Warum der Weg in die Politik für Frauen immer noch steinig ist

Von Anneliese Edlinger   03.September 2014

Fast 52 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten sind Frauen. Ihr Anteil im höchsten politischen Gremium, dem Nationalrat, ist mit der gestrigen Vereidigung des SPÖ-Gewerkschafters Walter Schopf, der das Mandat der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer übernommen hat, auf knapp unter 31 Prozent gesunken. Nicht viel besser schaut es in der Regierung aus. Von den 16 Mitgliedern sind nur fünf weiblich, auch hier haben Männer das Ruder fest in der Hand. Und die Landeshauptleute-Konferenz ist derzeit ein reiner Männerverein.

Gleichzeitig beschwören Parteichefs, wie wichtig Frauen wären, und wie sehr sie deren Leistungen schätzen würden. Doch wenn es darum geht, dies auch mit deren Verankerung in wichtigen politischen Positionen zu demonstrieren, schaut es düster aus. Warum?

Männer entscheiden

Erstens: Männer entscheiden, wie weit Frauen in eine ihrer liebsten Spielwiesen, die Politik, vordringen dürfen. Quote hin oder her, wenn es darum geht, Macht abzugeben, ist es mit der Frauenfreundlichkeit schnell vorbei. Da wird im Zweifelsfall lieber einem Mann der Vorzug gegeben. Frauen denken und agieren vielfach anders als Männer. Das wird, zu Unrecht, als Unsicherheitsfaktor gesehen. Also lieber auf Bewährtes setzen, als Neues zu riskieren.

Ein zeitaufwändiges Geschäft

Mindestens ebenso schwer wiegt der Umstand, dass weniger Frauen als Männer bereit sind, sich die Politik anzutun. Politik ist ein spannendes, aber hartes Geschäft, das vor allem zeitlich enorm viel Aufwand fordert. "Die Krux beginnt ganz unten, beim Engagement in der Gemeinde. Da ist es für Männer viel einfacher, abends zur Partei- oder Gewerkschaftssitzung zu gehen, weil trotz Verbesserungen nach wie vor die Frauen die Hauptlast in Sachen Haushalt und Familie tragen", sagt der Politologe Peter Filzmaier. Und so drängt viel mehr männlicher als weiblicher Nachwuchs in die Parteigremien. Auch später, wenn es darum geht, in die wirklichen Zentren der Macht vorzudringen, sind Frauen weniger bereit, die dort geltenden Spielregeln –, Ellbogen ausfahren, arbeiten bis zur Gesundheitsgefährdung, kaum Zeit für die Familie –, zu akzeptieren.

Frauen müssen sich rechtfertigen

Nicht unerheblich ist auch ein anderer Aspekt: Entscheidet sich eine Frau trotz kleiner Kinder für eine Spitzenposition, muss sie sich dafür rechtfertigen. "Grünen-Chefin Eva Glawischnig hat lang und breit erklären müssen, wie sie die Betreuung ihrer Kinder organisiert. Mit ist nicht bekannt, dass je ein Mann gefragt wurde, wie er das bewerkstelligt", sagt Filzmaier.

Dass in den skandinavischen Ländern das politische Geschäft in ausgewogenem Anteil von Frauen und Männern organisiert wird, hat für den Politologen auch einen religiösen Hintergrund: "In Österreich und den südlichen EU-Ländern dominiert der katholische Glaube. Der ist in seinem Gesellschaftsbild viel konservativer als bei den Protestanten." Dort sei außerhäusliches Engagement von Frauen, und deren Vorrücken an die politische Spitze viel selbstverständlicher.

Ein Schaden für die Partei?

Doch schadet es Parteien, wenn sie Frauen in die zweite Reihe stellen? So wie es nun die SPÖ mit Sonja Ablinger zugunsten Walter Schopfs getan hat. Parteiintern war und ist die Aufregung jedenfalls hoch. Links orientierten Parteien wie der SPÖ schade solches Vorgehen schon, meint Filzmaier. "Denn Frauen wählen tendenziell mehr die Mitte-Links-Parteien." Für ÖVP oder FPÖ, die "mehr von Männern gewählt werden", sei das Problem geringer.

Das Land Oberösterreich, das im Landtag österreichweit die höchste Frauenquote hat, gründete eine parteiübergreifende Akademie, um Frauen in der Politik zu fördern. Für Filzmaier vorbildlich. Trotzdem befürwortet er eine Frauenquote in der Politik: "Auf gesellschaftliche Veränderung zu warten, würde zu lange dauern."


Grafik: Frauenanteil in der Politik

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