Afghanistan, das britische Vietnam
Für die Briten geht mit 22 toten Soldaten der blutigste Monat seit acht Jahren in Afghanistan vorbei. Offiziell gilt die „Offensive Pantherkralle“ als Erfolg, doch an der Heimatfront scheint dieser Krieg längst verloren.
Für die Briten geht mit 22 toten Soldaten der blutigste Monat seit acht Jahren in Afghanistan vorbei. Offiziell gilt die „Offensive Pantherkralle“ als Erfolg, doch an der Heimatfront scheint dieser Krieg längst verloren. Die Mehrheit der Briten fordert den Rückzug der Truppen, während die Regierung auf ihre Nordirland-Erfahrung setzt: Mit den Taliban will man wie mit der IRA verhandeln.
Britische Soldaten kämpfen seit 2001 am Hindukusch, doch ihr Einsatz ist selten so kontrovers diskutiert worden wie in diesem Monat. Sechs Wochen lang haben sie versucht, die südafghanische Provinz Helmand unter ihre Kontrolle zu bringen. „Was wir hier erreicht haben, ist bedeutend, und ich bin mir absolut sicher, dass die Operation ein Erfolg war“, betonte Brigadegeneral Tim Radford. Doch die Offensive hatte ihren Preis – die letzten vier der 22 getöteten Soldaten sind gestern zurück ins Königreich geflogen worden, wo jeder neue Konvoi von Särgen das Mantra des „Mission erfüllt“ in Frage stellt.
Afghanistan entwickelt sich für viele, zum britischen Vietnam – 191 Männer sind seit 2001 am Hindukusch umgekommen, mehr Soldaten als im Irak. Der Afghanistankrieg kann nicht mehr gewonnen werden, das glaubt mittlerweile die Mehrheit. Nach jüngsten Umfragen plädieren 52 Prozent sogar für einen schnellen Truppenabzug.
Auch ein Wechsel in der Taktik wird nun zum Zankapfel. Die Offensive „Pantherkralle“ sollte nach Militärkreisen vor allem die zweite Führungsriege der radikalislamischen Taliban an den Verhandlungstisch mit der Regierung bringen. Auf ihnen ruht die neue Hoffnung des britischen Außenministers Miliband, der moderaten Aufständischen explizit die Möglichkeit geben will, „einen anderen Weg zu wählen“. Es gebe unter den Taliban einen „kompromisslosen Kern“, aber auch Menschen, „die zu den Waffen griffen, weil sie dazu gezwungen wurden“, sagte Miliband . (fischer)