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Die Bildungspolitik der Stammtische

Von Christian Schacherreiter, 09. März 2009, 00:04 Uhr

Jemand wie ich, der unbeirrt an der aufgeklärten Vernunft festhält, verliert nie völlig die Hoffnung, wenn die Emotionen überschwappen, der Irrationalismus regiert und die Demagogie die Lufthoheit über den Stammtischen behauptet.

Jemand wie ich, der unbeirrt an der aufgeklärten Vernunft festhält, verliert nie völlig die Hoffnung, wenn die Emotionen überschwappen, der Irrationalismus regiert und die Demagogie die Lufthoheit über den Stammtischen behauptet. Ich sage mir: Es kommen wieder ruhigere Zeiten, in denen das Argument mehr Gewicht hat als die populistische Phrase.

Gewiss, ich mache mir keine Illusionen. Noch sind wir nicht so weit. Österreich befindet sich derzeit im Freudentaumel darüber, dass Claudia Schmied die Lehrer durch die Gegend watscht (voi super, he!). Solch kollektiven Glücksgefühlen gegenüber ist man machtlos. Aber für die nüchternen Zeiten, die wieder einmal kommen werden, bereite ich jetzt schon einige Argumente vor.

1. Wenn ein Lehrer zwei Stunden mehr unterrichtet, hat er nicht mehr Zeit für den einzelnen Schüler, sondern weniger, denn er unterrichtet in Summe mehr Schüler. (Für den Nachweis genügen die Grundrechnungsarten addieren und dividieren.)

2. Zwei Unterrichtsstunden mehr bedeuten nicht zwei Vorbereitungsstunden weniger, sondern zwei Vorbereitungsstunden mehr. – Nein? – Na gut, versuchen wir es mit einem Beispiel: Eine Englischlehrerin, die 25 Schüler mehr unterrichtet, muss für diese 25 Schüler Hausübungen und Schularbeiten korrigieren, und sie muss diese zusätzlichen Unterrichtsstunden vor- und nachbereiten. Mehr Unterrichtszeit kann nicht von der Vorbereitungszeit abgezogen werden.

3. Eine kleine Textrechnung: An einer Schule unterrichten derzeit 50 Lehrer je 20 Unterrichtsstunden. Wie viele Unterrichtsstunden ergibt das? (Lösung: 1000). Ab jetzt unterrichten diese 50 Lehrer je 22 Stunden. Wie viele Stunden ergibt das? (Lösung: 1100). Es werden aber nur Lehrer für 1000 Stunden gebraucht. Wenn ein Lehrer 22 Stunden hält, wie viele Lehrer braucht die Schule dann für 1000 Stunden? –Richtig: nicht mehr 50, sondern nur mehr 45,4545 (periodisch). Das heißt: Die vier jüngsten Lehrer werden „freigesetzt“, ein weiterer geht auf Teilzeit. Was lernen wir aus diesen Beispielen? Die Erhöhung der Lehrverpflichtung bringt nicht mehr, sondern weniger Unterrichtsqualität, und viele junge Lehrer, die wir schon in absehbarer Zeit sehr notwendig brauchen werden, weil viele ältere in Pension gehen, verlieren dadurch ihren Arbeitsplatz.

Einsparungen im Budget

Wie gesagt, ich glaube nicht, dass ich mit solch nüchternen Argumenten viele Menschen überzeugen kann. Jetzt noch nicht, aber vielleicht später, wenn sich das Grinsen und Grölen der Stammtische und die hämische Genugtuung darüber, dass es die Volksheldin Claudia Schmied diesen „stinkfaulen Lehrersäcken“ einmal so richtig zeigt (voi super, he!), wieder gelegt haben werden! Seien wir doch ehrlich, es geht in der aktuellen Debatte um die Lehrerarbeitszeit nicht um mehr Schulqualität, es geht um Einsparungen im Bildungsbudget.

Das will aber kein Regierungsmitglied aussprechen, und das muss es auch nicht tun, denn es gibt ein viel praktischeres Mittel: Man bediene doch einfach die Aversionen und Neidgefühle gegen die Lehrer, denn die haben länger Urlaub als die meisten anderen. Auf diesem Niveau bewegt sich derzeit die österreichische Bildungspolitik – voi super, he!

Gastkommentar von Christian Schacherreiter, Direktor des Peuerbach-Gymnasiums

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10  Kommentare
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herbertw (14.515 Kommentare)
am 10.03.2009 17:38

Man kann dieses 2-Stunden-Thema als Einzel-Thema herauspicken und sich an dessen (Un)Sinn stundenlang hervorragend akademisch, mathematisch, sarkastisch – plus gesellschaftskritisch delektieren!
Diese – aus meiner Sicht - „kleine Brille“ haben, so scheint es, die meisten Lehrer draußen, aber zumindest alle auf dieser Plattform aufgesetzt!
-
Die große – und aus meiner Sicht wesentlich interessantere – Brille zeigt gänzlich anderes im Fokus des öffentlichen Interesses. Viel zu schnell wurde die Diskussion übergangen, dass Vorarlberg mehr „neue Mittelschulen“ will, als die 10%-Quote zulässt (das hat man dann mit einer typisch österreichischen Lösung wieder hingebogen). Viel zu schnell verschwand die Diskussion über die pädagogische Grundausbildung ALLER Lehrer! Nur kurz ist die Kurzsichtigkeit der Lehrer-Funktionäre beleuchtet worden, die für die bevorstehende Pensionierungs- und damit Lehrermangel-Welle kein Rezept entwickelt haben! Nur… 1.000 Zeichen sind wieder einmal viel zu wenig!

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am 09.03.2009 17:39

Wer erzieht und beschult die Bürger von Morgen? Genau - Volksschullehrer!
Wer kann psychische Kräfte in Euro oder freie Tage umrechnen - bitte AUFZEIGEN - aber erst reden, wenn Sie gefragt sind.
Lassen Sie uns in Ruhe unsere Aufgaben erledigen - wir VS-LehrerInnen haben uns unseren Beruf ausgesucht - wir sind berufen. Da geht es nicht ums Geld, um die Schulausstattung, frei Tage, Ferien oder Wochenstunden - es geht um die jungen Menschen. Uns Lehrer sind Minister und Ihre Budgets egal - wir zahlen, was wir brauchen im täglichen Unterricht brauchen aus unserer Tasche und rechnen nicht auf. Ihrem verzerrten Lehrerbild sage ich PFUI! Wir lassen uns nicht beirren den jungen Menschen zu helfen und für sie da zu sein - ob wir jetzt in der Schule oder zuhause sitzen - wie es Ihnen passt - egal.
Lehrer sein ist eine Berufung - kein Rechenbeispiel - ich bleibe dabei und wundere mich, wie wenig manche MitbürgerInnen verstanden haben.

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am 09.03.2009 18:09

"...wie wenig manche Mitbürger verstanden haben," lautet ihre Conclusio. An uns, den vor Altruismus strotzenden LehrerInnen, kann es nicht liegen.

Mit enthusiastischen Grüßen

Ihre Frau Professor Kunigunde Kaiser

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herbertw (14.515 Kommentare)
am 09.03.2009 19:09

Ich glaube, dass ganz viele Menschen die guten Lehrer sehr hoch schätzen! Ich gehöre ebenfalls zu denen!
Und wir schätzen auch die unbürokratischen Lehrer! Auch aus meinem Umfeld kenne ich diese Kleinigkeiten (Einkaufen aus dem eigenen Geldbörsel ohne Abrechnung, Kümmern um die Kinder in stundenlangen Telefonaten mit IQ-defizitären Eltern, usw.).
-
Wenn ich Sie jetzt zu den guten, von mir bewunderten Lehrern zähle, warum sollten jetzt gerade Sie ein Blockierer sein?
• Weil Sie es auch (wie alle) zulassen, dass schlechte Lehrer von einer Schule zur anderen „geparkt“ werden!
• Weil Sie sich nicht wehren, wenn Bezirks- und Landesschulverwaltung NICHT hinter Ihnen stehen, sobald Eltern sich mit Ihnen anlegen!
• Weil Sie nicht auf der Straße stehen, wenn die so genannte Wenderegierung nicht in die Bildung investiert, sondern genau dort spart, wo die Zukunft liegt!
---
Sie leben ihr kleines, beschauliches Leben und sind damit zufrieden, dass Sie gut sind!
Und das ist mir zu wenig!

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am 09.03.2009 17:26

Die Lehrschaft hat sich - nicht zuletzt zur Sicherung der eigenen Bequemlichkeit - ein System aufgebaut, in dem ihre eigenen Leistungen nicht kritisiert werden dürfen - in dem sie aber hemmungslos ihre Normvorstellungen den Eltern und Schülern aufdrücken dürfen - die den Mund halten müssen, weil sie immer am kürzeren Ast sitzen.

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am 09.03.2009 16:25

Wenn Herr Direktor Schacherreiter schon die Arithmetik bemüht, dann muß er sich auch folgende Rechnung gefallen lassen: An Jahresarbeitstagen fallen für den Normalbürger 240 an, für die Lehrerschaft infolge der zahlreichen Ferien, Zwickel- und schulautonomen Tage hingegen nur 173, also bereits 87 Arbeitstage weniger. In Jahresarbeitsstunden gemessen sind das 1920 gegenüber 865, also deutlich nur die Hälfte. Das Argument der Vor- und Nachbereitung zählt nicht, da heutzutage vom Durchschnittsangestellten 20-40 Überstunden gratis erwartet werden. Gemessen an einem Durchschnittsgehalt von 1400€ und 1900€ ergibt sich ein Stundenlohn von 10 gegenüber 30€.
Die Privilegierung des Lehrerstandes in unserer Bevölkerung ist aus sowohl aus Sicht der Arbeitsbelastung, als auch aus der Entlohnung unübersehbar. Für einen Aufstand gibt es also nicht nur keine Gründe, sondern er stellt den Tatbestand einer offensichtlichen Entsolidarisierung mit der normalarbeitenden Bevölkerung dar.

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am 09.03.2009 16:07

sind, tut es mir um diese leid.
ad1)
Sie gehen von einigen Grundannahmen aus:
a) Lehrer brauchen tatsächlich ca. 21,5h für Vor- und Nachbereitung (Annahme: 38,5h Woche und ca. 17h Unterrichtszeit (=20x50min))
b) es handelt sich um eine andere Schulstufe (da Tätigkeiten in der Gleichen zumindest zu gewichten wären)
c) er/sie unterrichtet in jeder Klasse gleich viele Schüler (wenn sich die Schüleranzahl in den einzelnen Klassen verringert, wäre das gegenzurechnen)
d) er unterrichtet die gleichen Inhalte (wenn sich diese reduzieren würden (zB Erhöhung der Stundenanzahl bei gleichbleibenden Gesamtinhalten) hat die Stundenerhöhung geringere Auswirkungen
e) ...

apropos Stammtische:
Wer polemisiert:
"... genügen die Grundrechnungsarten addieren und dividieren ..."
bzw noch viel schlimmer:
"... Schmied diesen „stinkfaulen Lehrersäcken“", der Unterrichtsministerin diese Aussage als Zitat unterstellt

darf sich nicht wundern, wenn sein Ansehen in der Bevölkerung gegen Null geht.

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pabneu (28 Kommentare)
am 09.03.2009 16:00

Woher nimmt "taxos" die Annahme,daß es plötzlich f ü n f Klassen zu 20 Schülern geben soll??- Die Wirklichkeit: es geht um "Einsparung" und nicht um eine zusätzliche Klasse mehr. -Grundsätzlich:Schacherreiters Analyse stimmt,stimmt,stimmt!So ist es,wenn der "Stammtisch regiert"!

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am 09.03.2009 11:14

Direktor Professor Schacherreiter rechnet vor: An einer Schule unterrichten derzeit 50 Lehrer je 20 Unterrichtsstunden. Wie viele Unterrichtsstunden ergibt das? (Lösung: 1000). Ab jetzt unterrichten diese 50 Lehrer je 22 Stunden. Wie viele Stunden ergibt das? (Lösung: 1100). Es werden aber nur Lehrer für 1000 Stunden gebraucht. Wenn ein Lehrer 22 Stunden hält, wie viele Lehrer braucht die Schule dann für 1000 Stunden? –Richtig: nicht mehr 50, sondern nur mehr 45,4545 (periodisch).
In der Textrechnung werden die Schüler - wie in der ganzen Debatte- vergessen. Sind derzeit in 4 Parallelklassen je 25 Schüler, dann muss bei 20 eine Klasse mehr eingerichtet werden. Dann aber braucht es auch einen Lehrer mehr. Denn 4x25=5x20.

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am 09.03.2009 11:36

Schacherreiter macht zudem den Fehler dass er nur eine Variable verändert, andere aber dementsprechend nicht. Etwa hier:
"Wenn ein Lehrer zwei Stunden mehr unterrichtet, hat er nicht mehr Zeit für den einzelnen Schüler, sondern weniger, denn er unterrichtet in Summe mehr Schüler."
Wenn er(sie) zuerst 25 Schüler 20 Stunden unterrichtet, macht das 500. Unterrichtet er 20 Schüler 22 Stunden, macht das 440 Und das stbekanntlich weniger als 500.
(Für den Nachweis genügen die Grundrechnungsarten addieren und dividieren.)

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