Machtkampf in der CSU überschattet die "Jamaika-Gespräche" in Berlin

Von (schuh)   09.November 2017

Bis zu einer "Jamaika-Koalition" aus den Unionsparteien CDU und CSU sowie der FDP und den Grünen ist es noch ein weiter, steiniger Weg. Noch immer befinden sich die vier Parteien in der Sondierungsphase. Bis 16. November soll nun entschieden werden, ob formelle Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden.

Und ausgerechnet in dieser heißen Phase kommt heftiges Störfeuer aus Bayern – und zwar nicht vom streitbaren Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer, sondern vielmehr von seinen innerparteilichen Gegnern. Da im Moment fast die gesamte Parteispitze permanent im "Jamaika-Modus" in Berlin sein muss, haben die CSU-Königsmörder in der Heimat leichtes Spiel.

Seehofer, der bereits seine achte Koalitionsverhandlung führt, steht innerparteilich unter Dauerbeschuss. Am Wochenende hat sich die Parteijugend für seinen Rückzug ausgesprochen, auch einige CSU-Bezirksverbände wollen den 68-Jährigen loswerden.

Warnung vor Parteispaltung

Wie tief der Riss ist, der mittlerweile durch die bayerische Regierungspartei geht, zeigt etwa ein Ordnungsruf von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner: "Was dieser Tage geschieht, schadet der CSU und schmälert unsere Durchsetzungskraft in Berlin." Zugleich warnte sie vor "einer Spaltung der Partei".

Im Freistaat bringt sich unterdessen Finanzminister Markus Söder als möglicher Seehofer-Nachfolger in Stellung. Bei der Landesversammlung der CSU-Parteijugend am vergangenen Wochenende in Erlangen lobte er den CSU-Nachwuchs, der offen Seehofers Abgang forderte, ausdrücklich und auf offener Bühne: "Ich habe großen Respekt davor, was ihr für Verantwortung zeigt, welchen Mut ihr habt, was ihr euch traut." Dafür wurde Söder mit frenetischem Applaus bedacht. Seehofer hatte seinen Besuch kurzfristig abgesagt.

Kommt eine Doppelspitze?

Denkbar ist, dass sich die CSU künftig wieder eine Doppelspitze gibt: Gerüchteweise ist Söder als Ministerpräsident offenbar gesetzt, als Parteichef wird aber immer wieder Manfred Weber ins Spiel gebracht. Der Chef der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament ist aktuell einer von Seehofers Stellvertreter.

Verunsichert wegen des CSU-Machtkampfs sind die möglichen Koalitionspartner im Bund. CDU, FDP und Grüne schauen dieser Tage genau nach Bayern. FDP-Vize Wolfgang Kubicki befürchtet etwa, dass der bisher konstruktiv agierende Seehofer nun härter auftreten könnte. "Das werden wir merken in den nächsten Tagen", sagte er "Spiegel Online".

Von den Grünen verlautete, dass Seehofers Situation die Verhandlungen nicht erleichtere. Offiziell ist die Ökopartei aber zuversichtlich: "Die CSU wird einen Weg finden, der sie als verlässlicher Partner durch Sondierungen und mögliche Koalitionsverhandlungen führt", sagte etwa Parteichefin Simone Peter.