Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Internationale Pressestimmen zum Faymann-Rücktritt

Von nachrichten.at/apa, 10. Mai 2016, 13:55 Uhr
Werner Faymanns Abgang Bild: (APA)

Zum Rücktritt von Bundeskanzler Werner Faymann schreiben die internationalen Zeitungen am Dienstag:

Neue Zürcher Zeitung: "Schon seit Jahren verliert die SPÖ ihre Stammwähler nach rechts an die Freiheitlichen oder nach links an die Grünen, wie die Bundespräsidentenwahl besonders drastisch gezeigt hat. Darauf hat die Partei keine Antwort gefunden, ihr Kurs wird in der ungeliebten Koalition mit der konservativen ÖVP verwässert und ist kaum noch definierbar. Dazu kommt die Zerrissenheit der Sozialdemokraten in der Asylpolitik und im Verhältnis zur FPÖ...Österreichs Sozialdemokraten haben unter Werner Faymann fast jede Wahl verloren und kaum Akzente setzen können. Dennoch regierten nur drei Kanzler die Republik länger... Seine Politik war nie von grossen Visionen geprägt, doch führte er in der grossen Koalition mit der ÖVP das Land einigermassen unbeschadet durch die Wirtschafts- und Finanzkrise. Die dringend notwendigen Reformen gelangen jedoch kaum, zu oft konnten sich die beiden heterogenen Parteien nur auf einen Minimalkompromiss einigen... Was Kritiker als Sesselkleberei eines Funktionärs bemängeln, der zeit seines Lebens von der Politik lebte, machte Faymann immerhin zum am längsten amtierenden Bundeskanzler Österreichs nach Bruno Kreisky, Franz Vranitzky (beide SPÖ) und Julius Raab (ÖVP). Sie alle haben das Land tiefgreifender geprägt als Faymann, der eher als Verwalter denn als Gestalter in Erinnerung bleiben wird.

Tages-Anzeiger (Zürich): "Keine Diskussionen zulassen, niemanden einbeziehen: Werner Faymann trat so als österreichischer Kanzler zurück, wie er jahrelang regiert hatte... Viel zu lange ignorierte Faymann die ideologischen Gräben in seiner Partei. Die Frage, wie man mit Rechtspopulisten umgehen soll, spaltet die SPÖ... Noch mehr Vertrauen verspielte Faymann in der Flüchtlingspolitik. Der Schwenk weg von der Zusammenarbeit mit Deutschland hin zur Abschottung mit Grenzzäunen und Limiten für Asylbewerber verärgerte den linken Flügel der SPÖ, brachte bei den Präsidentenwahlen aber keine Wählerstimmen... Die FPÖ holt die Unzufriedenen mit simplen Parolen und Schuldzuweisungen ab. Faymann ist für die Freiheitlichen der personifizierte Stillstand... Faymann hörte nur auf ein paar Genossen, die er seit Jugendtagen kennt, und auf den Politikchef des Boulevardblatts 'Kronen Zeitung'."

Frankfurter Rundschau: "Die große Koalition hat Österreich einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert, wie nur wenige Länder ihn erfahren haben. Aber sie hatte auch das Land unter sich aufgeteilt. Neben dem Bündnis aus ÖVP und Sozialdemokraten hatte jahrzehntelang niemand - schon gar nicht eine andere Partei - eine Chance. Die große Koalition war alternativlos. Das ließ sie die Bürger spüren. Links von ihr gab es in den Augen der Regierungspartner nur Spinner, rechts nur Reaktionäre. Wie die gesellschaftliche Mitte in Österreich sich mehr und mehr einspinnen ließ von der seit dreißig Jahren fremdenfeindlichen FPÖ, das hat weniger mit dieser Partei und auch nicht so viel mit der Flüchtlingsfrage zu tun als vielmehr mit dem Gebaren der Parteien der großen Koalition."

Magyar Idök (Budapest): "Der erste Hausmeister des Beamtenlandes war nicht dazu imstande, den Hof normal aufzuwischen, den Mülleimer rauszutragen und jeden Abend das Tor gut zu verschließen, damit sich nicht nachts jemand hereinschleichen kann. Deshalb war die Geduld der Bewohner am Ende, und bevor die Mieterversammlung den Hausmeister zu verjagen vermochte, nahm dieser seinen Arbeitskittel und trat ab, auf die denkbar unwürdigste Weise. (...) Faymann ist aber kein Einzelfall. In zahlreichen Ländern Europas regieren Hausmeister und Bürokraten. (...) Faymann und seine Gesinnungsgenossen sind unfähig, auch nur eine einzige Entscheidung zu treffen, denn das hieße, Verantwortung zu übernehmen. (...) Diese Mentalität macht die EU unentschlossen, langsam, grau, zum zerstrittenen Haufen und zur lahmen Ente."

Lidove noviny (Prag): "In einem ruhigen Land, wie Österreich eines ist, treten Spitzenpolitiker nicht ohne Warnung und ohne einen klaren Nachfolger ab. Doch Bundeskanzler Werner Faymann hat genau dies getan. Er ist zurückgetreten, weil die Regierung seiner Ansicht nach einen Neustart braucht. Mit dem Wort Restart verbindet man Schwierigkeiten seit der Zeit, als US-Präsident Barack Obama die Beziehungen zu Russland neu starten wollte. Der österreichische Neustart soll die Regierung der etablierten Parteien mitten im Wirbel der Veränderungen schützen. Sie werden von Grünen und Rechtspopulisten an den Rand gedrängt, die sich die Hände nicht schmutzig gemacht haben, als die alten Parteien sich in großen Koalitionen den Staat untereinander aufgeteilt haben."

El Pais (Madrid): "Werner Faymann ist das bisher bedeutendste politische Opfer der Flüchtlingskrise. Der Rücktritt des österreichischen Kanzlers ist eine Botschaft an andere europäische Führer, die der Versuchung erliegen könnten, die Grundprinzipien der EU zu opfern aus Angst, Terrain an den Populismus der extremen Rechten zu verlieren. Österreich hatte in der Flüchtlingsfrage zunächst die Politik der Öffnung und Integration der Merkel-Regierung in Deutschland unterstützt, dann aber eine Wende zu einer harten Linie vollzogen. Dafür zahlt die Regierung nun den Preis. Faymanns Kurswandel hielt den Vormarsch der populistischen Rechten nicht auf, führte aber zu einem Vertrauensverlust bei den fortschrittlichen Wählern. Die Lehre lautet: Zugeständnisse an den ausländerfeindlichen Populismus stoppen diesen nicht, sondern legitimieren dessen Parolen."

Vecer (Maribor): "Faymann hat mit seinem plötzlichen Rücktritt - aller Wahrscheinlichkeit nach aus Gekränktheit, da er jeglichen Widerstand nicht gut vertragen soll - vielleicht den entscheidenden Nagel in den Sarg der Zweiten Republik eingeschlagen. Es ist nicht ganz wahr, dass er mit seinem Rücktritt lediglich die Verantwortung für den Misserfolg bei der Präsidentenwahl übernommen hat. Denn die Sozialdemokraten haben unter seiner Führung 19 von 21 Wahlen auf der Bundes- und Landesebene verloren. Viel mehr hat er mit möglichen vorgezogenen Parlamentswahlen schon heuer im September den populistischen Freiheitlichen die Tür in die Regierung weit geöffnet. Diese genießen derzeit laut Umfragen eine Unterstützung von rund 30 Prozent, beide Großparteien kommen hingegen zusammen nicht mehr über 50 Prozent."

Delo (Ljubljana): "In einer anderen Branche hätte man den Direktor schon zuvor gefeuert, wenn er solch katastrophale Resultate wie Faymann aufweisen würde, dessen Partei die letzten 18 Wahlen verloren hat. Auch bei etwaigen vorgezogenen Wahlen, die sein Rücktritt herbeiführen könnte, zeigen die Umfragen kein rosiges Bild. Das ist aber nicht nur die Schuld von Faymann, der lediglich eine immer mehr gespaltene Partei verkörperte. In einem verzweifelten Versuch, ihre traditionelle Koalition von Arbeiter- und intellektueller Wählerschaft zu erhalten, hat sich die SPÖ in eine selbstzerstörerische Strategie verfangen. Wenn sie gedacht hat, mit der Verschärfung der Flüchtlingspolitik das Proletariat, das weitgehend zu den Freiheitlichen überlaufen war, wieder anzuziehen, hat sie falsch kalkuliert. Gleichzeitig verlor sie damit auch die Anhänger unter den liberalen Intellektuellen. Diese könnten zurückkehren, wenn sich die Partei wieder für die Politik der offeneren Tür für die Flüchtlinge einsetzt. Vor dem Untergang werden sich die Sozialdemokraten aber nur dann retten können, wenn sie eine Antwort finden, wie die verlorenen Seelen der proletarischen Wähler wieder zu gewinnen sind."

Repubblica (Rom): "Der Sozialdemokrat Faymann wird von den Ergebnissen des ersten Wahlgangs der Präsidentschaftswahlen überrollt, aus der der Europa-Skeptiker und Einwanderungsgegner Norbert Hofer als klarer Sieger hervorgegangen ist. Faymann muss aber auch wegen der Diskussion Polemik um die 'Brenner-Mauer' gehen, die seine Regierung genehmigt hat."

Corriere della Sera (Mailand): "Faymann ist Opfer des Wählerprotests gegen die traditionellen Machtstrukturen, die nicht mit den neuen Notständen Schritt halten, angefangen von der Flüchtlingskrise. (...) Die Drohung, eine Sperre an der Grenze zu Italien zu errichten, war Teil einer Strategie, der aufsteigenden ausländerfeindlichen Rechten nachzujagen und der FPÖ das Monopol der Debatte über die Sicherheit zu entreißen. Mit dem Rücktritt des Kanzlers unternimmt die Regierung einen extremen Neupositionierungsversuch, um an Boden zurückzugewinnen."

La Stampa (Turin): "Was geschieht jetzt im Österreich der Mauern, der extremen Rechten, die aus dem Wahlgang am 24. April als klarer Sieger hervorgegangen ist, der großen Parteien, die in eine präzedenzlose Krise gerutscht sind? Interimistisch übernimmt Reinhold Mitterlehner das Ruder der ÖVP. Er wird versuchen, einen Anschein von Stabilität in der Regierungskoalition zu bewahren."

Il Messaggero (Rom): "Die große Frage ist jetzt, ob Neuwahlen notwendig sein werden. Die beiden Parteien der großen Regierungskoalition - ÖVP und SPÖ - die von einem chronischen Stimmenschwund belastet sind, haben größtes Interesse, Neuwahlen so viel wie möglich zu hinauszuschieben. Neuwahlen wären nur ein Vorteil für die FPÖ. Dies bedeutet, dass FPÖ-Chef Heinz Christin Strache zum neuen Kanzler aufrücken könnte."

Mlada fronta Dnes (Prag): "Das Präsidentschafts-Debakel hat dem Bundeskanzler den Hals gebrochen (...). Faymann, der seit Ende 2008 Kanzler war, geriet nach dem Debakel des sozialdemokratischen Kandidaten in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen vor zwei Wochen sowie auch wegen seiner widersprüchlichen Haltung zu den Asyl-Gesetzen unter starken Druck in der eigenen Partei. Trotzdem wurde sein schneller Rücktritt nicht erwartet."

Pravo (Prag): "Faymann erachtet als politisches Vorbild seinen einstigen Vorgänger Bruno Kreisky, allerdings hielt er (Faymann) es nicht so lange an der Spitze der Regierung und der Sozialdemokratie aus. Während Kreisky die Partei fast 17 Jahre und die Regierung 13 Jahre führte, warf Faymann das Handtuch in beiden Fällen nach nicht einmal acht Jahren. Noch vor einer Woche dachte er gar nicht an Rücktritt, obwohl ihn seine Parteikollegen vom linken Parteiflügel bei seiner Rede am 1. Mai ausgepfiffen haben (...)."

The Guardian (Großbritannien): "Österreichs sozialdemokratischer Bundeskanzler ist unerwartet zurückgetreten. Er ist der erste bedeutende Politiker, der Opfer der Europäischen Flüchtlingskrise wird, nachdem er von seiner eigenen Partei beschuldigt wurde, den Rechtspopulisten bezüglich Errichtungen von Grenzzäunen nachgegeben zu haben."

Channel New Asia (Singapur): "Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann ist am Montag zurückgetreten. Er beugt sich einer Revolte innerhalb seiner sozialdemokratischen Partei, nachdem diese eine beschämende Wahlniederlage gegen die Rechtspopulisten - angetrieben durch die Europäische Flüchtlingskrise - eingesteckt hat."

The Ledger (USA): "Faymann ist ein hochkarätiges Opfer der in Europa stattfindenden Verlagerung zu den rechten Parteien. Diese (Verlagerung) droht nun einige Parteien, die seit dem Zweiten Weltkrieg dominieren, in die Bedeutungslosigkeit zu verbannen. Faymann hat gehofft, die Freiheitliche Partei (FPÖ) mit der Beendigung der Offenen Grenzpolitik für Flüchtlinge Anfang des Jahres zu stoppen. Dies hat ihm und seiner Partei aber nur geschadet. Während manche Sozialdemokraten diesen Schritt unterstützten, haben ihn andere beschuldigt, die humanitären Prinzipien der Partei zu verraten."

 

mehr aus Aktuelle Meldungen

Kriminelle Kinder: Polizei fordert Ausgangssperren

Lufthansa und Verdi geben Tariflösung für Bodenpersonal bekannt

Gebäck mit Tradition: Das Osterlamm

Vorsicht bei Bärlauch: Seine giftigen Doppelgänger und wie man sie erkennt

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

5  Kommentare
5  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Strachelos (7.167 Kommentare)
am 11.05.2016 09:16

bekommen wir einen Zahntechniker anstatt eines Hausmeisters ? Dann bin ich meine Goldzähne auch noch los.....

lädt ...
melden
antworten
Mandino50 (1.821 Kommentare)
am 11.05.2016 09:14

Es reicht wenn rechte Politik die FPÖ macht, denn dass können sie am besten. Die SPÖ soll sich wieder auf ihre Wurzeln besinnen, dann wird der Erfolg wieder kommen und genau dass befürchtet FPÖ und natürlich auch die ÖVP. Vielleicht sollte die SPÖ bei der Nächsten Nationalratswahlen in die Opposition gehen, damit sie wieder gesundet. Natürlich sollte die SPÖ mit der FPÖ verhandeln und diese FPÖ nicht mehr ausschließen, aber man wird trotzdem beim verhandeln erkennen, dass es keine Schnittmengen geben wird und darum wird es sowieso zu keiner Koalition kommen. Die Hauptsache ist, dass die FPÖ nicht mehr ausgeschlossen wird, auch wenn eine Zusammenarbeit sowieso schwierig sein wird.

lädt ...
melden
antworten
( Kommentare)
am 10.05.2016 22:46

eigentlich konnte ich den Werner ja ganz gut leiden.Aber als Bundeskanzler war er halt nicht der Richtige.Danke Werner für die vielen schönen Jahre.

lädt ...
melden
antworten
fischerlatein (543 Kommentare)
am 11.05.2016 11:47

Macht ja nichts, der derzeitige Goldpreis reicht für einen Urlaub. .

lädt ...
melden
antworten
amha (11.322 Kommentare)
am 10.05.2016 21:37

Magyar Idök charakterisiert den ehemaligen Hausmeister wohl am Treffendsten.

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen