Menschen: Die erste lesbische Regierungschefin
Sie ist zwar „nur“ eine Übergangslösung, doch erregt sie weltweites Aufsehen. Und das nicht nur wegen der gewaltigen Aufgabe, die jetzt auf der neuen Regierungschefin von Island lastet: Johanna Sigurdardottir muss das knapp am Staatsbankrott ...
Sie ist zwar „nur“ eine Übergangslösung, doch erregt sie weltweites Aufsehen. Und das nicht nur wegen der gewaltigen Aufgabe, die jetzt auf der neuen Regierungschefin von Island lastet: Johanna Sigurdardottir muss das knapp am Staatsbankrott vorbeigeschlitterte Island aus der Krise führen. Die 66-jährige Sozialdemokratin ist die erste Frau an der Regierungsspitze Islands. Sie führt die erste links-grüne Regierung des Landes an, und mehr noch: Sie ist die weltweit erste Person an der Spitze einer Regierung, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennt.
Die Ex-Stewardess hat zwei erwachsene Söhne – und lebt in fester Partnerschaft mit einer Frau, der Schriftstellerin und Dramatikerin Jonina Leosdottir, und hat kein Problem damit.
Was im Ausland für große Überraschung sorgt, wird in Island mit Schulterzucken zur Kenntnis genommen. Dort ist ihre sexuelle Orientierung kein Thema. Was dort zählt, ist einzig, dass Johanna Sigurdardottir die wohl vertrauenswürdigste und am meisten respektierte Politikerin im Land ist. Im Gegensatz zu den übrigen Politikern hat ihre Popularität im Zuge der Finanzkrise nämlich zugenommen. Drei von vier Isländern sind zufrieden mit ihr.
Dabei war auch Sigurdardottir in der jetzt zum Rücktritt gezwungenen Regierung und ist damit de facto mitverantwortlich für Islands wirtschaftliches Desaster. Doch als Sozialministerin war Johanna Sigurdardottir eine der ganz wenigen Politikerinnen, die sich wirklich um die sogenannten kleinen Leute kümmerte. Unermüdlich vertrat sie die Belange der von der Krise am härtesten Betroffenen: alleinerziehende Mütter, Rentner ohne Vermögenspolster und die vielen neuen Arbeitslosen.
Ihr Engagement hängt natürlich auch mit ihrer Herkunft zusammen: Die 66-Jährige kommt aus einfachen Verhältnissen und verdiente sich ihren Lebensunterhalt in den 60er und 70er Jahren als einfache Stewardess und Büroangestellte. Sie hat keinen Abschluss einer ausländischen Universität und ist auch nicht mit den im Kleinstaat Island dominierenden Familienclans verfilzt. In ihren 30 Jahren als Abgeordnete hat sich die Sozialistin einfach ganz normal die Karriereleiter hochgearbeitet.
Bereits Ende April soll in Island in vorgezogenen Wahlen ein neues Parlament bestimmt werden. So lange wird Johanna Sigurdardottir als Regierungschefin walten und versuchen, Island wieder als Finanzstandort attraktiv zu machen. Geht es nach der 66-Jährigen, dann wird Island so rasch wie möglich EU-Mitglied.
Wir warten auf dich denn wir wissen nicht wohin mit unserem Geld