SPD diskutiert über Beteiligung an neuer Regierung
BERLIN. Der Druck auf die deutschen Sozialdemokraten, über eine große Koalition zu verhandeln, wächst stündlich
Ungeachtet des Chaos in der bayerischen CSU geht in Berlin die Suche nach einem Ausweg aus der politischen Krise weiter: Gestern empfing Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier SPD-Chef Martin Schulz im Schloss Bellevue. Seit dem Ende der "Jamaika"-Sondierungen steigt der Druck auf die Sozialdemokraten, sich doch noch an einer neuen Bundesregierung zu beteiligen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatte in der "Südwest-Presse" die SPD aufgefordert, sich Gesprächen nicht zu verschließen. "Wir hören, dass sich in der SPD etwas bewegt. Das gibt eine gewisse Hoffnung", sagte Kauder. Der thüringische CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring hatte der SPD sogar eine gemeinsame Pensionsreform angeboten.
"Ich glaube, dass wir eine Neubewertung brauchen jetzt nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen", sagte etwa der SPD-Bundestagsabgeordnete Bernd Westphal zu dem Nein des Bundesvorstands zu einer Neuauflage einer großen Koalition.
Die SPD-Spitze beriet bereits gestern Abend darüber, wie sich eine Neuwahl des Bundestages nach dem Scheitern der Sondierungen von Union, FDP und Grünen vermeiden lässt. Zum Treffen in der Parteizentrale wurden neben der Parteiführung auch die Ministerpräsidenten der SPD erwartet.
"Man wird darüber reden, ob und wie man in Deutschland zu einer Bundesregierung kommen kann", sagte ein Mitglied des Führungszirkels vor dem Treffen. Dabei sei auch eine von der SPD tolerierte Minderheitsregierung eine Option, die geprüft werden müsse.
In der Partei wird wenig Spielraum gesehen für Schulz, die klare Absage an eine große Koalition wieder aufzuweichen. Es sei das Machtkalkül von Schulz nach dem verheerenden 20-Prozent-Ergebnis bei der Bundestagswahl gewesen, die Parteibasis damit hinter sich zu bringen und sich als Parteichef zu halten. Davon wieder abzurücken komme einer politischen Selbstaufgabe gleich.
In SPD-Kreisen wurde aber auch eingeräumt, dass viele in der Partei Angst vor einer Neuwahl hätten.
Grüne überlegen Alternativen
Auch in anderen Parteien wird nachgedacht: Für den morgigen Grünen-Parteitag lägen Dringlichkeitsanträge für eine Debatte über eine schwarz-grüne Minderheitsregierung vor, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. "Jetzt sind alle Parteien gefordert, Kreativität zu zeigen, Verantwortung zu zeigen", fügte er hinzu.
An den Grünen seien die Jamaika-Sondierungen jedenfalls nicht gescheitert, betonte Kellner.
Die SPD-Spitzen, ihre ZDF und die anderen Journalisten betreiben jetzt ihren Wahlkampf gegen "die FDP als Umfaller" - um ihre SPD-Anhänger gegen das Umfallerimage zu impfen.