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Jung und hinter jedem Rock her

Von Klaus Buttinger, 16. November 2013, 00:04 Uhr
Jung und hinter jedem Rock her
In Amsterdam versuchte er sich beim Jonglieren. Bild: Archiv Corbis

Bevor Kennedy 1961 in Wien Sowjetchef Chruschtschow traf, war er bereits zwei Mal in Österreich. Was und wie er es hier trieb, erzählt Schriftsteller Erwin Riess im Gespräch mit Klaus Buttinger.

Schriftsteller Erwin Riess recherchierte die Österreich-Aufenthalte des jungen John F. Kennedy für sein Buch "Herr Groll im Schatten der Karawanken".

 

OÖN: Wann war JFK erstmals in Österreich?

Riess: Erstmals noch als Kind mit zwei seiner Brüder, wahrscheinlich Anfang der 1930er-Jahre. Sie waren auf Schloss Windisch-Graetz, das in Sekirn am Ufer des Wörthersees liegt. Ein Mitbesitzer dieses Schlosses war der berühmte Bierproduzent Major "Jimmy" Foster. Der hatte das Schloss von der Adelsfamilie Windisch-Graetz mehr oder minder übernommen. Foster hatte gute Kontakte zu JFKs Vater, Joseph P. Kennedy, der Ende der 1930er-Jahre US-Botschafter in London wurde und ein großer Hitler-Anhänger war.

Wer erinnert sich noch an den Aufenthalt des jungen JFK?

Jenes Ehepaar, das als Hausbesorgerin bzw. Hausbursch im Schloss gearbeitet hat. Von ihnen gibt es Aufzeichnungen, wonach die Buben recht wild gewesen seien und den Aufenthalt genossen hätten. Wichtiger ist Kennedys zweiter Aufenthalt in Kärnten im Sommer 1939, kurz vor Kriegsausbruch.

Warum kam er erneut nach Kärnten?

Das Ziel JFKs, damals Student der Politikwissenschaft, war, im Auftrag seines Vaters ein Buch zur Verteidigung der britischen Appeasement-Politik zu recherchieren und sich anzusehen, wie sich der Faschismus auf Europa auswirkt. Diese Politik, nur ja keinen Krieg anzufangen, lag in einer Linie mit einer großen Strömung von Hitler-Anhängern in Amerika, darunter Zeitungstycoon Randolph Hearst, Filmproduzent Walt Disney oder Henry Ford. Auch Joseph P. Kennedy befand sich in diesem Umkreis. Als amerikanischer Botschafter in London umgab er sich mit entsprechenden Leuten: dem damaligen deutschen Außenminister Ribbentrop oder der NS-Sympathisantin Lady Astor. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor zog US-Präsident Roosevelt Kennedy vom Botschafter-Posten ab. Kriegseintritt der USA, keine Sympathien mehr für die Nazis.

Warum ging JFKs Vater Hitler auf den Leim?

Alles, was den Engländern geschadet hat, war ihm sehr recht. Die irischstämmigen Kennedys mussten sich in Boston um 1900 mühsam gegen den alten, aus England stammenden Finanzadel durchsetzen und erlebten immer wieder Demütigungen.

Wie haben die Leute JFK im besetzten Österreich 1939 erlebt?

Er kam mit einem Freund im Auto nach Windisch-Graetz. Foster war gerade dabei, das Schloss an die Deutsche Wehrmacht zu verkaufen. Das war der Grund, warum später die höchsten Chargen, darunter Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel oder Generaloberst Alfred Jodl, dort auf Erholung waren. JFK hat sich in den Karinden-Hütten einquartiert, einem hölzernen, aber durchaus luxuriösen Nebengebäude des Schlosses. In dieser Zeit der großen Euphorie für die Nazis fanden fast jeden Tag Feste und Feiern rund um Klagenfurt statt. Die jungen SS-Leute sind herumgefahren und haben es sich gut gehen lassen, ganz besonders auf Schloss Freudenberg bei Ottmanach. Dort residierten die Mohrenschildts, führende Nazis mit baltischen Wurzeln. Dort war das Zentrum der Nazi-Unterhaltungen.

Wie darf man sich diese Unterhaltungen vorstellen?

Auf das Schloss wurden viele junge Frauen, deutsche Mädel, eingeladen. Dort hat sich auch der junge Kennedy herumgetrieben und nichts ausgelassen, was einen Rock anhatte. Er hat die Maxime seines Vaters "Wham, bam … thank you Ma’am" beherzigt: "Du kannst alle vögeln, aber lass dich nicht erwischen, und lass dich auf nichts ein."

Was nahm JFK von dieser Reise in politischer Hinsicht mit?

Er schrieb, dass der Faschismus für die Deutschen – und da waren die Österreicher miteinbezogen – eine gute und richtige Sache sei, weil er das Land zusammenhalte, entwickle und mit großer technischer Intelligenz verknüpfe. Dies könne auch den USA Vorbild sein. JFK schrieb äußerst positiv – auch über Hitler, der Charisma hätte und eine Vision. Kein kritisches Wort. JFK war da voll eingetaucht und hatte sich mitreißen lassen. Später – nach der Katastrophe – sah er das anders, aber ein glühender Antifaschist ist er nie geworden.

Es soll noch zwei weitere interessante Bezüge zu Kärnten geben, erstens in Zusammenhang mit JFKs Frau Jackie …

Ja. Die kanadische Industriellenfamilie Bouvier war in den 1930er-Jahren in Kärnten unter anderem bei den Treibacher Chemischen Werken engagiert. Der Mädchenname von Jackie Kennedy ist Jaqueline Lee Bouvier. Die Bouviers hatten eine große Villa in Krumpendorf am Wörthersee. Wie weit es damals schon Kontakte zwischen JFK und der noch sehr jungen Jackie gegeben hat, weiß man nicht. Durchaus wahrscheinlich ist, dass die Bouviers mitgekriegt hatten, dass 200 Meter über den See entfernt der Sohn des amerikanischen Botschafters einige Wochen da war. Die Hochzeit zwischen John F. und Jackie ist ja von den Familien später fast heiratspolitisch eingefädelt worden. Ich sage nicht, dass sich die zwei damals schon kennengelernt haben, aber die Aufmerksamkeit könnte damals schon geweckt worden sein.

Und der zweite Bezug zu Kärnten …?

… heißt erstaunlicherweise Lee Harvey Oswald, der Präsident Kennedy erschossen hat. Er war ursprünglich ein linker Wirrkopf, der sich aber dann der faschistischen Seite zugewandt hat. Angeblich war er auch Ende der 1930er-Jahre in Kärnten. Nun kommt ein Cousin der Mohrenschildts aus Krumpendorf, George de Mohrenschildt, ins Spiel. Der war in einer Gruppe, die Kennedy nichts Gutes wollte – aus geschäftlichen Gründen. Die Gruppe hieß "Petroleum Club" und war in Dallas, Texas, ansässig. Im Übrigen gehörte auch George Bush, CIA-Chef und späterer US-Präsident, diesem Club an. Lee Harvey Oswald und andere sind im Auftrag dieser Gruppe zu Scharfschützen ausgebildet worden. Der Arzt und Hobbyhistoriker Berndt Rieger ("Visitation der Vernichtung", Heiber-Verlag) behauptet, dass George de Mohrenschildt in die Ermordung Kennedys verwickelt gewesen sei. Belege dafür gibt es nicht. Dass die Ermordung Kennedys weniger mit antikubanischen Geschichten als mit einem Kreis Erdölindustrieller, die eine andere Politik wollten, zusammenhängt, ist nicht ganz weit hergeholt.

Könnten sich Lee Harvey Oswald und JFK schon in Kärnten 1939 über den Weg gelaufen sein?

Es könnte sein, dass Oswald auf JFK damals schon aufmerksam geworden ist. Es kann sein, dass sie in denselben Lokalen verkehrt haben, so viele gab’s ja damals nicht. Sicher ist, dass Kennedy bei den Nazi-Leuten ein gern gesehener Gast war, quasi ein Star, der herumgereicht wurde. Das hat er sehr genossen.

 

John F. Kennedy und Österreich

Schloss Windisch-Graetz: Das ehemalige Schloss des Adelsgeschlechts Windisch-Graetz (Ansicht aus 1910) lag in Sekirn direkt am Ufer des Wörthersee. Hier war John F. Kennedy Gast des Mitbesitzers Major „Jimmy“ Foster, ein Industrieller, der heute noch dem bekanntesten australischen Bier seinen Namen gibt. Foster verkaufte das Schloss zu Kriegsbeginn der Wehrmacht. Allerhöchste Nazi-Größen urlaubten hier. Nach dem Krieg kam das Schloss in den Besitz des Unternehmers Helmut Horten, der die oberen Stockwerke umbaute. Seit dessen Tod 1987 gehört es seiner Witwe Heidi Horten.

Karinden-Hütten: Bei seinen beiden Aufenthalten in Kärnten genoss JFK die Annehmlichkeiten der „Karinden-Hütten“. Das war ein Nebengebäude-Komplex des Sekirner Schlosses, erbaut von „Jimmy“ Foster 1932. Das Gebäude aus Holz war urig, verfügte aber über Warmwasser und jeden Komfort. Foster nannte die Immobilie „Carinthian Home“, das die Einheimischen zu „Karinden-Hütten“ verballhornten. Das Hausbesorgerehepaar Safran erinnert sich, wer hier aller zu Gast war: Thurn und Taxis, Fürstenberg, Jacky Ickx, Eduard VIII. und Wallis Simpson ...

Kennedys Bestseller: Eigentlich als studentische Arbeit geplant, eroberte Kennedys von Schreibprofis adaptiertes Buch „Why England slept“ 1940 die Bestsellerlisten. JFKs Vater soll mittels Aufkäufen durch Strohmänner geholfen haben, die politische Analyse auf dem Buchmarkt prominent zu platzieren. Das Vorwort sollte ursprünglich der prominente britische Labour-Politiker Harold Laski schreiben. Der lehnte jedoch mit der Begründung ab, aus dem Buch spreche ein „unreifer Geist“. Es wäre nicht publiziert worden, „hätte es nicht der Sohn eines sehr reichen Mannes geschrieben“.

Erwin Riess: Der Schriftsteller lebt teils in Wien, teils in Kärnten. In seinem 2012 im Otto Müller Verlag erschienenen Krimi „Herr Groll im Schatten der Karawanken“ beleuchtete er das unaufgeräumte Kärntner Erbe aus dem Nationalsozialismus. Darin flossen Recherchen zu JFKs Aufenthalten am Wörthersee ein, die historisch weitgehend gesichert sind. Das aktuelle Buch von Erwin Riess trägt den Titel „Herr Groll und die ungarische Tragödie“. Darin geht es um das menschenverachtende Porno-Geschäft. Der Autor liest am Donnerstag, 5. 12., 19.30 Uhr in der Linzer „Stadtwerkstatt“.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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( Kommentare)
am 19.11.2013 16:22

Mit Schaudern musste ich da diesen groben Unfug lesen, den Herr Riess loslässt! Man nehme ein paar Fakten (Kennedy in Kärnten) und mische sie mit viel Phantasie und ein wenig Sensationsgier und mixe das ganze durch. Dazu zitiere man noch den "Hobbyhistoriker" Bernd Rieger(=man übernimmt einfach dessen Märchengeschichten in die Zutatenliste) und fertig ist das Gericht, sprich: der oben genannte Artikel!
Wenn das der Standard der OÖN ist, dann gute Nacht!
Vielleicht sollte aber Herr Riess und Herr Rieger doch Berater der Regierung werden, denn die brauchen immer wieder kreative "Gschichtlschreiber!

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WaldemarB (4 Kommentare)
am 18.11.2013 16:42

Wie können sich Lee Harvey Oswald und Kennedy 1939 in Kärnten je über den Weg gelaufen sein, wenn Oswald erst im Oktober 1939 geboren wurde und Kennedy bis kurz vor Kriegsausbruch in Kärnten verweilte?

Sofern ich bei der letzten Frage etwas missverstanden habe, bitte ich um Rückmeldung!

Ansonsten möchte Ich Sie bitten, das nächste Mal genauer zu recherchieren und ev. Herrn Riess darauf hinweisen, sofern er seine Forschungsergebnisse ernst meint, die Lebensläufe der genannten Personen genauer zu untersuchen.

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