Rangelei um Russland-Politik: Kurz kritisiert blaue Besucher auf der Krim

Von (chk)   09.November 2017

Für ÖVP-Chef Sebastian Kurz ist es ein Grund den künftigen Koalitionspartner zu rüffeln, für die FPÖ ein "Sturm im Wasserglas": Der künftige FPÖ-Nationalratsabgeordnete Hans-Jörg Jenewein und der Linzer Vizebürgermeister Detlef Wimmer haben die Krim besucht, obwohl die EU die Annexion der Halbinsel durch Russland für völkerrechtswidrig hält und daher entsprechende Sanktionen verhängt hat.

Kurz sagte dazu am Mittwoch, er sei "gänzlich anderer Meinung" als die beiden FPÖ-Politiker, die sich für die Anerkennung der Annexion einsetzen. Er habe als Außenminister und ÖVP-Chef eine klare Haltung, "die wird sich nicht ändern". Man sei noch in Koalitionsverhandlungen mit den Freiheitlichen und werde diese mit voller Kraft fortsetzen, aber seine Meinung sei "gänzlich anders" als die der betreffenden Blauen.

Die klaren Worte des künftigen Bundeskanzlers führten zu einer raschen Reaktion der FPÖ.

"Die Organisatoren der Internationalen Krim-Konferenz laden Personen aus verschiedenen Nationen ein, es handelt sich beim Besuch der freiheitlichen Mandatare daher um keine offizielle Delegation im Auftrag der FPÖ", betonte Generalsekretär Herbert Kickl: "Beide Mandatare haben keine außenpolitischen Funktionen in der FPÖ." Ihre Reise sei bloß "ein persönlich motivierter Beitrag dazu, für eine friedliche Entschärfung des Konflikts die Türen in alle Richtungen offen zu halten." Die Aufregung über den Krim-Trip sei "daher nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas" (Kickl).

ÖVP-intern wird das anders gesehen. Die Außenpolitik Österreichs müsse den Leitlinien der EU entsprechen, das sei auch von der FPÖ zu respektieren, heißt es in der Parteizentrale.

Moskaus Propagandakrieg

Verwiesen wird auf den Propagandakrieg, den Moskau rund um die Annexion der Krim führt. Ziel sei die Spaltung der Union. Um dagegen anzukämpfen, hat die EU 2015 eine "Task Force" gegründet. Allein im Vorjahr wurden 2000 Versuche Russlands festgestellt, die EU-Partner durch Desinformation und Propaganda zu entzweien.

Ein Mittel der russischen Politik sind so genannte Freundschaftsvereine. Die zwei FPÖ-Politiker nahmen am Montag an einer Veranstaltung im Livadia-Palast bei Jalta teil, bei der ein internationaler Freundschaftsverein gegründet wurde: "Freunde der Krim".

Der von Moskau eingesetzte Premierminister der Krim, Sergej Aksjonow, bedankte sich bei den Teilnehmern: "Das beschleunigt die Anerkennung der Krim als Teil der Russischen Föderation."

Das Bestreben der "Freunde der Krim" sei es, die Volksabstimmung vom März 2014, die Moskau nach der Militärintervention abhielt, international als "rechtmäßig" darzustellen. Die Nachrichtenagentur Tass zitierte dazu Jenewein und Wimmer mit den Worten: "Unser Ziel ist es, die guten Beziehungen zwischen Österreich und Russland weiterzuentwickeln und die Sanktionen abzuschaffen." Das entspricht freilich weder der österreichischen noch der EU-Außenpolitik. 

Hintermann Gudenus

Seit 2007 setzte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf eine Annäherung zu Moskau. Nachdem die FPÖ Russland im Georgien-Krieg 2008 verbal unterstützt hatte und hochrangige Blaue das umstrittene „Krim-Referendum“ 2014 beobachteten, erreichte die politische Kooperation im Dezember 2016 mit der Vereinbarung zwischen der FPÖ und der Kreml-Partei „Einiges Russland“ einen Höhepunkt. Hintermann ist Straches Vize Johann Gudenus, der in Moskau an der Diplomatischen Hochschule studiert hat. Gudenus wetterte bereits 2014 in Moskau gegen eine europäische „Homosexuellenlobby“.