Pflegeregress: Gemeinden fordern Ersatz bis Sommer, sonst wird geklagt
LINZ. Gemeindebund-Chef: Bund muss Einnahmen-Ausfälle "zu 100 Prozent" ersetzen
Rund 71 Millionen Euro pro Jahr verlieren die oberösterreichischen Gemeinden dadurch, dass mit 1. Jänner der "Pflegeregress", der Zugriff auf das Vermögen von Bewohnern von Altenheimen, abgeschafft wurde. Österreichweit wird der Verlust der Gemeinden auf rund 500 Millionen Euro geschätzt.
Gemeinde- und Ländervertreter verlangten schon wiederholt eine Kostenabdeckung durch den Bund. Der oberösterreichische Gemeindebund wird jetzt deutlicher: "Wenn im ersten Halbjahr keine Verhandlungslösung herauskommt, werden wir den Klagsweg vor dem Verfassungsgerichtshof beschreiten", sagt Gemeindebundpräsident Johann Hingsamer. "Der Bund hat bei seinem Beschluss die vorgeschriebene Konsultation der Gemeinden nicht beachtet."
Von Finanzminister Hartwig Löger (VP) gab es zuletzt gegenüber Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) die Zusicherung, dass die Bundesregierung "Verständnis" für die Probleme der Gemeinden habe. Stelzer wertete dies als Ankündigung, auf dem Verhandlungsweg eine Lösung zu finden. "Naja, niemand hat großes Interesse, dass eine Gebietskörperschaft eine andere klagt", sagt Hingsamer, er hoffe ebenfalls auf einen Verhandlungserfolg. Die Forderung der Gemeinden sei jedenfalls klar: "Wir verlangen einen hundertprozentigen Ersatz." Juristen gäben den Gemeinden im Fall einer Klage jedenfalls "sehr gute" Chancen: "Der Bund hat bei seinem Beschluss die vorgeschriebene Konsultation der Gemeinden nicht beachtet."
Ähnlich sieht es auch Manfred Kalchmair, Sierninger Bürgermeister und Vorsitzender des oberösterreichischen SP-Gemeindevertreterverbands. Er forderte Stelzer bereits in einem offenen Brief auf, sich "schützend vor alle oberösterreichischen Gemeinden zu stellen". Dem Bund müsse "deutlich" zu verstehen gegeben werden, dass Mehrkosten, die durch Bundesgesetzesbeschlüsse verursacht werden, von diesem auch abgedeckt werden müssten, sagt Kalchmair. "Es wäre eine Beruhigung für alle Bürgermeister, wenn die Bundesregierung sagt: Wir lösen das."
Politisch wollen Hingsamer und Kalchmair den Beschluss, den Regress abzuschaffen, nicht bewerten – er ging noch von der früheren SP/VP-Koalition aus und hatte die Zustimmung fast aller Nationalratsfraktionen.
Der Regress-Wegfall werde die Zahl der Gemeinden, die aus eigener Kraft ihren ordentlichen Haushalt nicht ausgleichen können, wieder erhöhen. Ihre Zahl unter 50 zu drücken, war das Ziel der "Gemeindefinanzierung neu" in Oberösterreich. "Wir hätten rund 35 Gemeinden, die einen Ausgleich aus dem Härtefonds brauchen würden", rechnen Hingsamer und Kalchmair übereinstimmend. Ohne Pflegeregress würden es rund doppelt so viele sein. (bock)
Oberösterreich: Weiterer Regress fällt weg
Auch im Bereich des Chancengleichheitsgesetzes (CHG), das Landessache ist, wird der Vermögensregress für Wohnen und mobile Betreuung Behinderter abgeschafft, kündigte, wie berichtet, Landeshauptmann Stelzer (VP) an.
Im CHG-Bereich teilen sich Land und Gemeinden die Kosten. Der Regress-Wegfall würde in Oberösterreich rund 4,5 Millionen Euro ausmachen, betroffen sind das Land zu 60 und die Gemeinden zu 40 Prozent.
Auch für diesen Gemeindeanteil muss es Kostenersatz geben, fordern die Bürgermeister, entweder vom Bund oder vom Land. Das Gesetz über die Abschaffung des Pflegeregresses sei „schwammig formuliert“, kritisiert Johann Hingsamer. Dass neben Altenheimen auch Behindertenbetreuung gemeint ist, könne interpretiert werden.
Dass der Regress in allen Pflege-Bereichen abgeschafft wird, sei eine Frage der Gerechtigkeit, sagen auch die Gemeinden.
Schon 102 Abgangsgemeinden in Oberösterreich
Bodenverbrauch: NGO-Staatshaftungsklage von VfGH zurückgewiesen
NR-Wahl: Holzleitner wird oberösterreichische SPÖ-Spitzenkandidatin
Mehr Demokratie? Symposium wird nicht fortgesetzt
Interessieren Sie sich für diesen Ort?
Fügen Sie Orte zu Ihrer Merkliste hinzu und bleiben Sie auf dem Laufenden.
Dann muss halt als Gegenstück für die Abschaffung die 13. u. 14. Pensionsauszahlung (bis auf das Taschengeld) bei den zu Pflegenden herangezogen werden.
Das wäre absolut gerecht für eine tolle Leistung der Pflegeheime.
Ich kann mich an die Diskussion, Abschaffung des Pflegeregresses noch sehr gut erinnern. Es war eines der ersten „ Wahlzuckerl“ von Kurz. Zur Fairness von Herrn GBP Hingsamer muss ich sagen:“ Herr Hingsamer war mit der Abschaffung des Pflegeregresses nicht einverstanden und hatte sich damals schon sehr skeptisch geäußert.“ Der Herr LH hat ja gute Verbindungen in Wien, ist ja alles türkis-blau ( wie in der Karibik)😃
Wahlzuckerl vom Kurz? Ja insofern, als er sich von den Roten in dieser Angelegenheit vor sich hertreiben ließ.
Ein noch. Und natürlich die "Super-Berechnung" des SPÖ-Sozialministers Stöger. Kosten für ganz Österreich 100 Mio Euro. Wie sich jetzt herausstellt, wird das beinahe der Betrag alleine für Oberösterreich sein. Den Stöger mit seinen roten Sektionschefs im Ministerium müsste man dafür heute noch zur Rechenschaft ziehen.
@Trude: Selbstverständlich haben bei allem nur die Roten Schuld?
Hat die Schwarze-Türkise ÖVP zugestimmt oder nicht? Wenn nicht, dann gäbe es den Pflegeregress noch. Also, die Schwarzen genau so mit dabei wie die Roten!!!!
Zur Sache selber: ich halte den Pflegeregress für zwielichtig, weil die Bewertung von Vermögen grundsätzlich dubios ist. Deswegen haben die Gerichte in verschiedenen Staaten schon mehrmals die Besteuerung des Vermögens gekippt.
Das Vermögen hat wer angespart, sich abgespart, erarbeitet und nicht verjuxt, egal wer und überlassen. Niemand ist befugt, sich ungebeten an des Vermögenden Statt zu stellen. Das ist Diebstahl, womöglich auch "religiös-ideologisch-gesetzlich-gedeckter" Diebstahl.
Sie können ja klagen, wenn es Ihnen nicht passt,
Es wird auf jeden Fall teuer, für uns.
Steuergeld verbraten, weil wieder nicht gerechnet wurde.
Das halte ich mit meinen Scheuklappen für Stammtischgeplapper
Ich wiederhole es zum x-ten mal: Gerade auch Herr Hingsamer hat genau gewusst, was da auf uns zukommt. Aber man wollte den Bast Kurz ja auf seinem Weg zur Krönung nicht gefährden. Am Tag nach der Wahl sind sie aus ihren Löchern gekrochen und haben das Schlamassel bejammert. Schon im Juni hätten eine Heimbau-Offensive und eine Personalkampagne (am ehesten wohl in der Slowakei) gestartet werden müssen. Nix ist passiert! Wir haben die kuriose Situation, dass nicht einmal das Landesgesetz adaptiert wurde, sondern das Bundesverfassungsgesetz die Regressbestimmungen außer Kraft gesetzt hat! Und dass die 100 Millionen nicht mehr als eine Hausnummer sind, war allen klar. Aber Hauptsache Wahlzuckerl! Und wie sieht die Realität aus: Statt ab Pflegestufe 3 hat man eben nur noch ab 4 eine Chance auf Aufnahme. Würde mich nicht wundern, wenn es bald die 5-er wäre. Das ist die lauthals proklamierte Gerechtigkeit unserer Politiker!
Argumente sind gegen Parteiraison immer chancenlos, und wenn sie noch so richtig sind
Die Sitze bügeln alles nieder.
Von wem kamen die 100 Mio Euro auf den Tisch? Richtig, SP-Minister Stöger hat hier in Verbindung mit Kern die falschen Zahlen geliefert.
@Trude: Die Schwarze ÖVP hat zugestimmt. Werden wahrscheinlich vorher nachgerechnet haben. Der Finanzminister ist ja schon Jahrelang von der ÖVP. Ich gehe davon aus, dass diese Damen und Herren im Finanzministerium rechnen können und nachgerechnet haben.
Die haben sicher nachgerechnet, mit den Zahlen aus dem Sozi-Ministerium