Bürgermeisterin vor Gericht: Verteidiger für Diversion

Von nachrichten.at/apa   16.Oktober 2014

Weil der Zeitplan nicht ausreichte, um die Beschuldigte und alle geladenen Zeugen zu befragen, soll die Verhandlung im November fortgesetzt werden.

Linz/Schwertberg. Der 58-jährigen Nationalratsabgeordneten wird vorgeworfen, sie habe es als Baubehörde erster Instanz unterlassen, gravierende brandschutztechnische Mängel am Alten- und Pflegeheim der Gemeinde beseitigen zu lassen bzw. die weitere Benützung zu untersagen. Die Bürgermeisterin, deren Fraktion im Gemeinderat in der Minderheit ist, wurde von einer anderen Partei angezeigt, weil diese den Verdacht hatte, sie habe ohne Dringlichkeit eine "Notanordnung" erlassen, um ohne Zustimmung des Gemeindevorstandes die Mängel beseitigen zu lassen. Bei den nachfolgenden Ermittlungen kehrte sich der Vorwurf um: Sie soll, obwohl sie von 14. März 2012 bis 27. Februar 2013 gewusst habe, dass im Zusammenhang mit einem Brand für die Heiminsassen Gefahr in Verzug bestehe, nicht gehandelt haben.

Gusenbauer-Jäger will sich über einen längeren Zeitraum nicht darüber bewusst gewesen sein, dass tatsächlich Gefahr in Verzug sei und umgehend Sicherheitsmaßnahmen zu treffen gewesen wären. "Das ist in dieser Brisanz nicht zu mir durchgedrungen", sagte sie vor Gericht und zeigte sich nicht geständig im Sinne der Anklage. Außerdem habe sie den Eindruck gehabt, dass die Kommune mit ihren Mitarbeitern ohnehin handle, indem diese einen Weg zur Behebung der Mängel suchen. Zwischendurch sei ihr obendrein vom zuständigen Gemeindemitarbeiter in angeblicher Übereinstimmung mit dem Sachverständigen gesagt worden, die Gefahr sei ohnehin nicht so groß. Aus heutiger Sicht würde sie aber anders handeln. Auf die Frage des Gerichtes, ob sie glaube, dass sie dem Bürgermeisteramt gewachsen gewesen sei, gestand die ausgebildete Lehrerin ein: im gegenständlichen Fall nein, weil sie nicht in Bau- und Brandschutztechnik fachkundig sei. Ihr Verteidiger plädierte für eine Diversion.

Ein Sachverständiger, der Begehungen des Heimes vorgenommen hatte, sowie ein Bautechniker jener Firma, die letztlich den Auftrag zur Behebung bekam, erklärten als Zeugen, dass sie auf die massiven Gefahren seit Bestand des zur Jahrtausendwende eröffneten Gebäudes und auf die Notwendigkeit, sofort zu handeln, hingewiesen hätten. Es sei aber signalisiert worden, die Kommune habe dafür kein Geld. Dem widersprach der Amtsleiter, Schwertberg sei eine Überschussgemeinde.

Der als wichtiger Zeuge befragte zuständige Sachbearbeiter wies erhebliche Erinnerungslücken auf. Vor allem im Zusammenhang damit, dass er in einem von ihm erstellten Zeitablauf festgestellt hatte, dass er zwar immer wieder die Bürgermeisterin auf die Gefahr in Verzug hingewiesen habe und nicht gehört worden sei, aber auch zwischendurch erklärt habe, dass die Gefahr nicht so groß sei. Diesen Widerspruch konnte er überhaupt nicht erläutern, worauf ihn nach der Richterin auch die Staatsanwältin auf die Wahrheitspflicht bei Zeugenaussagen hinwies. Häufig kam ein "weiß ich nicht mehr" oder eine ausweichende Antwort.

Der Schöffenprozess soll am 14. November mit weiteren Zeugeneinvernahmen fortgesetzt werden. Die Politikerin, der bis zu fünf Jahre Haft drohen, war im Herbst 2013 in den Nationalrat eingezogen. Sie hatte zuletzt angekündigt, bei der Gemeinderatswahl 2015 nicht mehr als Bürgermeisterin zu kandidieren.