Tallinn: Geiselnehmer von Oslo inspiriert
TALLINN. Jener Mann, der am Donnerstagmachmittag in das estnische Verteidigungsministerium eindrang und nach einer kurzfristigen Geiselnahme und einer Schiesserei mit einer Sondereinheit der Polizei getötet wurde, war anscheinend von den Anschlägen vor knapp drei Wochen in Oslo inspiriert. Der Mann habe große Mengen Munition und Sprengmittel mit sich geführt, sagten Ministerpräsident Andrus Ansip und Verteidigungsminister Mart Laar am Donnerstagabend gegenüber dem Online-Poral "delfi".
Laut Regierungschef Einzeltäter
Keine Forderungen wurden gestellt Während des mehr als zweistündigen Geiseldramas habe der laut Medienberichten mit einer Pistole bewaffnete Mann keine politischen Forderungen erhoben, sagte Ansip dem Nachrichtenportal Delfi.ee zufolge. "Das Motiv ist nicht klar." Die Polizei habe den Schützen in der Vergangenheit "auf dem Radar" gehabt. Er sei jedoch nicht vorbestraft. Wie es weiter hieß, gehörte der Mann der Vereinigten Linkspartei an. Er habe sich 2009 vergeblich in der Stadt Maardu um ein Gemeinderatsmandat beworben. Medien identifizierten den mutmaßlichen Täter als den in der damaligen Sowjetrepublik Armenien geborenen Karen Drambjan. Dieser lebte seit längerem in Estland und besass auch die Staatsbürgerschaft des baltischen EU-Mitglieds. Zwei Geiseln wurden von Mitgliedern einer Polizeispezialeinheit unverletzt befreit oder flüchteten im Zusammenhang mit der Schießerei. Ersten Berichten zufolge hatte ein russisch sprechender Mann am Nachmittag im Verteidigungsministerium in Tallinn die Geiseln genommen. Verteidigungsminister Mart Laar war während des Zwischenfalls nicht im Gebäude, rund eine Stunde nach dem Alarm aber an Ort und Stelle geeilt. Augenzeugen berichteten von mehreren Schüssen und einer Explosion. Bei der Explosion dürfte es sich um eine vom Täter gezündete Rauchbombe gehandelt haben. Drambjan führte neben Munition und Sprengmitteln auch eine Gasmaske mit sich. Estnischen Medien zufolge waren wegen der Urlaubszeit längst nicht alle Mitarbeiter des Ministeriums in dem Gebäude. Einige brachten sich durch einen Sprung aus den Fenstern in Sicherheit. Das Ministerium wurde evakuiert und eine Sicherheitszone wurde um das Gebäude errichtet. Nach Angaben des Rettungsdienstes waren laut BNS außer Mitgliedern einer Spezialeinheit auch Sprengstoffexperten inklusive eines Minensuchroboters am Tatort. Augenzeugen zufolge hatte sich der bewaffnete Mann im Ministerium Stockwerk für Stockwerk nach oben bewegt.