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Heiß auf Wüsten, trocken oder kalt

Von Bernhard Lichtenberger, 18. Februar 2017, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Der in die Wüste geht
Bild: Michael Martin

Seit 35 Jahren ist Michael Martin den Wüsten dieser Welt verfallen. In 1400 Bildern nimmt er beim Bergfilm-Festival in Leonding (2./3. März) und Lenzing (7. März), das die OÖN präsentieren, mit auf seinen "Planeten Wüste".

Es sind extreme Zonen, in denen der 53-Jährige unterwegs ist, von den heißen, trockenen Landstrichen bis zu den kalten polaren Eiswüsten. Ein Gespräch mit dem Abenteurer und Geografen.

 

OÖNachrichten: Was ist Wüste?

Michael Martin: Wenn die Vegetation weniger als zehn Prozent des Bodens bedeckt. Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Die Trockenheit, die etwa zur Sahara oder zur Atacama, oder der Mangel von Wärme, der zu Kältewüsten wie in Nordspitzbergen, Nordgrönland oder im Franz-Josefs-Land führt.

Welche Geschichten erzählen Ihre Bilder?

Jene vom Leben und Überleben in diesen Regionen, von Pflanzen, Tieren und Menschen. Das Thema beschäftigt mich seit 35 Jahren. Wie geht der Mensch mit der Wüste um und umgekehrt? Grundsätzlich sind die Wüsten die letzten unberührten Gegenden unseres Planeten; und zum Glück haben die Menschen dort noch nicht so eingegriffen wie in den Regenwäldern – oder auch wie bei uns, wo es nur Kultur- und fast keine Ur-Landschaften mehr gibt. Wüsten werden vom Menschen nicht wertgeschätzt. Für die Alpen gibt es den Alpenverein, für das Meer Greenpeace, für die Wüsten niemanden. So gesehen betreibe ich Lobby-Arbeit für die Wüsten.

Sind Wüsten etwas Schönes?

Absolut. Wer jemals in einer gewesen ist, weiß, welch wunderbares Ökosystem das ist. Und dass die Wüste menschenfeindlich ist, ist ja nichts Schlimmes. Der Mensch, den man morgens nackt ohne Trinken und Schatten in der Wüste aussetzt, ist nach einem halben Tag tot. Tiere und Pflanzen hatten mehr Zeit, sich den extremen Bedingungen anzupassen. Sie haben Strategien entwickelt, um dort zu überleben – etwa der Wüstenfuchs mit seinen großen Ohren, die der Wärmeregulation dienen.

Was fasziniert Sie so sehr?

Für einen Fotografen ist es ein Eldorado, was das Licht und die Formen betrifft. Ästhetisch gesehen mag ich die Reduziertheit, so wie mich in der Architektur auch der Bauhaus-Stil anzieht. Als Geograf liest man in der Wüste wie in einem Buch der Erdgeschichte. Und es ist bis heute ein Abenteuer geblieben, durch Wüsten zu reisen.

Sie mussten erst zum Himmel blicken, um auf die Wüste zu kommen.

Als Schüler war ich begeisterter Hobby-Astronom, weshalb wir mit 17 Jahren zu zweit mit dem Mofa nach Marokko gefahren sind, um in den Schulferien die Sternbilder des Südsternhimmels zu sehen. Da erblickte ich auch den Nordrand der Sahara, und das hat mich einfach fasziniert. Darauf folgten die nächsten Wüstenreisen. Schon in meiner Jugend habe ich in Vorträgen eine Möglichkeit gefunden, meine Reisen zu finanzieren. Und obwohl ich erst 53 bin, zähle ich zu den dienstältesten Referenten mit mehr als 2000 Veranstaltungen.

Für "Planet Wüste" sind 300.000 Bilder entstanden. Macht das Aussortieren Spaß?

Das passiert gleich ein paar Stunden nachdem ich die Bilder gemacht habe. Da wird am Abend sofort auf dem Notebook gesichtet, dabei fliegen schon 90 Prozent der Fotos raus. Richtig bearbeitet werden 10.000 Bilder, letztendlich hat die Show dann 1400.

Kam Ihnen nie der Gedanke, die Welt einmal nicht durch den Sucher zu betrachten?

Nein. Auf Fernreisen ist mein Blick auf die Welt der durch die Kamera. Das motiviert mich, um vier Uhr früh aufzustehen und auf eine Düne zu steigen. Wenn ich keine Kamera dabeihabe, dann ist es eine Urlaubsreise, aber eine solche würde ich in der Wüste nicht machen.

Wie verträgt sich das Reisen mit einem Familienleben?

Erstaunlich gut. Ich habe zwei Kinder von zwei Frauen. Ich war mit beiden Müttern mehrere Jahre zusammen, aber nach der Geburt nicht mehr lange. Deshalb hatte ich meine Kinder immer in einer alleinerziehenden Situation, und so habe ich sie überall hin mitgenommen, sowohl auf Vorträge als auch auf Fernreisen. Eben erst hatte ich meine erste Ausstellung mit meiner 29-jährigen Tochter, die Fotografie studiert hat. Dabei hielt ich einen Vortrag über die 40 Reisen, die ich mit ihr weltweit gemacht habe. Das hat sich sehr gut vertragen, denn die andere Hälfte der Zeit waren die Kinder bei ihren Müttern, da waren sie gut aufgehoben. Die Kinder, 20 und 29, sagen: "Papa, wir haben eine tolle Kindheit gehabt."

Mit den Frauen war das nicht so einfach?

Zwischen Reisen, Tourneen und Kindern bleibt halt wenig Zeit für eine Beziehung. Den Kindern habe ich immer den Vorzug gegeben. Aber jetzt ist eh alles anders, ich bin seit vier Jahren mit meiner Frau Elly zusammen.

Was könnte Sie von einer Reise abhalten?

Wenn meine Kinder oder meine Frau krank sind. Und die Sicherheitslage in einem Land.

War das ein Mitgrund, warum sie von den heißen in die kalten Wüsten gewechselt sind?

Für uns Europäer ist es schwierig geworden, das Entführungsrisiko ist extrem hoch, weshalb ich zurzeit nicht nach Mali oder in bestimmte Gebiete Afghanistans fahre. Da war ich schon froh, dass ich mir mit den Eis- und Kältewüsten noch einmal riesige Wüstenregionen auf der Erde erschließen konnte, wo in der Hinsicht absolute Sicherheit herrscht. Außerdem habe ich 250 Reisen in Trockenwüsten gemacht und dort alles gesehen.

Wie muss man es sich vorstellen, wenn Sie zum Südpol reisen?

Den wollte ich als Endpunkt des Projekts "Planet Wüste" unbedingt erreichen, und es ist eine ziemlich langweilige, allerdings sehr teure Reise. Für eine amerikanische Luftfahrtfirma, die in Salt Lake City sitzt, fliegen die Russen mit einer Iljuschin Il-76-Transportmaschine von Punta Arenas in Chile in ein Camp, das die Amerikaner mitten in der Antarktis betreiben. Von dort aus kommt man, wenn es das Wetter zulässt, mit einem kleinen Twin-Otter-Propellerflugzeug zum Südpol. Viel spannender und herausfordernder war die dreiwöchige Ski-Expedition ins entlegene Queen-Maud-Land in der Ostantarktis, die ich mit dem österreichischen Polarforscher Christoph Höbenreich gemacht habe.

Muss man MacGyver spielen, wenn man mit Fahrzeugen in der Wüste unterwegs ist?

Wir sind mit dem Motorrad vom Tschad in den Sudan gefahren, mit zu wenig Reifendruck. Da hat der Vorderreifen an der Seite Risse bekommen. Libysche Schmuggler haben mir geholfen, den Reifen zu nähen. Das war eine 40 Zentimeter lange Naht. So bin ich sogar bis nach Hause gekommen.

Waren Sie immer ein Bastler?

Nur bei Fahrzeugen, da kenn’ ich schon ein paar Tricks. In Europa würde man mit einem Kühlerschaden an die Tankstelle fahren und "Kühlerdicht" kaufen. In der Sahara haut man Kautabak rein, und es funktioniert. Aber als Heimwerker bin ich eine totale Flasche.

Wie ernähren Sie sich?

Im Queen-Maud-Land ging es nur noch mit gefriergetrockneter Nahrung, weil man in den Schlitten, die man selber ziehen muss, nur sehr wenig Gewicht mitnehmen kann. Auf normalen Wüstenreisen geht es wunderbar mit Spaghetti, da treibe ich keinen großen Aufwand. Bei einem Fotografen steht nicht das Essen, sondern das gute Foto im Vordergrund.

Wie gehen Sie als Fotograf auf Menschen zu?

Zuerst einmal ohne Kamera und vorsichtig. Ich falle nie mit der Tür ins Haus, sondern versuche, Vertrauen aufzubauen. Der berühmte Robert Capa hat gesagt: Ein gutes Porträt erzählt mehr vom Charakter des Fotografen als von dem des Fotografierten.

Wie haben sich Ihre Reisen in den 35 Jahren verändert?

Es ist viel einfacher geworden, weil wir durch das Internet mehr Informationen zur Verfügung haben, die Infrastruktur weltweit besser geworden ist. Es ist aber auch alles moderner, gleichförmiger geworden. Der Kulturwandel, den ich in den vergangenen 35 Jahren gesehen habe, macht mich oft schon traurig. So viele traditionelle Lebensformen sind einfach verschwunden, seit die Globalisierung über die Erde hinwegfegt. Alle tragen dieselbe Kleidung, hören dieselbe Musik und essen dasselbe.

Fünf Jahre war Michael Martin für seinen Vortrag „Planet Wüste“ unterwegs. Auf 40 Reisen und Expeditionen entstanden 300.000 Bilder, von denen 1400 in Leonding und Lenzing zu sehen sind.

1,4 PS hatte das Zündapp-Mofa, mit dem Michael Martin als 17-Jähriger 3500 Kilometer von Augsburg nach Marokko gefahren war.

60.000 Euro kostete den fotografierenden Abenteurer das Reiseticket von München zum Südpol und zurück.

70 Kilo Ausrüstung zieht Michael Martin bei Polarexpeditionen hinter sich her.

Bergfilm-Festival 2017: „Planet Wüste“ mit Michael Martin

Leonding, Kürnberghalle, 2. und 3. März, jeweils 19.30 Uhr; Lenzing, Kulturzentrum, 7. März, 19.30 Uhr
Karten: 20 Euro, mit OÖNcard nur 17 Euro; OÖN-Ticket-Hotline 0732 / 7805 805, OÖN-Geschäftsstellen Linz, Wels, Ried

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