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Mitterlehner-Rede mit Plädoyer für Globalisierung

Von nachrichten.at/apa   21.Oktober 2016

Inhaltlich forderte der VP-Chef eine Arbeitszeitflexibilisierung per Gesetz, eine Ökologisierung des Steuersystems, Studiengebühren und eine Lehrlingsausbildung für erwachsene Flüchtlinge.

Österreich müsse ein Land sein, "das Globalisierung als Chance und nicht als Bedrohung sieht", forderte Mitterlehner. "Nicht glauben, dass der Staat alle Probleme aussperren kann, nicht warten, bis der Staat etwas tut", so der VP-Chef - passend zum hinter ihm auf einem Großbildschirm prangenden Motto der Veranstaltung "Nur Mut bringt uns weiter".

Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wünscht sich Mitterlehner einer Senkung der Körperschaftsteuer auf Unternehmensgewinne und eine Lohnnebenkostensenkung. Im Gegenzug kann sich der VP-Chef eine Ökologisierung des Steuersystems (sprich: höhere Energiesteuern) vorstellen - allerdings nur "im internationalen Gleichklang", wie er versicherte.

"Arbeit, die zum Leben passt"

Außerdem deponierte Mitterlehner die Forderung nach einer Arbeitszeitflexibilisierung per Gesetz - mit der Möglichkeit von Sondervereinbarungen auf Betriebsebene. "Deswegen brauchen wir das direkt im Gesetz, nicht in 900 Kollektivverträgen", so der Vizekanzler. "Wir müssen dann arbeiten, wenn die Arbeit anfällt. Unser Motto: Arbeit, die zum Leben passt, nicht umgekehrt."

Die Kürzungspläne der ÖVP bei der Mindestsicherung verteidigte Mitterlehner. Die Frage, ob er persönlich von 560 Euro monatlich leben könnte, ist für ihn nicht relevant. "Die Frage ist nicht, ob ich das persönlich kann, sondern wie die Lebenssituation ist." Die Mindestsicherung sei keine "Dauersubvention", sondern eine "Überbrückungshilfe". Wenn jemand mit Mindestsicherung und Wohnbeihilfe mehr bekomme als ein Arbeitnehmer, sei das ein Problem.

Mit Verweis auf die anstehende Integration der Flüchtlinge wünschte sich Mitterlehner einer Lehrlingsausbildung für Erwachsene. Neuerlich plädierte er für die Wiedereinführung der Studiengebühren bei gleichzeitigem Ausbau der Stipendien. Die SPÖ hatte das bereits im Sommer abgelehnt.

Freihandel bringt Wohlstand und Jobs

Mitterlehner gab bei seiner Grundsatzrede wieder einmal ein Plädoyer für das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, CETA, ab. Freihandel bringe Wohlstand, sagte der ÖVP-Chef, während im Saal auch der kanadischen Botschafter in Österreich, Mark Bailey, zuhörte. "Nur auf den Weltmärkten liegt unsere Zukunft, unsere Chancen und unser Wohlstand".

Jeder Prozentpunkt im Export mehr bringe zehntausend Arbeitsplätze mehr in Österreich. Für die Exporte brauche man auch Spielregeln. Österreich habe 97 Freihandelsabkommen und habe damit nie Probleme gehabt. Kanada sei nicht die USA, sondern ein Land mit 37 Millionen Einwohnern und mit ähnlicher Kultur. Die scharfe Kritik aus Österreich an CETA, das sogar als "Höllenpakt" bezeichnet worden sei, sei "eine bedauerliche Entwicklung". Auch zu sagen "das ist uns aufgezwungen worden, das machen wir nie wieder", sei bedauerlich. Mitterlehner präsentierte dem Publikum stolz einen Puck einer kanadischen Eishockeymannschaft, mit der Aufschrift "Made in EU".

In Zeiten der Globalisierung müsse man verbindliche Spielregeln für den Austausch entwickeln, die zu einer win-win-Situation für alle führten. "Wer Freihandelsverträge nicht will, soll auch sagen dass ihm Arbeitsplätze egal sind", rief der Minister: "Unser Wohlstand kommt vom Handel".

Die EU sollte sich auf die Lösungen für große Probleme wie die Flüchtlingskrise konzentrieren, appellierte Mitterlehner, statt immer mehr Kleinigkeiten zu regeln. Als Beispiel führte er die Allergene an, die laut EU gekennzeichnet werden müssen, wo aber jeder Betroffene sich selber kümmern könne. Der Vizekanzler kritisierte auch, dass EU-Regeln in Österreich noch verschärft würden, etwa Grenzwerte. "Weg mit dem Übererfüllen von EU-Vorschriften", sagte er: "Wir brauchen eine EU, die für große Probleme große Lösungen schafft, aber sich nicht dort einmischt wo Mitgliedsstaaten ihre Probleme mit Subsidiarität besser selber lösen".

Zur europaweit geführten Debatte, ob Sparen oder mehr Investitionsausgaben der richtige Weg seien die Wirtschaft anzukurbeln, nannte Mitterlehner die "Schwäbische Hausfrau" ein gutes Bild: Was man nicht ausgebe, müsse man nicht verdienen: "Schulden sind verantwortungslos und das unsozialste überhaupt". Der ÖVP-Politiker erinnerte an den verstorbenen Bundeskanzler Bruno Kreisky, dem mehr Schulden weniger Sorgen bereiteten als mehr Arbeitslose. "Letztlich hatten wir beides", kritisierte er. Daher solle Österreich eine "leistungsorientierte und effiziente Budgetpolitik" betreiben.

Auch die hohen Sozialausgaben kritisierte der ÖVP-Politiker. "Bei uns wird kräftig umverteilt, aber dadurch verlieren wir an internationaler Konkurrenzfähigkeit". Die Sozialausgaben machten einen viel größeren Teil des Budgets aus als die Ausgaben für Bildung und Forschung. Österreich habe die vierthöchste Abgabenquote in der EU. Man solle "weg von einem Steuersystem, das die Menschen bestraft" kommen und hin zu einem Steuersystem das motiviert. In dem Zuge sollte auch die kalte Progression abgeschafft werden, und zwar durch einen Automatismus im Steuersystem.

Statt die Bürger durch zuviele Regulierungen zu verärgern, sollte generell mehr auf positive Beispiele und Anreize gesetzt werden, plädierte er für "Nudging". An die Stelle von Verboten und Geboten sollte mehr eigene Motivation treten. Als Beispiel nannte er Großbritannien, wo den Bürgern brieflich mitgeteilt wurde, dass die Mehrheit der Briten ihre Steuern pünktlich zahle - daraufhin seien die Steuern pünktlicher bezahlt worden.

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