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Pfeifkonzert und Buhrufe für Faymann

Von Annette Gantner   02.Mai 2016

Traditionell ist der Maiaufmarsch in Wien eine Demonstration der roten Macht. Gestern wurde es eine Demütigung für den SP-Vorsitzenden. Auf zahlreichen Transparenten stand "Rücktritt" oder "Parteitag jetzt" zu lesen. Einige Anhänger aus Werner Faymanns Heimatbezirk Liesing hielten mit "Werner, der Kurs stimmt!"-Plakaten dagegen.

Als der Kanzler am Rathausplatz zu seiner Rede ansetzte, erschallte ein Pfeifkonzert. Ein Platzsprecher sah sich zur Durchsage genötigt: "Wir bitten, dem Genossen Faymann fair zuzuhören." Nach nur fünf Minuten beendete er unter Buhrufen seine Ansprache.

Als Wiens Bürgermeister und SP-Königsmacher Michael Häupl ans Pult trat, wurde es vorübergehend mucksmäuschenstill im Publikum. Der Weg vom "Hosianna" zum "Kreuzige ihn" sei ein kurzer, zog Häupl biblische Vergleiche. In St. Pölten habe die SPÖ 59 Prozent erhalten, eine Woche später bei der Hofburg-Wahl elf. Man müsse nun sehr intensiv nachdenken und inhaltliche statt "vordergründige Personaldebatten" führen, stellte er sich vor Faymann.

 

Gegen Rot-Blau

Doch auch die inhaltliche Debatte wird für die SPÖ schwierig zu führen sein, auch wenn Häupl hier seiner Linie treu bleiben will. "Ich sage ganz klar, es gibt unzählige Gründe, keine Regierungsarbeit mit der FPÖ zu machen", tönte er unter Applaus.

Gerade dieses Thema könnte zur Zerreißprobe für die SPÖ werden. Als nach Häupl ÖGB-Präsident Erich Foglar ans Mikrofon trat, ertönten laute Pfiffe.

Er hatte sich in einem aktuellen "profil"-Interview für eine Öffnung zur FPÖ ausgesprochen. "Wir können nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen", sagte Foglar dort. Viele, die heute FP-Kandidat Norbert Hofer ihre Stimme geben, seien ehemalige SP-Wähler und diese "verstehen schon lange nicht mehr, warum ihre demokratische Entscheidung nicht akzeptiert wird".

Auf dem Rathausplatz ging Foglar gar nicht erst auf seine jüngsten Aussagen ein. Stattdessen sprach er über die Mindestsicherung und seine Unterstützung für Bundespräsidentschafts-Kandidat Alexander Van der Bellen.

Ausgeräumt ist die Debatte damit keinesfalls. Faymann bekräftigte, dass es mit ihm an der Spitze keine rot-blaue Koalition geben werde. Parteigranden schlossen in inoffiziellen Gesprächen nicht aus, dass es schon bald eine Mitgliederbefragung geben könnte, in der die Basis über die Öffnung zur FPÖ entscheidet. Denn im Burgenland und in vielen Städten und Gemeinden arbeiten SPÖ und FPÖ längst zusammen. Selbst die Wiener SPÖ ist in der Frage gespalten.

Wiener SPÖ tagt heute

Das 1.-Mai-Debakel dürfte die Situation für Faymann noch verschärft haben. Die Wiener SP tritt heute zusammen, um über die SP-Krise zu beratschlagen. Es ist ungewiss, wie lange Häupl noch Faymann hält. Auf Bundesebene wurde der Parteivorstand auf 9. Mai vorverlegt. Theoretisch kann dieser einen neuen Termin für den SP-Parteitag fixieren. Faymann präferiert Mitte November.

Der Kanzler versuchte die gestrige Demütigung im Anschluss kleinzureden: "Kritik muss man aushalten und ernst nehmen, aber der Kurs ist richtig." SP-Geschäftsführer Gerhard Schmid mutmaßte, dass unter den Buhrufern "sicher auch Leute dabei waren, die mit der SPÖ nichts zu tun haben".

 

Zitate

"Es ist ziemlich erstaunlich, wie sehr sich ein Spruch wahr gemacht hat: Nämlich wie kurz der Weg zwischen dem ‘Hosianna’ und dem ‘Kreuzige ihn!’ ist.“
Michael Häupl, der Wiener Bürgermeister ist bibelkundig

„Man kann die 35 Prozent Hofer-Wähler nicht ins rechte Eck rücken. Wir können nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ ausschließen.“
Erich Foglar, der Gewerkschafts-Chef spricht sich im „profil“ für eine Öffnung zur FPÖ aus

„Wir stehen für die Umverteilung, für die Millionärssteuer und für Gerechtigkeit!“
Renate Brauner, die Wiener Stadträtin erinnerte auf dem Rathausplatz an rote Grundwerte

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