Einigung auf Bildungspaket: Noten, Deutschklasse, Ganztagsschule

Von Annette Gantner   28.November 2017

Die Chefverhandler von ÖVP und FPÖ drücken bei den Koalitionsverhandlungen auf das Tempo. Zur Mittagsstunde kommen heute die schwarz-blauen Chefverhandler in der Hofburg zusammen, um das nächste Kapitel eines etwaigen Regierungsprogramms abzuhaken: die Bildung. 

Die Gruppe soll sich dem Vernehmen nach nun nahezu täglich sehen. Das Wunschziel der ÖVP ist es bekanntlich, noch vor Weihnachten einen Abschluss zu schaffen. Ein mögliches Szenario sieht vor, dass die ÖVP-FPÖ-Koalition bis zum Wochenende 8./9./10. Dezember stehen könnte.

VP-Obmann Sebastian Kurz und FP-Chef Heinz-Christian Strache wollen am Dienstag ihre Reformpläne für die Schulen vorlegen. Doch manch durchgesickerter Zukunftsplan erinnert eher an die Vergangenheit: Die Lehrer sollen wieder Schulnoten von Sehr gut bis Nicht genügend vergeben. "Notenwahrheit" nennen es die Verhandler.

Noten: Derzeit können Lehrer und Eltern in den ersten drei Volksschulklassen gemeinsam festlegen, ob die Kinder verbal beurteilt werden. Diese Möglichkeit soll es zwar weiterhin geben, verpflichtend sollen die Schüler aber wieder das altbekannte Zeugnis mit Noten erhalten.

An den Neuen Mittelschulen wurde ein siebenstufiges Notensystem eingeführt, das selbst von Bildungsexperten kritisch beurteilt wurde. Auch hier ist eine Rückkehr zum Notenzeugnis geplant.

nachrichten.at überträgt am Dienstag die Statements von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache nach den Koalitionsverhandlungen (voraussichtlicher Beginn 16.00 Uhr)

Deutschklassen: Wer ohne ausreichende Deutschkenntnisse in die Volksschule kommt, soll vorher die Sprache erlernen, bevor er am Unterricht teilnimmt. In Klassen, in denen nur wenige Kinder betroffen sind, können die Sprachbarrieren durch zusätzlichen Deutschunterricht ausgeräumt werden. Ab einer gewissen Zahl an Kindern sollen eigene Deutschklassen eingerichtet werden.

Bildungspflicht: Mehreren Studien zufolge hat jedes fünfte Kind in Österreich schwere Defizite beim Lesen, Schreiben und Rechnen. Künftig soll das Lernen nicht mit der Schulpflicht enden. Stattdessen wird eine Bildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr eingeführt. Wer die Schule beendet, ohne ausreichend die Grundkompetenzen zu beherrschen, soll weiterhin fortbildende Kurse besuchen müssen.

Bildungsreform: Noch vor dem Sommer hatten SPÖ, ÖVP und Grüne die lange verhandelte Bildungsreform beschlossen. An den Gesetzen will Schwarz-Blau dem Vernehmen nach nicht rütteln. Die Schulautonomie soll wie vorgesehen ausgebaut werden. Modellversuche für eine Gesamtschule dürften möglich bleiben, doch sind die Auflagen hier ohnehin groß. Die heftig umstrittenen Bildungsdirektionen als Nachfolgemodell der Landesschulräte sollen offenbar bleiben. "Es wäre nicht gut, in einen laufenden Prozess einzugreifen", heißt es aus Verhandlerkreisen.

Ganztagsschule: Unter SP-Kanzler Christian Kern war der Ausbau der Ganztagsschulen forciert worden. Bis 2025 sollen insgesamt 750 Millionen Euro in die ganztägige Schulform investiert werden. ÖVP und FPÖ wollen daran festhalten.

Neue Mittelschule: Die Kosten für die Neue Mittelschule und das Team Teaching sind laut Rechnungshof im Verhältnis zum Ergebnis zu hoch. Offenbar ist hier eine weitere Evaluierung geplant.

Neues Schulfach: Unter Schwarz-Blau soll unternehmerisches Denken stärker in den Schulunterricht eingebaut werden als Erweiterung von Geschichte und Politischer Bildung.

Kopftuchverbot: Kein Thema in der Bildungsgruppe war ein Kopftuchverbot im Klassenzimmer. Zu hören ist aber, dass darüber in der zehnköpfigen Steuerungsgruppe diskutiert werden soll.

All die Vorhaben wurden in der Bildungsgruppe akkordiert, heute werden sich noch einmal die Chefverhandler damit befassen. Eine Präsentation des Bildungspakets ist für den Nachmittag geplant.

Video: In täglichen Verhandlungen wollen die Chefverhandler offene Punkte klären.