Mindestsicherung: Oberösterreich macht Ernst mit Deckelung

Von nachrichten.at/apa   24.Jänner 2017

Als wesentlicher Unterschied sollen allerdings "Working Poor", also Aufstocker, ausgenommen werden. Betroffen wären von dem Modell, das ÖVP und FPÖ am Dienstag vorgestellt haben, dann nur mehr 157 Mehrpersonenhaushalte (Stand 2015), die über 1.500 Euro bekommen.

Neben den Working Poor sind u.a. auch Bezieher von Pflegegeld oder erhöhter Familienbeihilfe - etwa bei behinderten Kindern - sowie dauerhaft Arbeitsunfähige und Personen nach dem Chancengleichheitsgesetz von der Deckelung nicht betroffen. Übrig bleiben 157 Haushalte, die aufgrund der Anzahl ihrer Personen - nicht immer sind das nur Kinder - mehr als 1.500 Euro bekommen. 25 dieser "Bedarfsgemeinschaften" sind Österreicher, der Rest EU- und Drittstaatsangehörige.

"Es geht um ein Signal"

Dass die Zahl der Betroffenen und damit auch das Einsparungspotenzial eher klein sind, stört ÖVP-Sozialsprecher Wolfgang Hattmannsdorfer nicht: Es gehe um ein Signal. "Die Menschen verspüren eine Gerechtigkeitslücke", weil Arbeitende manchmal weniger bekommen würden als Mindestsicherungs-Bezieher, betonte er. "Der Möglichkeit, bei einem Mehrpersonenhaushalt über 3.000 Euro an BMS zu beziehen, muss ein Riegel vorgeschoben werden", so FPÖ-Klubobmann Herwig Mahr.

Auch wenn mit dem derzeit entstehenden Fleckerlteppich an Länderlösungen eine bundeseinheitliche Regelung immer schwieriger werden dürfte, sei ein einheitliches Korridormodell noch immer sein Anliegen, sagte Hattmannsdorfer. "Aber wenn die Bundesregierung es nicht schafft, sich darauf zu einigen", müssten eben die Länder handeln. Mahr räumte hingegen ein, dass eine österreichweite Lösung derzeit "weit entfernt" sei.

Diskussion im Landtag

Der Vorschlag von Schwarz-Blau soll nun in einem Landtags-Unterausschuss diskutiert werden. Hattmannsdorfer will aber "möglichst zeitnah einen möglichst breiten Beschluss". Im Sommer oder Herbst könnte die Regelung demnach in Kraft treten. Die 1.500-Euro-Grenze orientiert sich am Medianeinkommen und soll jährlich valorisiert werden, könnte also dann bereits etwas darüber liegen.

Mit 1. Juli des Vorjahres wurde in Oberösterreich bereits die Mindestsicherung für befristet Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte gekürzt. Sie erhalten statt 914 Euro nur mehr 520 - inklusive 155 Euro Integrationsbonus. Erfüllt man dessen Bedingungen wie Deutschkurs, Werteschulung, Integrationsvereinbarung oder Arbeitsbereitschaft nicht, kann gestrichen werden.

Teil eines Gesamtpakets

Die am Dienstag vorgestellte Deckelung der Mindestsicherung ist Teil eines Gesamtpakets, das Schwarz-Blau im Landtag vorstellen will: Weitere Punkte betreffen eine Überarbeitung des Integrationsleitbildes, dessen Verschärfung die FPÖ seit Langem verlangt, die Forderung nach einer personellen Aufstockung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, eine verpflichtende Integrationserklärung auch für subsidiär Schutzberechtigte in der Grundversorgung und ein Modell "BMS mit Arbeits- oder Qualifizierungsanreiz". Hier sollen künftig auch nach dem 18. Lebensjahr nicht nur ein Job, sondern zudem eine Lehre oder eine Pflichtschulausbildung als für die BMS nötige "Bemühungspflicht" anerkannt werden.

 

Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer von der SPÖ sieht "schwarz-blaue Effekthascherei auf dem Rücken der Betroffenen, vor allem der österreichischen Kinder" und zeigte sich überrascht über den Vorstoß der Regierungspartner. Denn auf ihre, Gerstorfers, Initiative hin werde am Donnerstag "eine lange und professionell vorbereitete Novelle zur BMS im Landtag eingebracht", deren Fokus stark auf der Eingliederung in den Arbeitsmarkt liege. ÖVP und FPÖ hätten dieser Vorgehensweise zugestimmt. "Dass mir heute über die Medien der Deckel ausgerichtet wird, zeugt von schlechtem politischem Stil. Ich finde es sehr befremdlich, dass in den Vorgesprächen die Deckelung kein Thema war und anscheinend überhaupt kein Interesse besteht, hier gemeinsame Lösungen zu suchen", kritisierte Gerstorfer.

Kritik von den Grünen

Hart fiel auch die Kritik der Grünen aus: "Schwarz-Blau zieht sein Sozialabbau-Programm weiter beinhart durch und nimmt jetzt die nächste schutzlose Bevölkerungsgruppe ins Visier", so Sozialsprecher Stefan Kaineder, denn die Leidtragenden wären "nur die Kinder". Schon jetzt seien BMS-Bezieher meist "hart rudernde Abstiegsbedrohte". Die schwarz-blauen Pläne seien "verantwortungslos und haben mit einer sozialen Politik definitiv nichts mehr zu tun", kritisierte Kaineder.