinlich, weil wir mit dem Starkstromkabel besser umgehen können, als mit manch anderen Sachen. Also wir sind eher Heimwerker und Werker. Und wir lesen keine Anleitungen. Wir probieren einfach. Wir können alles.

Wenn Sie sich in Wien unters Volk mischen, was entlarvt sie als Oberösterreicher?

Penzinger: Gar nichts, glaube ich …

Blöchl: … die Sprache …

Penzinger: … wenn wir nicht reden, fällt es keinem auf.

Das ist halt als Kabarettist schwer, aber gut, Sie sind ja auch Pantomimen …

Penzinger: Ach, den Wiener Dialekt können wir nachspielen. Nein, es freut einen schon, wenn man hört "Gell, ihr seid’s nicht aus Wien". Obwohl ich Wien sehr mag. In Wien bist du anonym. Das ist in Linz nicht der Fall. Ich bin hier aufgewachsen und wenn du immer mit der gleichen Straßenbahn fährst und jemanden triffst, sagst du beim zweiten Mal "Guten Morgen", dann tauscht du die Telefonnummer aus und beim vierten Mal ist das dein bester Freund.

Blöchl: Das habe ich nie gehabt.

Penzinger: Du hast ja keine Freunde gehabt, das ist eine andere Geschichte. Aber in Wien hast du das nicht. Ich fuhr auch eine Weile mit der gleichen Straßenbahn und habe irgendwann angefangen zu grüßen. Dann sagt der: "Was willst du von mir". "Ähm nix, ich hab’ nur gedacht, wir haben uns jetzt schon ein paar Mal gesehen …"

Vitus Mostdipf Bild: (Volker Weihbold)

Da steht das OÖN-Maskottchen, Vitus Mostdipf. Würden Sie sagen, das ist ein typischer Oberösterreicher?

Penzinger: Er erinnert mich immer an einen Kellner im Klosterhof. Grünes Gilet, bisserl einen Bauch, weißes Hemd.

Blöchl: Immer gut gelaunt.

Lenzelbauer: Typisch würde ich jetzt nicht sagen. Der Habitus des Mostdipf entspricht eher dem des typischen Österreichers. Aber er wäre auf alle Fälle ein bisserl zu dick.

Blöchl: Der typische Österreicher?

Lenzelbauer: Nein, der Mostdipf.

Nimmt man unsere Viertel her, dann kann man eher vom typischen Mühl-, Inn-, Traun- oder Hausruckviertler sprechen. Ein übergeordnetes Bild, an dem fehlt es aber.

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"Wenn wir nicht reden, fällt es keinem auf, dass wir Oberösterreicher sind"

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Lenzelbauer: Wir zerfallen in die Viertel und dort haben wir jeweils eine Identität. Und wegen dieser vielen Identitäten scheitern wir mit der Gemeindezusammenlegung. Weil die Identität am Ort stark gelebt wird, sagen viele, unsere Gemeinde bleibt so, wie sie ist. Darum gibt es auch keine Gesamtidentität für Oberösterreich.

Blöchl: Die hört wirklich bei der Ortstafel auf. Die hinterm Wald, das sind schon ganz andere.

Stört Sie das?

Blöchl: Nein, ich finde es charmant, dass sich gewisse Vorurteile über Generationen durchziehen, die gar nicht mehr hinterfragt werden. Die hinterm Wald, das bleiben die hinterm Wald und aus.

Lenzelbauer: Wobei, dort, wo es drauf ankommt, sind wir die Spitze in Österreich. Was die Wirtschaft betrifft, was das Einkommen und den Arbeitsmarkt betrifft, da sind wir ganz vorne dabei. Auf der anderen Seite geht sicherlich diese Gesamtidentität ab, die ein Tiroler hat, dieses "Mia san mia".

Blöchl: Ich finde nicht, dass uns das so abgeht. Ich sehe das durchaus positiv. Meine Freundin ist eine Tirolerin. Und dort gibt es schon Gegenden, da wirst du als "Zuagroaster" erst in der dritten Generation vielleicht gegrüßt.

Lenzelbauer: Das gibt es bei uns nicht.

Blöchl: Eben, da bin ich froh, da sind wir ein bisserl offener.

Polarisiert der Oberösterreicher? Den mag man doch, oder?

Penzinger: Oja.

Blöchl: Oberösterreicher hat man gerne in seinem Freundeskreis. Da hat man das Gefühl, die können was, die können dir vielleicht mal die Waschmaschine runter tragen. Oder was herrichten.

Penzinger: Oder sie haben einen guten Speck von der Oma.

Ist der Oberösterreicher ehrgeizig? Die Dichte an höheren Schulen und auch die Uni sind erst spät gekommen, dennoch ist er – wie Sie sagen – wirtschaftlich sehr erfolgreich.

Lenzelbauer: Freilich. Aber was Maturanten und Uni-Abschlüsse betrifft, da sind wir hinter dem Österreich-Durchschnitt. Wir sind ein Land der Lehrlinge. Das muss man nicht bedauern, das ist unserer Wirtschaftsstruktur geschuldet – daher geht es uns auch nicht so schlecht. Aber sagen wir einmal so: Der Ehrgeiz zu einer massiv hohen Bildung, der ist bei uns nicht ganz so ausgeprägt, weil es auch nicht ganz so notwendig ist, weil man so auch einen Job bekommt. Das ist in Wien anders.

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Blöchl: Wenn wir bei uns auch Geisteswissenschaften studieren hätten können, wäre das anders. Deshalb gehen ja auch viele Junge nach Wien oder Salzburg studieren.

Lenzelbauer: Und bleiben auch dort. Auf Neudeutsch heißt das "Braindrain", also Abfluss an geistiger Kapazität.
Und wie sieht es mit dem Schmäh aus? Der Soziologe Roland Girtler meinte einmal, dass der Oberösterreicher "keinen schlechten Schmäh hat". Stimmt das?

Blöchl: Was dagegenspricht ist, dass es ganz wenig oberösterreichische Kabarettisten gibt. Aber ich glaube, zumindest die Bereitschaft zum Lachen ist sehr groß. Darum ist es auch das Bundesland mit den meisten Kulturveranstaltungen – österreichweit.

Lenzelbauer: Und sie musizieren gerne. Also wenn man sich das Musikschulwesen bei uns ansieht, das ist in einer Ausprägung, wie es sonst kein anderes Bundesland hat.

Also eher der Kultur als dem Sport zugewandt?

Penzinger: Die freie Kulturszene ist in Oberösterreich großartig. Ich würde sogar sagen, eine bessere als in Wien. Viel offener.

Blöchl: Für Sport ist nicht viel Geld da. Der LASK hat die Champions-League jetzt auch schon ein paar Jahre nicht mehr gewonnen.

Penzinger: Und Chemie, na ja …

Blöchl: Voest spielt auch nicht mehr so gut wie früher. Für Kultur ist scheinbar mehr Geld da.

Unterscheidet sich das oberösterreichische Publikum von anderen?

Penzinger: Viele Kollegen aus Wien sagen, das oberösterreichische Publikum ist das schwierigste. Es ist schwer, dass du es kriegst. Wenn du es aber hast, fressen sie dir aus der Hand.

Der Oberösterreicher hat ein rebellisches Blut. Es gab Bauernführer, den Geheimprotestantismus. Dem im Widerspruch steht, dass der heutige Oberösterreicher ein gemütlicher, häuslicher und familiärer Typus ist. Ist uns das Rebellische verloren gegangen?

Lenzelbauer: Tja, wahrscheinlich.

Penzinger: Es gibt nichts mehr, gegen das man rebellieren soll.

Blöchl: Ich glaube, das Rebellische ist sehr oberösterreichisch. Nicht umsonst hat der Bürgerkrieg quasi in Linz begonnen. Dass man sich engagieren will, das ist ja auch bei den Vereinen so. Man sucht sich seinen Winkel, wo man sich engagieren will und da macht man das auch.

Lenzelbauer: Das ist das eine, aber wenn ich rebellisch sein will, dann muss ich irgendetwas haben, gegen das ich rebellieren will. Und das habe ich eingangs gemeint, dem Oberösterreicher geht es nicht schlecht.

Blöchl: Ja, das stimmt.

Das heißt, unsere Vorfahren haben die Wiese schon "g’maht"?

Lenzelbauer: Genau.

Penzinger: Wir können jetzt den Most trinken und den Schnaps und haben es gemütlich.

Stellt der Oberösterreicher sein Licht unter den Scheffel. Immerhin: Wir sagen oft, Linz ist die Stadt zwischen Salzburg und Wien.

Lenzelbauer: Ja, aber das ist kein Manko.

Was macht Sie zum Oberösterreicher?

Blöchl: Die Geburtsurkunde.

Lenzelbauer: Der Durchschnitt. Ich habe keine herausragenden Eigenschaften, aber auch keine großen Defizite. Der Oberösterreicher passt sich gut an. Der kann mit einem Tiroler, der kann mit einem Wiener.

Sind wir Mostschädel?

Lenzelbauer: Das kommt darauf an, was ein Mostschädel ist. Für mich ist das einer, der eine ausgeprägte Meinung hat, von der steigt er nicht runter. Eine gewisse Sturheit. Aber ich glaube, dass wir das eher nicht sind. Der Oberösterreicher ist anpassungsfähig, im positiven Sinne.

Blöchl: Ein bisserl stur wird uns schon nachgesagt, aber das finde ich gut, und ein bisserl träge, was Änderungen betrifft, aber das ist ja auch nicht nur schlecht. Das sind so die Hauptklischees, die ich in Wien gehört habe.

Gibt es typische Eigenschaften, die sie gerne ablegen würden?

Blöchl: Vielleicht, dass nie Feierabend ist, es ist immer was zu tun …

Lenzelbauer: Der Oberösterreicher hat sicher eine gute Arbeitsmoral.

Blöchl: Eine gewisse Rastlosigkeit. Ich habe ganz liebe Freunde im Innviertel, und da hast du den Eindruck, dass sie mit der linken Hand noch das Starkstromkabel in der Hand halten, mit der rechten Hand die Flex, und mit dem Fuß mischen sie den Beton ab. Du hast das Gefühl, die können alles, die machen alles – und das zugleich. Umtriebig und fleißig. Das fällt uns manchmal auf den Kopf.

Was fehlt uns?

Penzinger: Dass wir nichts können. 

 

Zu den Personen

Im Gespräch: OÖN-Redakteur Manfred Wolf mit Robert Blöchl, Roland Penzinger und Werner Letzlbauer     Bild: (Volker Weihbold)

"Blözinger": Die beiden Kabarettisten Robert Blöchl (43) und Roland Penzinger (51) leben seit knapp 10 Jahren in Wien. Die gebürtigen Linzer haben sich vor 17 Jahren bei den Cliniclowns kennengelernt und arbeiten seit 13 Jahren gemeinsam als Kabarettisten.

Werner Lenzelbauer: Der Leondinger (58) leitet seit einem Jahr die Abteilung Statistik des Landes Oberösterreich.

 

Zahlen & Fakten

 

  • 41,5 Jahre alt ist der durchschnittliche Bewohner Oberösterreichs (42,8 Frauen; 40,2 Männer)
     
  • 1,61 Kinder haben Oberösterreichs Frauen im Durchschnitt (zweithöchster Wert hinter Vorarlberg)
     
  • 1.242.537 Kraftfahrzeuge sind in Oberösterreich gemeldet
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1  Kommentar
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jago (57.723 Kommentare)
am 09.03.2017 23:48

Wir Oberösterreicher müssen aufpassen,
1. dass wir uns nicht banalisieren und
2. dass wir uns nicht an den Eigenschaften der Nachbarn definieren.

Die 4 Viertel gibts nicht, Linz hat längst alles niedergetrichtert und ausgesaugt traurig

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