Für 30.000 Schüler sollen ab Herbst "Deutschförderklassen" beginnen

Von Annette Gantner   23.Jänner 2018

Am Wochenende hatte Bildungsminister Heinz Faßmann (VP) mit der FPÖ um einen tragfähigen Kompromiss gerungen. Im Regierungsprogramm hatten sich beide Parteien darauf geeinigt, dass Kinder, die die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen, vorher in eigenen Klassen unterrichtet werden sollen.

Eine strikte Trennung zwischen den Schülern wird es nun aber nicht in allen Fächern geben. In Musik, Turnen, Zeichnen sollen deutschsprachige Kinder und jene, die es noch lernen müssen, gemeinsam unterrichtet werden.

Das neue Modell

Schon jetzt gibt es die Möglichkeit, dass Kinder mit Sprachdefiziten bis zu elf Stunden pro Woche Deutschunterricht erhalten – allerdings ist dies nicht verpflichtend, die Kinder werden nicht in eigenen Klassen zusammengefasst.

Künftig ist ein mehrstufiges Verfahren geplant. Stellt sich im Gespräch mit dem Schulleiter heraus, dass der neue Schüler die Sprache nicht zur Genüge beherrscht, dann wird er einem standardisierten Test unterzogen.

Im Ministerium wird damit gerechnet, dass insgesamt rund 30.000 Kinder die sprachlichen Erfordernisse nicht erfüllen. Sind weniger als sechs Schüler pro Standort betroffen, erfolgt die Sprachförderung im Regelunterricht. In allen anderen Fällen werden Deutschförderklassen geschaffen, in denen die Kinder im Grundschulalter 15 Stunden und in der Sekundarstufe 20 Stunden pro Woche unterrichtet werden. Wie etwa der Mathematikunterricht nachgeholt wird, ist offen.

Nach dem ersten Semester wird das Sprachniveau überprüft. Haben sich die Deutschkenntnisse verbessert, kann der Schüler in den Regelunterricht wechseln und erhält noch sechs zusätzliche Sprachförderstunden. Ansonsten bleibt er maximal zwei Jahre in der gesonderten Deutschklasse. Greifen soll das neue Modell schrittweise ab Herbst 2018. Faßmann rechnet mit einem Bedarf von zusätzlich 300 Lehrern. "Wir brauchen an den Schulen so viel Gemeinsamkeit wie möglich und so viel Differenzierung wie nötig", sagte Faßmann. Das Rad müsse nicht neu erfunden werden, verwies er auf Beispiele aus Deutschland und Kanada, wo es "Willkommensklassen" gebe.

Aus der SPÖ kam maßvolles Lob. Vorgängerin Sonja Hammerschmid begrüßte, dass Faßmann die bestehende Sprachförderung in Verbindung mit dem Regelunterricht ausbauen wolle. Vorsichtig positiv beurteilte auch Neos-Chef Matthias Strolz das Paket.

Reaktionen aus Oberösterreich

Oberösterreichs LH-Vize Manfred Haimbuchner (FP) und Bildungslandesrätin Christine Haberlander (VP) begrüßten die Pläne. Nur wer Deutsch beherrsche, könne auch dem Regelunterricht folgen.

Skeptischer die Opposition: SP-Geschäftsführerin Bettina Stadlbauer wollte wissen, wie Lehrer und Ausstattung finanziert werden. Rudi Anschober (G) befürchtet Ausgrenzung.
„Man muss individuell auf jeden Schüler eingehen“, sagte Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer. Die bisher gesetzten Maßnahmen hätten bereits gut gegriffen. In Oberösterreich gab es zuletzt 7000 außerordentliche Schüler.

„Es ist ein Irrtum zu glauben, dass es nur Kinder mit Migrationshintergrund trifft“, räumte Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Paul Kimberger ein.