Putins vierte und schwierigste Amtszeit

Von Heidi Riepl   08.Mai 2018

Die Vereidigung war für Wladimir Putin schon Routine: Zum vierten Mal gelobte der russische Staatspräsident in seinem Amtseid, "dem Volk treu zu dienen". Die zarenähnliche Inszenierung im prächtigen Kremlpalast vor 5000 geladenen Gästen sollte die vielen Probleme übertünchen, die auf den 65-Jährigen in seiner wohl schwierigsten Amtszeit zukommen.

 

Innenpolitik: "Russland für die Menschen" sei die Devise seiner vierten Amtszeit – und soziale und wirtschaftliche Fragen würden im Mittelpunkt stehen, kündigte Putin bei seiner vierten Vereidigung an. Er sprach von einer "freien Gesellschaft", in der sich jeder selbst verwirklichen solle. Doch die Realität bietet ein völlig anderes Bild: Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, Einschüchterung der Opposition und Kontrolle des Internets gehören in Russland längst zum Alltag. Um regierungskritische Proteste zu verhindern, steht zu befürchten, dass der Abbau der Demokratie in Russland voranschreitet. Putins Vorteil ist es, dass die Opposition schwach und zerstritten ist. Ob das so bleibt, hängt allerdings von der weiteren Entwicklung ab.

 

Wirtschaft: Bislang gelang es Putin, die Wirtschaft nach dem Einbruch 2014, ausgelöst durch den Ölpreisverfall und die westlichen Sanktionen, weitgehend stabil zu halten. Doch diese Stabilität scheint nun von den jüngsten, deutlich härteren US-Sanktionen bedroht. Putin hat künftig weniger Geld für Pensionen und Sozialausgaben, selbst für das Militär. Es fehlen Innovationen, Produktionsstätten mit neuesten Technologien. Putins Wirtschaft müsste dringend modernisiert werden, wenn sie künftig noch eine Rolle spielen will. Statt mit Reformen versucht Putin sein Volk lieber mit patriotischen Sprüchen bei Laune zu halten.

 

Außenpolitik: Auch außenpolitisch drohen unruhige Zeiten. Um von den inneren Problemen abzulenken, wird Putin auch in Zukunft sein selbstbewusstes Großmachtstreben fortsetzen. Aus westlicher Sicht haben sich Putins Übergriffe in den letzten Jahren gehäuft, die Liste wird immer länger: die Annexion der Krim, der brutale Krieg in Syrien, die Einmischung in Wahlen in den USA und Frankreich, der Giftangriff auf den Ex-Agenten Sergej Skripal in Großbritannien. Eine Entspannung mit dem Westen ist weiter nicht in Sicht. Putins Taktik, dem Westen "Russophobie" vorzuhalten und sich gleichzeitig als Russlands Retter zu präsentieren, war schließlich erfolgreich. Doch ganz auf den Westen kann Putin nicht verzichten: Unter anderem will Putin am 5. Juni nach Wien kommen. Einer seiner ersten Gratulanten war Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder.

 

Zukunft: Putin dominiert seit 18 Jahren die russische Politik, rechnet man das Zwischenspiel von 2008 bis 2012 hinzu, als er das Präsidentenamt seinem Gefolgsmann Medwedjew "lieh", aber weiterhin die Fäden zog. Damit ist Putin länger an der Macht als etwa der Langzeitherrscher Breschnew. Das größte Projekt, das Putin in dieser Amtszeit zu Ende bringen müsste, ist sein eigenes Vermächtnis. Die Verfassung erlaubt nämlich nur zwei Amtszeiten hintereinander. Doch Experten glauben nicht daran, dass Putin 2024 abtreten wird. Er könnte etwa durch eine Verfassungsänderung die Präsidentschaft auf Lebenszeit anstreben. Einen Nachfolger hat er jedenfalls wieder nicht präsentiert. Im Gegenteil: Er lässt den farblosen Regierungschef Medwedjew im Amt und festigt seine Macht als moderner Zar.