„Jägerstätter hat Menschen schon zu Lebzeiten bewegt“
BRANDENBURG/HAVEL. Am Freitag jährt es sich zum 70. Mal, dass der Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter vom NS-Regime hingerichtet wurde. Jägerstätter-Biografin Erna Putz über die Bedeutung des NS-Gegners heute.
Lange haben sich Gesellschaft und römisch-katholische Kirche mit dem Bauern aus St. Radegund schwergetan. Einstige Wehrmachtssoldaten fühlten sich angegriffen: Wenn Jägerstätter richtig gehandelt hat, was ist dann mit ihnen? Über die Wirkung des 2007 seliggesprochenen Innviertlers sprachen die OÖN mit Jägerstätter-Biografin Erna Putz.
OÖNachrichten: Für das Jägerstätter-Stück beim Theatersommer Haag mussten Zusatzvorstellungen eingeschoben werden. Dass es für ihn einmal so positives Interesse geben würde, war 1945 kaum absehbar ...
Erna Putz: Es gab immer beides: Jägerstätter hat Menschen schon zu Lebzeiten bewegt und beeinflusst. Gleichzeitig wurde er nicht verstanden, zum Beispiel vom damaligen Linzer Bischof Fließer. In Österreich hat man aus dem Buch des US-Soziologen Gordon Zahn und den Film „Der Fall Jägerstätter“ von Axel Corti (1971) mehr über ihn erfahren. Als dann die Anfragen nach einer Seligsprechung kamen, haben Kreise ehemaliger Wehrmachtssoldaten gedroht, die Mitglieder des Kameradschaftsbundes würden aus der Kirche austreten. Andere Kriegsteilnehmer sind aber zu den Jägerstätter-Gedenkfeiern gekommen.
Die Kirche hat lange zur Unterordnung unter die Obrigkeit aufgerufen – mit Hinweis auf den Paulus-Satz, wonach jede Obrigkeit von Gott sei. Was hat es ihr ermöglicht, den unbequemen Jägerstätter doch anzuerkennen?
Auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde das Gewissen des Einzelnen betont – gerade auch mit Bezug auf Jägerstätter. Benedikt XVI. hat die Seligsprechung so begründet: Jägerstätter habe „sein Leben hingegeben in hochherziger Selbstverleugnung, mit aufrichtigem Gewissen, in Treue zum Evangelium und für die Würde der menschlichen Person“. Da zeigt sich die Veränderung: Bischof Fließer hatte noch gesagt, Jägerstätter dürfe nicht selbst entscheiden, was ein ungerechter Krieg ist.
Hat Jägerstätter jeden Krieg abgelehnt oder galt seine Verweigerung ganz konkret dem Angriffskrieg des verbrecherischen NS-Regimes?
Jägerstätter verweigerte die Kriegsdienst, weil er an Hitlers Eroberungskrieg nicht mitwirken wollte. Beim „Anschluss“ 1938 hat Jägerstätter gesagt, man hätte Österreich verteidigen sollen. Während des Krieges schrieb er, die anderen Völker hätten angesichts des deutschen Angriffskrieges wenigstens ein Recht, sich zu verteidigen; der Wehrmacht müsste Gott die Waffen aus der Hand schlagen. Je mehr sich Jägerstätter im Gefängnis dann mit dem Thema beschäftigt hat, umso mehr hat er den Widersinn des Krieges insgesamt gesehen. Darauf deutet auch eine Passage aus dem Urteil gegen ihn hin.
Welche Bedeutung hatten Kriegsdienstverweigerer aus religiösen Gründen – in der Mehrzahl Zeugen Jehovas – für das NS-Regime?
Ich habe gestaunt, als ich vor rund 20 Jahren in Prag die Akten des Reichskriegsgerichts durchgesehen habe: Das Gericht und das Oberkommando der Wehrmacht hatten Angst vor Kriegsdienstverweigerung aus religiösen Gründen. Sie dachten, das könnte sich ausbreiten. Immer wieder hieß es, dieser Gedanke müsse zusammen mit dem konkreten Verweigerer vernichtet werden.
Jägerstätter gilt als Vorbild in der Treue zu seinem Gewissen. Nachdem sich die Umstände verändert haben, bleibt die Frage: Worin genau ist er Vorbild? Wer kann sich auf ihn berufen?
Bei ihm geht es um ein informiertes Gewissen: Sich zu informieren war für ihn eine ganz starke Verpflichtung. Er hat sich auch mit anderen Menschen beraten und vieles niedergeschrieben, um Rechenschaft abzulegen. Wer sich Jägerstätter als Vorbild nimmt, der muss das auch in seiner Gründlichkeit und genauen Analyse tun.
Der israelische Dramatiker Joshua Sobol hat Jägerstätter in Zusammenhang gebracht mit den „Refuseniks“, israelischen Soldaten, die sich weigerten, in den besetzten palästinensischen Gebieten Militärdienst zu leisten. Ist das zulässig?
Natürlich kann man NS-Deutschland nicht mit dem Staat Israel gleichsetzen. Aber ganz allgemein gesprochen: Für den Einzelnen gibt es immer wieder die Frage: Was kann ich noch verantworten, wie nehme ich meine Verantwortung wahr? Die Antwort der israelischen Soldaten ist differenziert: Sie verweigerten den Militärdienst für ihr Land ja nicht generell.
Franziska Jägerstätter ist heuer knapp nach ihrem 100. Geburtstag verstorben. Wie wird ihre Rolle als diejenige, die zu ihrem Mann und seiner Entscheidung gestanden ist, wahrgenommen?
Ihre Rolle war auch die, Menschen zur Begegnung mit dem Vermächtnis ihres Mannes einzuladen. Die Katholische Männerbewegung hat jüngst die Seligsprechung von Franziska vorgeschlagen. Da gibt es aus meiner Sicht in der Kirche vernünftige Fristen dafür. Ich denke, wir sollten uns jetzt ein bisschen Zeit lassen.
Jägerstätter-Gedenken
Franz Jägerstätter wurde am 9. August 1943 vom NS-Regime als Kriegsdienstverweigerer in Brandenburg/Havel enthauptet. Zum 70. Todestag gibt es morgen einen Vortrag zum Thema „Franz Jägerstätter und die Bibel“ um 10 Uhr im Pfarrheim Tarsdorf. Um 13.30 Uhr startet in Tarsdorf eine Wallfahrt zur Pfarrkirche St. Radegund, der Heimat Jägerstätters. Um 16 Uhr ist dort eine Andacht, um 19.30 Uhr ein Gottesdienst mit Altbischof Aichern. Gedenkveranstaltungen gibt es auch in Brandenburg und in London.
den schon jahrzehnte toten Jägerstätter einen Zirkus und Kult machen, können welche, die heute aus diversen (Gewissens-)gründen gegen "das System" agieren, ruhig verrecken.
Siehe Herr Snwoden. Denn für solche ist das offizielle Europa zu feige, etwas zu unternehmen. Da huldigen sie lieber dem Jägerstätter, lassen ihn auch ein wenig selig oder gar heilig sprechen usw.
Jägerstätter kann niemand mehr helfen, den haben die Würmer gefressen, aber jenen, denen man helfen könnte, weil sie etas nützliches für die Bürger getan haben, denen will keiner helfen. Aus Feigheit.
Die ganzen Armleuchter, die nichts für Snowde u.a. tun wollen, sollen sich auch nicht im sympathischen Jägerstätter-Licht sonnen dürfen.
Und mir is diese ganze Helden-Stilisierung und Helden-Verehrung ohnehin suspekt. Seinerzeit hat die Kirche Jägerstätter nicht haben wollen und lieber Kanonen gesegnet, heute wird er zum Super-Helden hochstilisiert und Hupfi ist auch dabei, denn das gibt Sympathie-Werte.
die katholischen Priester (soferne noch nicht zu alt und schwach) wieder die Waffen und lassen das dumme Volk den Heldentod sterben und lesen dann eine Messe für die Gefallenen.
Und huldigen ganz nebenbei dem Jägerstätter.
Und die Politiker und Generäle schicken die armen Teufel wieder an die Front, wo sie für etwas kämpfen, das nie ihre Sache war und sein wird.
Die Menschheit wird selten klüger...
setzt sich aber aus Menschen mit Gehirnen zusammen, die entscheiden müssen, was ihre Sache ist und was nicht.
ein Zeuge Jehova
Sei do net SO pingelig!
;-)
haben ebenfalls den Kriegsdienst
verweigert und wurden auch hingerichtet!
F. Jägerstätter war katholisch und hat
gegen die Empfehlungen der Kirchenleitung
auch den Kriegsdienst verweigert!
Ich finde, er sollte als Symbolfigur
Anerkennung finden, den übrigen Hingerichteten
muss man den gleichen Respekt zollen!
Dass es für ihn einmal so positives Interesse
geben würde, war 1945 kaum absehbar ...
Das ist für manche in dem Gaj noch immer
NICHT einsehbar!
Außerhalb der Gemeinde auch nicht, wie
man an einigen Beiträgen sehen kann!
Geschichten mit dem komischen Seeligen fad!
und mit seiner haltung hat er weder ein anderes menschenleben gerettet noch irgend einen kriegsverkürzenden beitrag geleistet. es bleibt aber jedem menschen frei gestellt vorzeitig aus dem leben zu scheiden aus welchem grund auch immer. das die kirche den tod zu ihrem gunsten ausschlachtet finde ich einfach nur abartig, denn für für etwas abstraktes sein einziges leben zu lassen kann niemals von anderen gutiert werden.
und er ging NICHT hin!
Hätten das nur viel mehr gemacht!
Die macht des dummen Volkes ist die Ohnmacht!
...
in diesen grässliche krieg eingezogen, mit fünf körperlichen verwundungen und schweren seelischen dauerschäden hat ihn diese fratze krieg wieder ausgespuckt ...
wir hatten es nicht leicht mit ihm, obwohl er im grunde ein herzensguter mensch war, aber eben doch AUCH in vielerlei hinsicht ZUGRUNDEGERICHTET!
was hätte er denn, wie seine gleich alten kameraden auch, machen sollen?
"es ist krieg und keiner geht hin", mag ja für 70 jahre eine solo-veranstaltung sein, aber für die millionen war das bestimmt KEINE realtische option?
keine frage, ich respektiere die haltung jägerstätters, aber auf die massen, die sich NICHT freiwillg die köpfe hat wegschiessen lassen dürfen, wird allzugerne VERGESSEN!
normal ist das bestimmt NICHT!
Menschen gegen Menschen?!
Die Perversion der Unterdrückung und
der Mordlust!