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Die dunkle Seite der Schöpfung

Von Alfons Krieglsteiner, 25. März 2016, 00:04 Uhr
Die dunkle Seite der Schöpfung
Moraltheologe Michael Rosenberger Bild: VOLKER WEIHBOLD

LINZ. Warum müssen wir leiden? Was bedeutet für uns die Passion Christi? Der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger begibt sich auf Sinnsuche.

Leid und Tod seien Kennzeichen unserer Geschöpflichkeit, sagt der aus Würzburg stammende Theologe, der seit 2002 an der Katholischen Privatuniversität Linz lehrt. Es sei wichtig, dass das Christentum das Leiden ernst nehme und es in seiner ganzen Härte und Brutalität vor Augen führe. Das Leiden Jesu am Kreuz bedeutet aus Sicht des Moraltheologen: Gott macht sich den Schmerz seiner Schöpfung zu eigen, "er hebt ihn zwar nicht auf, trägt ihn aber mit". So könne die Passion Christi für uns zur "Kraftquelle" werden. Auch die Alltagserfahrung lehrt: Geteiltes Leid ist halbes Leid.

 

OÖNachrichten: Ein Gott, der zulässt, dass sein eigener Sohn am Kreuz zu Tode gemartert wird – ist das nicht ein grausamer Gott?

Michael Rosenberger: Der Religionsphilosoph Romano Guardini hat einmal gesagt: Jesus hätte auch im Bett sterben können. Gott hat seinen Kreuzestod nicht "verursacht", das waren die Menschen. Es ist keine Frage, dass er es lieber gehabt hätte, wenn die Menschen der Botschaft Jesu gefolgt wären. Was Gott verursacht hat, ist allerdings die Sterblichkeit aller Geschöpfe. Warum? Darauf haben wir keine Antwort. In seinem Sohn ist er selbst Geschöpf geworden. Um zu zeigen, wie sehr er die Menschen liebt, hat er diese Geschöpflichkeit bis zur letzten Konsequenz angenommen.

Stimmt der Eindruck, dass im Christentum das Leiden viel mehr als in allen anderen Religionen im Mittelpunkt steht?

Das trifft zu. Die christliche Glaubenspraxis ist es, den Kreuzestod des Erlösers "stehenzulassen", das Leiden nicht zu verdrängen oder es zu verklären. Die zwei Tage, die zwischen dem Kreuzestod und der Auferstehung liegen, dürfen nicht zugedeckt werden, Ostern wischt den Karfreitag nicht vom Tisch. Die Botschaft lautet: Christus hat das Leiden als Mensch geduldig ertragen und mit allen Geschöpfen geteilt. Das kann für jeden von uns im Leiden und Sterben ein Trost sein.

Was soll ein aufgeklärter Mensch heute noch mit dem Satz anfangen: "Christus ist für unsere Sünden gestorben"?

Dazu gibt es zwei Lehrmeinungen. Die dominikanische Schule behauptet: Hätten wir nicht gesündigt, hätte Christus nicht sterben müssen. Ich halte mich an die franziskanische Schule. Sie lehrt, dass Leid und Tod Kennzeichen unserer Geschöpflichkeit sind und nicht erst durch die Sünde in die Welt kommen. Selbst wenn wir ohne Sünde wären, hätte Christus wie wir leiden und sterben müssen. Aber die Sünde verschärft das Erleben des Todes. Weil wir gesündigt haben, spüren wir im Sterben viel radikaler unsere Verlorenheit.

Liegt in Leiden und Tod etwas Positives?

Vielleicht in der Erschütterung, die uns ergreift, wenn wir einen lieben Menschen verlieren. Dann merken wir, wie belanglos alle Streitigkeiten waren, die wir mit ihm hatten. Ich bin überzeugt, dass alles Leiden nach unserem Tod "verkleinert" ist. Es bleibt zwar Teil unserer Lebensgeschichte, aber es erscheint uns dann im neuen Licht – dem Licht echter Versöhnung.

Dennoch: Müssten wir angesichts von Leiden und Tod nicht eigentlich verzweifeln?

Es gibt darauf nur zwei mögliche Reaktionen. Entweder sage ich mir: Es kann keinen Gott geben, also bringen wir das Leben irgendwie hinter uns. Oder ich sage: Ich glaube dennoch an einen Gott, der hinter dieser Schöpfung steht – auch wenn die Schöpfung diese dunkle Seite hat. Denn es ist ein Gott, der dieses Leiden mitleidet.

Nach christlicher Auffassung ist Gott allmächtig. Warum lässt er dann soviel Leid zu?

Er duldet das menschengemachte Leid, weil er seine Geschöpfe in die Freiheit und Eigenständigkeit entlässt, die er bis zum Äußersten respektiert. Er ist nicht wie ein Ordnungshüter, der uns ständig zurückpfeift. Warum er trotz seiner Allmacht das Leid in die Schöpfung eingelassen hat – darauf haben wir keine Antwort. Wir müssen es einfach annehmen.

Wenn Leiden und Verzweiflung unerträglich geworden sind – ist da Beihilfe zum Suizid erlaubt?

In Extremfällen ja. Wenn Schmerzen unbehandelbar geworden sind, muss das der Arzt mit seinem Gewissen ausmachen. Aber dann muss er sich auch vor Gericht verantworten. Das kann ihn freisprechen – oder verurteilen. Grundsätzlich halte ich es für richtig, dass Beihilfe zum Suizid in Österreich strafbar ist.

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4  Kommentare
4  Kommentare
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capsaicin (3.817 Kommentare)
am 25.03.2016 08:11

kräftigt & stärkt euer ICH ! dann werdets net so oft, durch irgendwelchen glaubenskauderwelsch enttäuscht.

conclusio: wer die evolutionsgeschichte nur a bissl versteht --> hat so ziemlich für ALLES irdische eine erkärung...

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despina15 (10.066 Kommentare)
am 25.03.2016 08:29

geb ihnen völlig recht!!!!!!!!!!

man braucht keine regeln von oben,
wenn man mensch ist.......

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tacitus (4.799 Kommentare)
am 25.03.2016 07:30

A.Camus sagte sinngemäß : ich werde mich ewig weigern, an einen Gott zu glauben, der es zuläßt,dass Kinder so leiden müssen. - Das Leid ist der Fels des Atheismus. (Feuerbach) Der allmächtige und zugleich allgütige Gott existiert nicht.
Ich habe aufgehört zu denken und begonnen die Menschen zu lieben.

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pepone (60.622 Kommentare)
am 25.03.2016 08:01

tacitus

recht hat er der Camus ... zwinkern

du weißt ja sicher am besten , als ehemaliger Insider , was in diesen Verein gespielt wird ! zwinkern

man sagt immer :" der lieben Gott "
ich frage mich was daran lieb ist wenn er doch so viel Mord und Totschlag , Kriege ,
Krankheiten , Elend und Misswirtschaft zulässt ... traurig
er hätte es wohl anders gestalten können , OHNE LEID !

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