Volkshalle und Schottenstift: SP und VP feiern Geburtstag
WIEN. Regierungsparteien laden zu 70. Jahrestagen spannende Redner ein: Linker Lanc, Soziologe Prisching
Roter Salon, Volkshalle und Schottenstift: Das sind die Orte, an denen die Regierungsparteien kommende Woche den 70. Jahrestag ihrer Gründung begehen.
Den Anfang macht die SPÖ. Sie wiederentstand am 14. April 1945 im "Roten Salon" des schwer beschädigten Wiener Rathauses durch den Pakt von Sozialdemokraten und "Revolutionären Sozialisten". Erster Vorsitzender des provisorischen Parteivorstandes war Adolf Schärf, Sohn eines Glasperlenbläsers, später Bundespräsident von 1957 bis 1965.
Zum Parteigeburtstag geben SP-Chef Werner Faymann und Wiens Bürgermeister Michael Häupl im "Roten Salon" eine Pressekonferenz. Am Abend wird in der Volkshalle des Rathauses ein Film über die Geschichte der Sozialdemokratie in der Zweiten Republik gezeigt. Dann sprechen Faymann und Häupl sowie als Zeitzeuge der 85-jährige Ex-Minister Erwin Lanc. Die Schauspielerin Konstanze Breitebner wird Texte aus den Memoiren Adolf Schärfs vortragen.
Lanc als Festredner ist eine interessante Wahl. Er war ein politischer Ziehsohn Bruno Kreiskys und von 1973 bis 1984 als Verkehrs- bzw. Innen- und Außenminister in der Regierung. Intern galt er als Linker, vehementer Verfechter der Neutralität und Kritiker der USA. Im Androsch-Konflikt stellte er sich eindeutig gegen den vormaligen Jungstar der SPÖ.
Nach seinem Rückzug aus der Tagespolitik – die Wiener Partei hatte ihn fallenlassen – engagierte er sich in Friedensorganisationen für den Dialog zwischen Palästinensern und Israelis.
Der ÖGB feiert am 15. April mit dem Slogan "70 Jahre für Gerechtigkeit" sein Jubiläum.
Besinnung im Prälatensaal
Die ÖVP hält ihren Festakt am Freitagvormittag ab. Er beginnt mit einer Messe im Schottenstift. Dort wurde die Partei am 17. April 1945 durch Leopold Kunschak, Hans Pernter, Lois Weinberger, Leopold Figl, Julius Raab und Felix Hurdes gegründet. Noch unter der Nazi-Herrschaft hatten bürgerliche Aktivisten beschlossen, sofort nach der Befreiung eine christlich-soziale, demokratische, patriotische Partei zu schaffen.
Nach der Messe, die Kardinal Christoph Schönborn zelebrieren wird, findet im Prälatensaal eine Festsitzung des Parteivorstandes statt. Neben Parteiobmann Reinhold Mitterlehner spricht der Grazer Soziologe Manfred Prisching.
Auch er ist eine spannende Persönlichkeit: anerkannter Forscher, liberaler Katholik, besorgter Beobachter der politischen Entwicklungen. Prisching hat sich intensiv mit der Zukunft der Volksparteien beschäftigt.
Für vorbildlich hält er die steirische "Reformpartnerschaft": "Die Steiermark ist ein demokratiepolitisches Experimentierfeld. Man schafft Systemveränderungen, auch wenn keine Schönwettersituation vorherrscht."
wird am ROTSCHWARZEN FILZ gezimmert.