Jeder Vierte wünscht sich einen "starken Führer"

Von Jasmin Bürger   20.April 2017

Für die Mehrheit der Österreicher gibt es kein Rütteln an der Demokratie: Mehr als drei Viertel (78 Prozent) sehen darin die beste Regierungsform. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage von Sora im Auftrag des Zukunftsfonds der Republik und die gute Nachricht dieser Studie.

Bedenklich stimmt, was der Rest über das politische System denkt: 23 Prozent, fast jeder vierte Österreicher, wünschen sich einen „starken Führer, der sich nicht um ein Parlament und Wahlen kümmern muss“. Noch vor zehn Jahren befürworteten nur 14 Prozent einen Schwenk zur Diktatur. Die abgeschwächte Frage, ob das Land eine „starken Mann“ an der Spitze brauche, bejahen 43 Prozent.

Verantwortlich für die steigende Zustimmung zu autoritären Systemen sind mehrere Faktoren: So ist die Zufriedenheit mit dem politischen System in Österreich in den vergangenen zehn Jahren gesunken, nur noch jeder dritte Österreicher ist mit der Demokratie im Land zufrieden. Jeder Zweite hat zudem das Gefühl, keine Mitsprache zu haben (2007: 42 Prozent). Stark gewachsen ist die allgemeine Unsicherheit, was wiederum die Zustimmung zu einer „Law and order-Politik“ von 53 auf 61 Prozent steigen hat lassen.

NS-Zeit: Gutes und Schlechtes

Ebenfalls beschäftigt hat sich die Umfrage mit dem Geschichtsbewusstsein der Österreicher über die NS-Zeit. Für die Hälfte hat die Zeit „nur“ oder „großteils Schlechtes“ gebracht, ein Drittel sieht Gutes wie Schlechtes.
Dass gerade jüngere Österreicher verstärkt keine Einschätzung über Österreichs dunkle Vergangenheit wagen, ist für Zeithistoriker Oliver Rathkolb ein „irritierendes Ergebnis“: Mehr als jeder zweite 15- bis 20-Jährige antwortete mit „weiß nicht“, auf die Frage, was die NS-Zeit gebracht habe.

Generell zeigt sich: Je jünger und je schlechter gebildet, desto größer Unsicherheit und Unzufriedenheit mit der Demokratie und Anfälligkeit für autoritäre Zugänge.
Insgesamt ist laut Studienautoren jeder zehnte Österreicher durchgängig autoritär eingestellt und auch Anhänger der NS-Zeit.

Einen Handlungsauftrag sieht Rathkolb vor allem im mangelnden Geschichtsbewusstsein: „Auch das Ergebnis des türkischen Verfassungsreferendums unter Austro-Türken ist Ergebnis dieser Versäumnisse in der Bildungs- und Integrationspolitik“. Er fordert mehr zeitgeschichtliche Bildung auch an Pflicht- und Berufsschulen.

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