BVT-Affäre: Gridling soll seit Wochen von Ermittlungen gewusst haben

Von nachrichten.at/apa   14.März 2018

Innen- und Justizministerium rechtfertigen die Hausdurchsuchungen in der Causa BVT damit, dass wegen drohender Löschung von Daten Gefahr im Verzug gewesen sei (mehr dazu weiter unten). Allerdings soll der jetzt suspendierte BVT-Chef Peter Gridling schon seit Anfang Februar von Ermittlungen wissen und auch zu einer Stellungnahme aufgefordert worden sein, berichten "Profil" und "Standard" in Vorausmeldungen.

Laut den Ermittlungsakten habe Gridling am 2. Februar vom Bundeskriminalamt eine Aufforderung zur Stellungnahme erhalten - im Zusammenhang mit der Weitergabe nordkoreanischer Passmuster an Südkorea. Seine Antwort wurde jedoch nicht abgewartet, am 28. Februar wurden die Räume des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sowie Privatwohnungen von Mitarbeitern unter Beiziehung der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität durchsucht.

Außerdem hat das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BKA) den Ermittlungskomplex Nordkorea bereits untersucht - und im Oktober 2017 festgestellt, man habe "nach einer Prüfung nichts gefunden, das Hinweise auf eine Zuständigkeit" der Korruptionsbekämpfer gäbe. Am 23. Jänner - mittlerweile war das Innenministerium in FPÖ-Hand - fragte das Bundeskriminalamt erst beim BVT nach, wie es zur Übergabe der Passrohlinge kam, Anfang Februar wurde Gridling zur Stellungnahme aufgefordert, berichteten "Standard" und "Profil" in Vorabmeldungen.

Video: Kurz (ÖVP) fordert Aufklärung in BVT-Causa

Gridling ist "sich keiner Schuld bewusst"

Der suspendierte Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Peter Gridling ist "sich keiner Schuld bewusst". In der "Tiroler Tageszeitung" kündigte er an, alles zu tun, um die Vorwürfe gegen seine Person zu entkräften. "Es ist mein gutes Recht, mich zu wehren. Das werde ich auch tun", wird Gridling auf "tt.com" zitiert. Er hat seinen Anwalt beauftragt aktiv zu werden.

Bis heute wisse er nicht, was ihm konkret vorgeworfen werde. Befragt zur Hausdurchsuchung und zum Schaden für das Bundesamt will Gridling vorerst nichts sagen. Er befindet nur, dass ihm vieles "suspekt" vorkomme.

Gridling war gestern von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zwar formal in seinem Amt bestätigt, gleich anschließend aber suspendiert worden – die OÖN berichteten. Als Grund gab der Ressortchef an, dass der Leiter des BVT von der Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt werde.

Razzien wegen "befürchteter Fernlöschung"

Justizminister Josef Moser (ÖVP) hatte am Mittwochvormittag nach Vorliegen des Berichts der Staatsanwaltschaft über die Causa BVT informiert. Demnach gibt es fünf Beschuldigte, namentlich genannt wird nur der suspendierte Behördenleiter Peter Gridling. Es gehe vor allem um den Vorwurf unterlassener Datenlöschung, so Moser. Die Hausdurchsuchungen seien wegen einer befürchteten Fernlöschung erfolgt.

Bereits im Juli 2017 sei ein Konvolut an Vorwürfen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingelangt. Nach einer Anzeige eines Anwalts begannen die Ermittlungen. Im Jänner 2018 wandte sich dann Peter Goldgruber, Generalsekretär des Innenministeriums, an die Staatsanwälte. Dieser Weg sei "ein zulässiger", wie sein Gegenüber im Justizministerium, Sektionschef Christian Pilnacek, betonte. Es sei dies in der Strafprozessordnung so vorgesehen. Im Monat darauf wurden insgesamt vier Zeugen, zwei davon in Begleitung eines Kabinettsmitarbeiters des Innenministeriums, vernommen.

Video: Justizminister Moser (ÖVP) zu den BVT-Razzien

Im Raum stehe primär der Vorwurf, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu löschende Daten nicht gelöscht wurden bzw. unzulässig Datenkopien angefertigt wurden, so Moser, es ging also um Amtsmissbrauch. Gridling wird vorgehalten, es trotz Kenntnis der Umstände mutwillig unterlassen zu haben, eine Löschung und damit die Herstellung eines gesetzeskonformen Zustands angeordnet zu haben.

Weil insbesondere eine Zeuge von der Möglichkeit einer Beweisvernichtung per Fernlöschung gesprochen habe, habe man eine Beweissicherung per Hausdurchsuchung für angezeigt gehalten, so der Minister. Der Anstoß, hier die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) zuzuziehen, sei von Goldgruber gekommen. Daran, dass die WKStA dieses Angebot angenommen habe, "ist keinerlei Kritik zu üben", betonte Pilnacek. Auch Moser bezeichnete dies als "nachvollziehbar".

Am 28. Februar kam es dann zu den Durchsuchungen, und zwar in mehreren Büros des BVT sowie an vier privaten Wohnadressen. Zu diesem Zeitpunkt gab es auch einen Bericht an die Oberstaatsanwaltschaft. Insgesamt 58 EGS-Beamte waren im Einsatz, und zwar "in normaler Straßenjustierung", wie Moser betonte. Mit dabei waren fünf Staatsanwälte und acht IT-Experten.

Die Datenträger und Kopien seien umgehend in einen besonders zugangsbeschränkten Raum gebracht worden. Einzelfalldaten oder die besonders heikle Extremismusdatenbank seien "nie das Zielobjekt" gewesen, betonte Pilnacek: "Die ist nicht einmal angesehen worden, die ist am Server des BVT verblieben." Dass rund um die Amtshandlungen externe Personen Zugang zu den Daten bekommen haben könnten, schloss Pilnacek aus. Bei der Leiterin des Extremismusreferats sei deshalb eine Durchsuchung erfolgt, weil sie laut Zeugenaussage einen sehr intensiven beruflichen Kontakt zu einem der Beschuldigten unterhalten habe.