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Wahlkampf auf der Straße

Von Barbara Eidenberger und Elisabeth Prechtl, 07. Oktober 2017, 00:04 Uhr

Flyer verteilen und Hausbesuche – auf diese klassische Form des Wahlkampfes verzichtet keine Partei. Barbara Eidenberger und Elisabeth Prechtl haben sich angesehen, wie unterschiedlich fünf Wahlkämpfer diese Aufgabe angehen.

Klinken putzen, Traktor fahren

Marija Gavric aus Bad Ischl war noch keine 20, als sie SPÖ-Mitglied wurde.

Bad Ischl, Freitag, 22. September: „Nein, danke!“ Und mit einem Knall fällt die Wohnungstür ins Schloss. Schnell wird klar: Hausbesuche sind nicht einfach. Bei Marija Gavric, SPÖ-Funktionärin aus Bad Ischl, hat man dennoch das Gefühl, dass ihr diese Touren Spaß machen. Die 22-Jährige ist seit rund drei Jahren Parteimitglied. An diesem Freitag klopft sie in einem Wohnblock in der, wie soll es in Bad Ischl auch anders sein, Kaiser-Franz-Josef-Straße an jede Menge Haustüren. Ziel der Aktion: aus erster Hand zu erfahren, was die Leute beschäftigt.

Das Glück ist Gavric nicht gerade hold: Viele Türen bleiben verschlossen. Oder fliegen, wie eingangs geschildert, schnell wieder zu. Im zweiten Stock dann der erste Treffer: Der ältere Herr, der die Tür öffnet, hat zwar keine Anliegen, die Ausgabe der „Ischler SPÖ-Nachrichten“ inklusive rotem Lesezeichen nimmt er aber gerne entgegen. „Natürlich wird man nicht immer mit offenen Armen empfangen. Wirklich schlechte Erfahrungen habe ich bei Hausbesuchen aber noch nicht gemacht“, so die 22-Jährige. Meist würden sich die Leute freuen, dass sie nicht einfach Post in den Briefkasten werfe, sondern persönlich bei ihnen vorbeischaue.

Marija Gavric, SPÖ Bad Ischl Bild: Hörmandinger

Gavric klopft vor der Wahl nicht nur an unzählige Haustüren, sondern geht auch auf „Traktour“: Mit einem kleinen, feuerroten Lindner-Traktor fahren die Funktionäre in die Ortschaft Lauffen. Im Feuerwehrhaus hilft Marija Gavric, Wahlgeschenke auszuteilen und die Gäste zu bewirten. Der Bürgermeister ist da, auch mehrere Dutzend Interessierte, größtenteils Senioren. Gibt es in der SPÖ genug Themen für junge Frauen? „Als ich angefangen habe, waren es noch nicht viele Junge in der Partei – das war einer der Gründe für mein Engagement.“

Gavric sieht ihre Anliegen, wie eine Frauenquote oder die Gleichstellung der Geschlechter, von der SPÖ am besten vertreten. „In der Schule habe ich mich auch kaum interessiert, aber in der Praxis kann man sich einbringen. Dann ist Politik ganz anders“, sagt Gavric – und reicht dem nächsten hungrigen Gast ein Paar Würstel.

 

Bus, Bionade und Bier

Der 19-jährige Max Mayerhofer aus Dietach ist für die Grünen im Einsatz.

Linz, 25. September, 18 Uhr: Eigentlich hätte Max Mayerhofer auch nichts gegen eine Wahlkampfpause gehabt. Denn 2016 ist er für Alexander Van der Bellen gelaufen, und das aus bekannten Gründen deutlich öfter als geplant. Jetzt steht der junge Dietacher wieder auf der Straße, ausgestattet mit grüner Jacke, Pez in grünem Papier und einem Folder aus Recycling-Papier. Als Blickfang dient der Bus der Pop-up-Tour, man serviert Bier und Bionade.

Max Mayerhofer, Grüne Linz Bild: Weihbold

Das Interesse der Menschen auf der Landstraße hält sich in Grenzen. Fotografie-Lehrling Mayerhofer lässt sich davon nicht unterkriegen, das gehöre dazu. Trotzdem macht ihm diese Art des Wahlkampfs Spaß: „Ich verwende jede freie Minute dafür. Es bringt etwas, zu den Leuten zu gehen und zu hören, was ihnen auf dem Herzen liegt.“ Das ist oft die Sorge vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ oder das Flüchtlingsthema. Angesprochen auf ihr Wahlverhalten hört Mayerhofer von grün-affinen Menschen auch oft: „Ich wähle die SPÖ aus taktischen Gründen.“ Sein Ziel: diese Wahlstimme zurück zu den Grünen zu holen. „Das gelingt mir auch“, hat der 19-Jährige keine Zweifel an seinen Überzeugungskünsten. Als Basis dient ein Leitfaden der Partei, aber „meist rede ich aus dem Bauch heraus.“

Nicht schüchtern und eine gute Menschenkenntnis, das mache einen guten „Straßen-Wahlkämpfer“ aus, sagt Mayerhofer. Der eine Passant möchte seine Anliegen loswerden, der nächste möchte mehr erklärt bekommen. Die grünen Positionen hat Mayerhofer intus, seit 2015 ist er bei der Partei: „Die Grünen sagten mir von allen am meisten zu, vor allem umwelt- und sozialpolitisch.“ Hilfe für sozial Schwache, keine Kürzungen im Sozialsystem, das sind dem jungen Mann dringende Anliegen.

Und seine Wahlprognose? „Von den Problemen, die wir laut Umfragen haben, merke ich nichts. Und damit sich die Prognosen nicht bewahrheiten, dafür stehe ich hier. Von der Stimmung her könnten es zwölf Prozent auch werden!“ Noch eine Eigenschaft braucht man als Wahlkämpfer: viel Optimismus.

 

Schirm, Charme und Sebastian

Albert Ortig ist seit 24 Jahren ÖVP-Bürgermeister in Ried/Innkreis

Dienstag, 3. Oktober, am Hauptplatz von Ried/Innkreis: Der Himmel ist wolkenverhangen, dicke Tropfen fallen vom Himmel – optimales Wahlkampfwetter sieht anders aus. Ihr Grünmarkt ist für die Rieder jeden Dienstagvormittag ein Fixpunkt: Zahlreiche Besucher trotzen der Witterung und bahnen sich zwischen Ständen mit Obst, Gemüse, Fisch und Backwaren ihren Weg. Auch Albert Ortig scheint sich am Wetter nicht zu stoßen: Seit 24 Jahren ist er VP-Bürgermeister der Stadt im Innviertel, heute rührt er, mit Mantel und Regenschirm ausgerüstet, die Werbetrommel für „Die Neue Volkspartei“.

Albert Ortig, ÖVP Ried Bild: Kaufmann

Mitten auf dem Hauptplatz haben die „Türkisen“ einen Stand mit Wahlgeschenken aufgebaut – für Ortig ist das nur eine Zwischenstation: „Ich stehe nie lange beim Stand, das halte ich ja gar nicht aus!“ Sprach’s, lacht und startet los: Ortig bevorzugt Begegnungen und persönliche Gespräche, marschiert kreuz und quer durch die Menschengrüppchen, begrüßt die Leute mit Handschlag, führt Smalltalk über das Wetter, erkundigt sich nach Ehepartnern und Kindern. Die meisten Leute kennen ihn, umgekehrt ist es genau so: „Grüß dich, Albert!“ – „Guten Morgen, alles okay? Darf ich dir den Sebastian mitgeben?“

Neben „dem Sebastian“, Broschüren mit VP-Spitzenkandidat Kurz, finden im Wahlkampf auch die türkisen Sportbeutel reißenden Absatz: Schließlich lässt sich der Markteinkauf darin gut verstauen. Apropos Wahlkampf: Das ist ein Wort, das dem 68-jährigen Ortig so gar nicht gefällt. „’Wahlwerbung’ trifft es eher. Ein Politiker muss die Erfordernisse einer Stadt frühzeitig erkennen und möglichst viele Leute in den Entscheidungsprozess einbinden. Wo gekämpft wird, geht nichts weiter.“

Wie geht es jemandem, der sich seit rund 30 Jahren politisch betätigt, mit einem Parteiobmann, der selbst erst 31 ist? „Dass die Jungen ihre Sichtweise einbringen, von der kommunalen Ebene bis ganz oben, finde ich sehr gut“, sagt Ortig. „Sie müssen schließlich in der Zukunft mit den Entscheidungen, die heute getroffen werden, leben.“

 

Punkten mit Pink

„Aus Begeisterung für die Sache“ ist Sara Höller, 21 Jahre alt und aus Linz, im Neos-Wahlkampf aktiv.

Gallneukirchen, 26. August, 9 Uhr: Schon am Vormittag zeichnet sich ab: Das wird ein perfekter Badetag. Doch statt am See zu liegen, steht Sara Höller mit rosa Luftballon in der Hand auf dem Bauernmarkt. Sie und ihre fünf Mitstreiter wollen Neos-Wahlbroschüren und Werbemittel unters Volk bringen. Das Volk ist wohl schon auf dem Weg ins Freibad, wirklich viel ist nicht los.

„Hast du den schon angesprochen?“, fragt Sara Höller ihre Kollegin. Die Antwort ist nein, also schnappt sich die 21-Jährige noch ein paar Zuckerl und die Wahlbroschüre. Das Mädchen im Kinderwagen schnappt gleich nach dem Luftballon, eine gute Gelegenheit, mit dem Papa ins Gespräch zu kommen.

Sara Höller, Neos Gallneukirchen Bild: Schwarzl

Bei anderen ist Sara Höller weniger erfolgreich, die Flyer kommen direkt wieder zurück. „Das darf man nicht persönlich nehmen“, sagt die Studentin. Generell sei die Stimmung aber gut, die Menschen seien interessiert. Ein Thema, mit dem Höller und ihre Kollegen immer konfrontiert werden: Asyl und Migration. „Die Reaktionen sind da sehr gespalten, es gibt zwei Lager.“ Und wie geht Höller das Thema an? „Ich versuche meine persönlichen Erfahrungen einfließen zu lassen, gebe zum Beispiel den Asylwerbern ein Gesicht, indem ich ganz konkret von Menschen erzähle.“

Generell sei es am Land leichter, mit Interessierten ins Gespräch zu kommen, als in der Stadt: „Die Leute nehmen sich mehr Zeit.“ Und dann wird oft eine breite Palette an Themen besprochen. Für die junge Wahlkämpferin eine Herausforderung, denn die Argumente und Positionen der Neos müssen sitzen.

Warum sich die Soziologie- und Jus-Studentin für die pinke Bewegung entschieden hat? „Ich habe mir alle Parteien angesehen und war auch bei einem Stammtisch der Junos. Da hat mich begeistert, dass die Jugendorganisation ein wichtiger Teil der Partei ist, der auch ernst genommen wird.“

Alle am Bauernmarkt sind mit Flyern ausgestattet, das Neos-Team zieht weiter. Jetzt doch ins Freibad: „Dort kommen unsere pinken Sonnenbrillen immer super an.“

 

„Na, wo drückt der Schuh?“

Christian Engertsberger und Christian Partoll von der FPÖ kamen vor einem Supermarkt mit den Leuten ins Gespräch.

Samstag, 30. September, Spar-Parkplatz in Ansfelden: Es ist zehn Uhr Vormittag, und vor der Supermarktfiliale herrscht der ganz normale „Einkaufswahnsinn“: Junge Paare mit kleinen Kindern schieben randvolle Einkaufswägen, ältere Personen suchen einen Parkplatz. Mittendrin hat die FPÖ ihre mobile „Wahlkampfzentrale“ aufgeschlagen: ein Familienbus, vollgepackt mit Flyern, Kulis, Feuerzeugen, Gummibärlis, Nudeln.

Christian Partoll und Christian Engertsberger, FPÖ Ansfelden Bild: Schwarzl

Die Geschenke werden von zwei Namensvettern unter die Leute gebracht: Christian Engertsberger, Stadtrat in Traun und Bezirksgeschäftsführer, und Christian Partoll, Vizebürgermeister von Ansfelden, wuseln zwischen Autos hindurch, schütteln Hände, reden mit den Leuten. Tatkräftige Unterstützung erhalten sie von jüngeren und älteren Helfern, teils in blitzblauen FPÖ-Jacken: Vom Schüler bis zur 71-jährigen Gemeinderätin packen alle an. In Ansfelden haben die beiden Kommunalpolitiker Heimspiel: „Servus! Wo drückt der Schuh? Darf ich noch einen Block in den Einkaufswagen legen?“ Die zwei Männer kennen viele der Einkäufer, die meisten freuen sich über die Aufmerksamkeiten. Vereinzelt gibt es Kritik: „Mir gefällt nicht, dass die FPÖ gegen Flüchtlinge hetzt“, sagt eine Frau. Die Politiker reagieren prompt, erklären, dass die Freiheitlichen keinesfalls hetzen würden. Eine andere Dame sagt, dass die Sprache, die sich im politischen Alltag durchgesetzt habe, sie traurig mache.

Das Wichtigste in der Politik sei, unter die Leute zu gehen, sagt Partoll. „So bekommt man ein Gefühl, was die Leute beschäftigt.“ Die ärztliche Versorgung auf dem Land etwa, Kinderbetreuung, bei älteren Leuten die Mobilität. Man wolle die Probleme nicht nur aufzeigen, sondern Lösungen erarbeiten.

An Stadtrat Engertsberger wenden sich viele Trauner, die aufgrund des hohen Migrantenanteils an den Schulen besorgt sind. Viele Junge würden wegziehen: „Die Probleme sind ja nicht erst zwei Monate vor den Wahlen präsent. Die Leute merken sehr genau, wer ständig präsent ist und wer nur vor den Wahlen auftaucht.“

 

 

 

 

 

 

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2  Kommentare
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il-capone (10.341 Kommentare)
am 07.10.2017 22:12

zwischen dreiviertel neun u. dreiviertel zehn >

> posten die 'Gebildeten' de fakto nur der wadlbeissenden Tagespolitik wegen, u. glaubt allen Ernstes, sich ebenso als verbal-kriegerischer Mitläufer dieser 'politischen Elite' beteiligen zu müssen.

Was wären ein OÖN-Forum ohne diese Gschaftlhuawa 🤔 ...
... wohl eine fast ungenutzte Plattform ähnlich der SN 😶

Ergo garantieren diese 'lustigen Vögel' das wirtschaftliche Überleben des Provinzblattes 😑

Wohl bekomms

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jago (57.723 Kommentare)
am 07.10.2017 19:09

Immer diese "Thema verfehlt" - Sache Regierung und Regierungsbeteiligung bei der Nationalratswahl Die Wähler lassen sich die demokratische Schneid abkaufen traurig

Gerade habe ich in einer "großen" kleinen Zeitung das völlige Fehlurteil eines Politikwissenschaftlers über den Pilz gelesen: ob und wie gut der Pilz als Kanzler geeignet wäre. Politikwissenschaftler und Zeitung eben.. Daneben hat ein anderer, hier^^ gut bekannter Professor klargestekkt, dass es beim Pilz auf alles andere ankommt als auf seine fiktive Regierungsquali.

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