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Pressestimmen zur Frankreich-Wahl: Neuling gewinnt Grand-Slam

Von nachrichten.at/apa, 12. Juni 2017, 10:55 Uhr

Zum Erfolg der Partei von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in der ersten Runde der Parlamentswahl schreiben internationale Tageszeitungen am Montag:

"Liberation" (Paris):

"Als Neuling in der Politik ist Emmanuel Macron dabei, den spektakulärsten Grand-Salam der Fünften Republik zu gewinnen. (...) Die Wählerschaft ging davon aus, dass die Sache erledigt war. Sie ist zur Hälfte nicht zur Wahl gegangen, ein historischer Rekord und für die Sieger der einzige Schatten auf dem Bild: Es ist ein Triumph ohne Begeisterung, ein überwältigender und schlaffer Sieg. Er bedeutet allerdings eine quasi einfarbige Nationalversammlung. Letzten Endes zertrampelt (Macrons Partei) En Marche ihre Gegner; Macron kann sich die ganze Macht greifen; für das Land beginnt ein völlig neues Kapitel. Die Linke ist zersplittert. Die Sozialistische Partei fährt ihr schlechtestes Ergebnis seit Karl dem Großen ein. Sie wird um ihr Überleben kämpfen müssen."

"Le Figaro" (Paris):

"Eine politische Formation, die es vor zwei Jahren noch nicht gab, steht also davor, eine unverschämte Mehrheit in der Nationalversammlung an sich zu raffen. Und im gleichen Zug eine politische Landschaft umzupflügen, die man lange für unverrückbar hielt. Emmanuel Macron hat seine Wette gewonnen und kann heute Morgen die Folgen dieser donnernden Sprengung beobachten. (...)

Aber Vorsicht vor der optischen Illusion! Der überwältigende Sieg nach Sitzen ist mehr der Hebelwirkung des Mehrheitswahlrechts mit zwei Wahlgängen geschuldet als einer starken Mobilisierung des Volkes. Denn gestern hat einer von zwei Franzosen nicht gewählt. Sicher, der Staatschef kann erwidern, dass er die Wähler der Republikaner, der Sozialisten oder der Front National davon abgebracht hat, gegen ihn zu stimmen. Aber diese mehr oder weniger wohlwollende Enthaltung ("alles in allem, lassen wir ihm seine Chance") ist weit davon entfernt, eine Unterstützung seines Programms zu sein. Diese unaufspürbare Mehrheit, eine absehbare Quelle von Schwierigkeiten, verpflichtet ihn zum Erfolg."

"Tages-Anzeiger" (Zürich):

"Frankreich bekommt einen 'republikanischen Monarchen' samt einer Machtfülle, wie dies das Land zuletzt unter der Regentschaft von Charles de Gaulle erlebte. Die künftigen Abgeordneten von En Marche verdanken ihre Mandate nicht eigenen Verdiensten. Sie wurden - ohne innerparteiliche Demokratie - von Macron-treuen Parteikadern aufgestellt. Und sie wurden gewählt, weil auf den Plakaten neben ihnen das Konterfei des Präsidenten prangte.

Die Franzosen gehorchen dessen Wunsch, ihm "eine eigene Mehrheit" zu schenken. Nach dieser Logik haben sie am Sonntag keine Abgeordneten gewählt, sondern - noch einmal - ihren Präsidenten gekürt. Und weil viele dies durchschauten, ging nur jeder Zweite zur Wahl.(...)

Diese absolutistische Versuchung stellt Macron auf die Probe. Als Kandidat hatte er versprochen, Frankreichs Demokratie zu erneuern. Als Präsident kann er dies einlösen, indem er der (bisher schwachen) Nationalversammlung mehr Rechte zur Kontrolle der Regierung gibt. Verhält sich Präsident Macron hingegen wie einst de Gaulle, so wird der neue Präsident sehr schnell zu einem Mann von gestern."

"Tagesspiegel" (Berlin):

"In Frankreich ist ein Veränderungsprozess in Gang gekommen, der Frankreich und Europa nur guttun kann. Natürlich wird sich auch Macron bewusst sein, dass übersteigerte Erwartungen zu Beginn einer Amtszeit schnell auch in Enttäuschungen münden können - das zeigte das Beispiel von Tony Blair und auch das von Barack Obama, die beide anfangs als 'Messias' gefeiert wurden und später vor allem in der Außenpolitik auf dem harten Boden der Tatsachen landeten. Das Feld, auf dem sich Macron bewähren muss, ist indes die Innenpolitik. Wenn es ihm im Sommer gelingen sollte, eine Reform des Arbeitsrechts zu verabschieden, ohne die Gewerkschaften auf die Barrikaden zu treiben, dann hätte er damit schon seine erste Bewährungsprobe bestanden."

"Süddeutsche Zeitung" (München):

"Macron steht vor dem Durchmarsch zur fast totalen Macht (...) Macron kann (wie einst de Gaulle) für sich reklamieren, er allein sei der wahre Vertreter des Volkes. Das Parlament wirkt wie eine Versammlung von Zöglingen seiner Gnaden. Diese absolutistische Versuchung stellt Macron auf die Probe. Als Kandidat hatte er versprochen, Frankreichs Demokratie zu erneuern. Als Präsident kann er dies einlösen, indem er der Nationalversammlung mehr Rechte zur Kontrolle der Regierung gibt."

"El Pais" (Madrid):

"Der Sieg von Macron bei der jüngsten Präsidentenwahl konnte noch auf eine ganze Reihe von Umständen zurückgeführt werden, darunter auch auf die Schwäche seiner Rivalen. Der unanfechtbare Triumph von La Republique en Marche bei der ersten Runde der Parlamentswahl beweist nun aber, dass Macron kein zufälliger Präsident ist. Er ist der Führer einer neuen politische Strömung, die sich die Franzosen wünschen. Das Experiment Macron ist das Experiment eines ganzen Landes: Eine Pro-Europa-Welle mit großer Unterstützung. Die andere Seite der Münze der britischen Wahl vom Donnerstag, die Instabilität und politische Ruptur in Aussicht stellt. (...) Nur die niedrige Wahlbeteiligung wirft Schatten auf einen Sieg, der aber flüchtig sein kann, falls die erzeugten Erwartungen in der kommenden Legislaturperiode nicht erfüllt werden können."

"Corriere della Sera" (Rom):

Paris. "Das Idyll kann schnell in die Brüche gehen. Die Macht des Präsidenten und eine parlamentarische Mehrheit repräsentieren nicht automatisch eine Garantie, wenn es darum geht, Reformen umzusetzen (...). Nach der Revolution bedarf es nun einer sanften Wiederherstellung des Vertrauens in das System. (...) Denn das andere Gesicht Frankreichs, das arme und enttäuschte, identifiziert sich nicht mit dem neuen sozialen Block, der den jungen Präsidenten unterstützt. (...) Die Höhe der Enthaltungen (...) ist vor allem die Bestätigung dafür, dass das Virus des Populismus und der Politikverdrossenheit alles andere als bezwungen sind."

"De Tijd" (Brüssel):

"Die Partei von Präsident Macron, La Republique en Marche, zieht also mit einer womöglich überwältigenden Mehrheit in das Palais Bourbon (den Sitz der französischen Nationalversammlung) ein. Relativiert wird die große parlamentarische Mehrheit zwar durch die niedrige Wahlbeteiligung. Doch Macron hat sein Ziel erreicht. Er wollte die alten Gegensätze in der französischen Politik vom Tisch fegen und ein anderes politisches Umfeld schaffen. Das ist ihm ohne weiteres gelungen. (...) Wenn dieses Ergebnis in der zweiten Wahlrunde bestätigt wird, ist für Präsident Macron der Weg zur Durchsetzung seiner Reformen so weit offen wie ein Boulevard. Selbst wenn die Opposition in den eigenen Reihen zunehmen sollte, wäre seine Mehrheit groß genug, um seine Politik umzusetzen. Mit anderen Worten: Der Präsident hat keine Entschuldigung mehr, wenn er seine Versprechen nicht verwirklicht. Das ist eine große Verantwortung, denn darauf richten sich die Hoffnungen seiner Wähler."

"Dennik N" (Bratislava):

"Die zu erwartende starke Parlamentsmehrheit ist die gute Nachricht für Macron. Die schlechtere Nachricht ist, dass niemand weiß, wie lange diese Mehrheit halten wird, wenn er auch unpopuläre Reformen durchzusetzen beginnt und auf den Widerstand der Gewerkschaften und Straßendemonstrationen stößt. Eine Kandidatenliste zumindest zur Hälfte aus neuen Gesichtern ohne parteipolitische Erfahrung zu erstellen, war angesichts der allgemeinen Abneigung gegenüber der traditionellen Politik ein ausgezeichneter Marketingzug - zum Zweck des Wahlsiegs. Zum Regieren dagegen kann gerade das ein großes Problem werden. Denn Macrons Gefolgsleute verbindet nur der Wunsch nach Änderung des bisherigen Politikstils. Wie sie sich diese Änderung vorstellen, ist eine offene Frage."

"Gazeta Wyborcza" (Polen):

"Die Formation von Emmanuel Macron hat die anderen Parteien zerdrückt und wird im zweiten Wahlgang mit großer Sicherheit die absolute Mehrheit bekommen. Das starke politische Mandat zeugt davon, dass die Wähler radikale und schnelle Veränderungen wollen, die die muffige Fünfte Republik in eine bessere verwandeln. (...) Das kann für den neuen Präsidenten zum großen Problem werden, denn der Weg zu einem neuen Frankreich wird lang und schwer. Niemand weiß so genau, wie das zukünftige wunderbare Frankreich aussehen soll. (...) Werden die Franzosen bereit sein, zu warten? Indem sie ihm (Macron) die Macht gaben, forderten sie ihn auch zum schnellen Handeln auf. (...) Im Hintergrund lauern inzwischen die Extremisten. Obwohl die nationalistische Front National mit Marine Le Pen viel weniger Stimmen bekam als erwartet, wird doch eine Gruppe Politiker ins Parlament einziehen. Das wird ein guter Brückenkopf für eine Offensive, wenn Macron stolpern sollte. Das wäre fatal."

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2  Kommentare
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jago (57.723 Kommentare)
am 12.06.2017 12:50

Redakteure halten eben andere Redakteure für die neuen Götter im Himmel der veröffentlichten Meinung grinsen

Ich bin kein Redakteur, ich bin alt.

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scansafatiche (706 Kommentare)
am 12.06.2017 11:43

Das schlechteste Ergebnis der Sozialisten seit Karl dem Großen??? (Zitat Libération). Ich habe leider den entsprechenden Artikel nicht gefunden, aber gemeint sein kann nur seit den Zeiten Charles de Gaulles, der scherzhaft und auch anerkennend "le Grand Charles" genannt wurde, weil er ein herausragender Staatsmann war.

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