May schlägt zweijährige Übergangsphase nach Brexit vor

23.September 2017

Der Ort war sorgfältig ausgewählt. Im italienischen Florenz, dem "historischen Herz" Europas, wollte die britische Premierministerin Theresa May ihre Grundsatzrede zum Brexit halten, denn es lag ihr daran, den "europäischen Freunden" zu demonstrieren, dass Großbritannien "zwar die EU, aber nicht Europa" verlasse. Somit war das primäre Publikum ihrer Adresse die europäischen Entscheidungsträger.

Es läge "in unser aller Interesse", mahnte May ihre Amtskollegen, dass die Brexit-Verhandlungen ein Erfolg würden. Mehr noch: "Wir teilen ein tiefes Gespür für die Verantwortung, dass dieser Wechsel vernünftig erfolgt, nicht nur für die Menschen heute, aber auch für die nächste Generation."

May will Blockade auflösen

May weiß: Es liegt in der Hand der EU-Regierungschefs, zuzulassen, ob die Brexit-Gespräche in Phase zwei eintreten können, wo man nicht mehr über die Trennungsmodalitäten, sondern über die Gestaltung der künftigen Beziehung redet. Bisher sind die im Juni begonnenen Verhandlungen nicht vom Fleck gekommen, weil sich Großbritannien nicht bewegt.

May will die Blockade auflösen, indem sie Zugeständnisse macht. Ihr wichtigstes Signal betrifft die Finanzen. May sagte, dass Großbritannien nach erfolgtem Brexit im März 2019 eine zweijährige Übergangsphase anstrebt. Während dieser Zeit wolle man weiterhin Zugang zum Binnenmarkt haben und sei bereit, dafür Zahlungen in den EU-Haushalt zu leisten.

May nannte keine konkreten Zahlen, aber führte aus, dass nach dem Brexit und während des jetzt gültigen Finanzrahmens, der bis 2020 läuft, kein EU-Land finanziell schlechter gestellt wäre. Das würde bedeuten, dass die britischen Leistungen von insgesamt 20 Milliarden weitergehen.

Darüber hinaus signalisierte sie eine weiterreichende Zahlungsbereitschaft: "Großbritannien wird den Verpflichtungen nachkommen, die wir während der Mitgliedschaft eingegangen sind." Damit sind wohl EU-Forderungen gemeint wie Pensionsansprüche von EU-Beamten, langfristige Finanzzusagen und Kreditgarantien.

EuGH-Urteile in Betracht ziehen

May bewegte sich auch in einem anderen Punkt. Bisher war es eine rote Linie für sie gewesen, dass die Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Großbritannien mit dem Brexit aufhört. Die EU dagegen besteht darauf, dass die im Königreich lebenden EU-Bürger einen Rekurs zum EuGH haben müssen. Eine Lösung aus britischer Sicht wäre, dass man im Abschlussvertrag die Rechte von EU-Bürgern garantieren könne, womit britische Gerichte direkt an diese Vereinbarung gebunden wären. "Ich will, dass britische Gerichte die EuGH-Urteile mit in Betracht ziehen, um eine konsistente Interpretation sicher zu stellen."

Was die irische Grenzfrage anging, hatte May aber nicht viel zu bieten. Sie wiederholte, was Brexit-Minister David Davis gefordert hatte: Man wolle keinesfalls eine harte Grenze, keine "physische Infrastruktur", so May, sondern eine Beibehaltung der gemeinsamen Reisezone. (wittmann)