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Internationale Pressestimmen zum Tod von Fidel Castro

Von nachrichten.at/apa, 28. November 2016, 09:39 Uhr

Internationale Tageszeitungen schreiben am Sonntag zum Tod des kubanischen Ex-Präsidenten Fidel Castro:

"Neue Zürcher Zeitung am Sonntag":

"Das sozialistische Kuba wurde als Gegenmodell zum westlichen Kapitalismus propagiert, und Castros Revolutionsrhetorik verlieh der Kritik an Imperialismus und Kolonialismus Schub, der sich die 68er verschrieben hatten. Dass der Weg zu dieser neuen, angeblich besseren Gesellschaft mit Opfern gesät war - Verfolgung politisch Andersdenkender, Hinrichtungen, Enteignungen, Zensur, Elimination bürgerlicher Freiheiten -, spielte keine Rolle. Da Castro sein Regime im Namen des sogenannt Guten errichtete, waren die 68er blind für dessen negative Seiten.

Funktionell erfüllte Castro für die damalige neue Linke dieselbe Rolle wie Trump für die gegenwärtigen Attacken von rechts auf das heutige Establishment. Der Tycoon ist für die Populisten ein Held, weil er diese als Figur und als Ideengeber in ihrer Revolte gegen "linke Eliten" befeuert. Großzügig sehen auch seine Fans über die enormen Defizite hinweg, die Trump auszeichnen. Nun gilt ja die Regel: Irgendwann steht der Kaiser nackt da. Castro stellt insofern ein Phänomen dar, als dieser Moment bis zu seinem Tod nie ganz gekommen ist. Aber jetzt ist es Zeit dafür."

"The Times" (London):

"Der Tod Fidel Castros mit 90 Jahren markiert das Ende einer Ära. Aber es ist keine Ära, die für die Welt ein Grund zum Feiern wäre - und schon gar nicht für die Bevölkerung Kubas. Ganz im Gegenteil. Die andauernde Opposition des Revolutionsführers zu Washington brachte sein Land an den Rand einer nuklearen Katastrophe und trug zur Verarmung des Volkes bei. (...)

Kubas Charme lag für viele ausländische Besucher in seiner maroden Atmosphäre und den amerikanischen Autos aus den 50er-Jahren in den Straßen. Aber das waren lediglich äußere Anzeichen für das Scheitern Kubas unter Castro. Er sowie andere, die es besser wissen konnten, machten dafür das - durchaus zu rechtfertigende - Embargo verantwortlich, das Amerika über das ihm feindlich gesinnte Land verhängte. Doch es war nur ein weiteres Beispiel eines kommunistischen Experiments, das jämmerlich fehlgeschlagen ist. Kostenlose Gesundheitsfürsorge und Bildung waren ein kleiner Trost für Lebensmittelrationierung und allgemeine Armut."

"Financial Times" (London):

"Wenn (der künftige US-Präsident Donald) Trump wirklich an 'America First' glaubt, wird er sich mit Havanna einlassen statt sich abzuwenden. Es liegt im Interesse der USA, sich der Konkurrenz Russlands und Chinas in der Karibik zu stellen und US-Unternehmen freien Zugang zu Kuba zu erlauben. Zudem ist Kuba, das hart gegen den Drogenschmuggel vorgeht und eine Schlüsselrolle für die Niederlegung der Waffen durch Kolumbiens marxistische Rebellen spielte, ein natürlicher Verbündeter im Kampf gegen den Terrorismus. Die (unter Barack Obama begonnene) Annäherung garantiert zwar kein Happy End nach der Herrschaft Fidel Castros, aber sie erhöht die Chancen auf eine weiche Landung. Die Alternative wäre, die Tür zuzuschlagen. Das würde die wichtigen Veränderungen auf Kuba behindern statt sie zu beschleunigen. Sie haben das Leben vieler Kubaner verbessert und die Kontrolle des Staates geschwächt. Wenn dieser Fortschritt zurückgedreht wird, wäre das für Fidel Castro wie ein letzter Sieg im Grab."

"De Standaard" (Brüssel):

"Fidel Castro war nie eine eindeutige Gestalt. Ein Vierteljahrhundert nach dem Kalten Krieg löst sein Tod unvermeidlich scharfe Debatten aus. Man schaue sich nur die unterschiedlichen Reaktionen von Barack Obama ('außerordentliche Gestalt') und Donald Trump ('brutaler Diktator') an. Lässt sich die Unterdrückung der Freiheit vielleicht doch nicht in Einklang bringen mit guten Taten auf anderem Gebiet?

Castro war ein eigenartiger Typ von Diktator, wofür man ihm mildernde Umstände zubilligte. Er hat sich nicht selbst glorifiziert und sich nicht persönlich bereichert. Seine Revolution konzentrierte sich auf die Bildung und das Gesundheitswesen. Darin wurde sie zum Vorbild. Kuba übte Anziehungskraft auf linke Intellektuelle aus. Eine kleine Insel, die mutig Widerstand gegen den amerikanischen Imperialismus leistete, der - objektiv geurteilt - gnadenlos in Mittel- und Südamerika intervenierte. Verglichen mit Zeitgenossen und Amtskollegen wie Augusto Pinochet (Chile), Manuel Noriega (Panama) oder Jorge Rafael Videla (Argentinien) war Fidel Castro nicht der Schlechteste."

"de Volkskrant" (Amsterdam):

"Für viele Arme in Südamerika und anderswo war Castro ein leuchtendes Vorbild. Er zeigte, dass ein Volk sich nicht mit Unterdrückung abfinden muss. Es ist aber zu bedauern, dass auch manche westliche Intellektuelle einen Helden in ihm sahen. Wir müssen befürchten, dass sie in den Bann eines Heldenepos gerieten und dadurch Castro zu viele gute Absichten zugestanden oder der berauschenden Pracht der Insel und ihrer Bewohner verfielen.

Wir wissen nicht, was aus Kuba geworden wäre, wenn Castro nicht die Macht ergriffen hätte. Das nahe gelegene Haiti ist noch viel schlechter dran. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Castro in erster Linie als Diktator angesehen werden muss, der sein Volk mit harter Hand unterdrückte.

Ja, es ist wunderbar, dass jeder Kubaner Zugang hat zu kostenloser Bildung und Gesundheitsfürsorge. Doch wer Kuba in diesem Jahrhundert besucht hat, der sah doch ein Land, das erstickt an rund 50 Jahren Diktatur mit einer demoralisierten Bevölkerung, die ihr Heil oft in billigem Alkohol sucht."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung":

"Ungeachtet aller rühmenden Würdigungen war die Zeit über diesen der beiden Castro-Brüder hinweggegangen. In Lateinamerika haben die linkspopulistischen Regime ihre Wohlfahrtsversprechen nicht erfüllt. Für die meisten Leute ist Kuba nicht der leuchtende Stern am Firmament, sondern ein Land, das auf Alimente angewiesen ist, aus Russland, aus Venezuela und von den Exilkubanern in Florida. Ob sich das Verhältnis zu Amerika weiter zum Besseren entwickelt, hängt gewiss nicht allein von der Führung in Havanna ab. Aber ob sie einen mutigen Kurs politischer und wirtschaftlichen Öffnung verfolgt, jetzt, da ihr der Maximo Lider nicht mehr über die Schulter schaut, das schon

"Süddeutsche Zeitung" (München):

"Fidel Castro war die langlebigste der Über-Figuren des 20. Jahrhunderts. Er war nicht nur der seltene Typus des erfolgreichen Revolutionärs, sondern auch die Verkörperung des sozialistischen Personenkults, ein Volkstribun und Genussmensch, ein Kerkermeister und Chefarzt. In den letzten Jahren aber war er aus der Zeit gefallen. Ihm widerfuhr, was vielen älteren Menschen, nicht so drastisch wie ihm, widerfährt: Sie verharren in Geist und Gefühl in einer Gegenwart, die längst Vergangenheit geworden ist."

"Neuen Zürcher Zeitung":

"Vollends verfehlt sind Erwartungen, der Tod Fidel Castros werde eine Umwälzung auf Kuba auslösen. Wegen seines Leidens war der Revolutionsführer längst pensioniert, die Ablösung durch seinen Bruder vollzogen. Raul Castro und das Militär haben das Land und seine Mangelwirtschaft fest in der Hand. Die oppositionellen Regungen sind minimal und erhalten nur internationale Aufmerksamkeit, weil sie vom Regime mit völlig unverhältnismäßigen Mitteln unterdrückt werden. Raul Castro hat immer wieder klargemacht, dass seine zögerlichen Reformen auf sekundäre Bereiche der Wirtschaft beschränkt bleiben und keinesfalls am Machtmonopol der Kommunistischen Partei bzw. der engeren Führungsclique rütteln werden. (...)

Eine unleugbare Tatsache ist, dass die junge Generation unerfüllte Forderungen an die alte Garde hat: Anschluss ans Kommunikationszeitalter, freiere Arbeitsmöglichkeiten. Wer an den politischen Verhältnissen leidet, setzt sich jedoch nach wie vor lieber ins Ausland ab: Die Abstimmung der Kubaner mit den Füßen zeigt, dass das Volk eine radikale Umwälzung für unwahrscheinlich hält."

"Komsomolskaja Prawda" (Moskau):

"In China hat man ganz genau gerechnet: Bei Mao Tsetung gab es 70 Prozent Erfolge und 30 Prozent Fehler. Ähnlich muss man wohl auch den feurigen kubanischen Comandante einschätzen. Doch welches Plus und Minus auch immer ihm die Geschichte zurechnen wird, in den Augen Hunderter Millionen Bewohner dieses Planeten, die nicht zu den Reichen gehören, wird Castro noch lange ein Held bleiben."

"Wedomosti" (Moskau):

"Der Tod Fidel Castros, der 50 Jahre lang in Kuba geherrscht hat, bedeutet das Ende einer Epoche, in der revolutionäre Romantik in der Weltpolitik noch gefragt war. Selbst zehn Jahre nach seinem Rücktritt gingen die Einschätzungen seiner Person auseinander. Für die einen war er ein feuriger Revolutionär, für die anderen ein Bandit und Diktator. Das muss übrigens kein Widerspruch sein. Fidel hat sein zweifellos vorhandenes Charisma für seine politischen Ziele eingesetzt, und sein revolutionäres Pathos hat mehrfach die Farbe gewechselt abhängig von den politischen Umständen."

"Nepszava" (Budapest):

"Nicht Fidel Castro, der Präsident, sondern Fidel Castro, der Comandante, der Anführer der kubanischen Revolution, war das Idol. Der Comandante, der eine schönere und vor allem eine gerechtere Zukunft versprach. Der für seine Träume kämpfte und es für die Revolution sogar mit der ganzen Welt aufnahm. Deshalb vermochte er weltweit Bewegungen und Menschen zu inspirieren. Es gehört zu seinem Lebenswerk, ohne Zweifel. Nur, dass auch er selbst es war, der die Hoffnung tötete und bewies, dass die Weltrevolution, die eine gerechte Welt schaffen sollte, eher ein Traum blieb als dass sie zur Wirklichkeit wurde. Denn unter Castros eigener Führung glitt sie ab in eine gnadenlose, die Menschenrechte mit Füßen tretende Diktatur."

"Sme" (Bratislava):

"Sogar unter den Ausnahmen, deren Lebensgeschichte so negativ ist, dass für sie nicht der Satz gilt, über Verstorbene solle man nur Gutes sagen, gehört Fidel Castro noch zu den allerschlimmsten. An Gutem lässt sich über ihn nicht einmal ein Wort sagen. Dass in seinem Nachruf nicht einmal ein positiver Halbsatz Platz findet, hat er sich einerseits mit seinem Lebenslauf als Verbrecher verdient, andererseits als Symbolfigur eines Diktators, der für mehr als ein halbes Jahrhundert seinem Volk die Freiheit genommen hat."

"Pravda" (Bratislava):

"Die Embargo-Politik der USA gegen Kuba war nicht nur ruinös für Millionen von Kubanern. Sie war auch dumm, weil sie letzten Endes den Castro-Brüdern ermöglichte, in den Augen der Weltöffentlichkeit die Verletzung von Menschenrechten auf Kuba zu rechtfertigen. Der romantische Mythos der Revolution, der anfangs half, Kuba voran zu bringen, diente während der letzten Jahrzehnte dazu, weitere Schritte des Vorankommens zu unterbinden."

"Lidove noviny" (Prag):

"Mit Fidel Castro geht die letzte linke Ikone der 1960er Jahre von uns. "Sozialismus oder Tod" proklamierte Castro, und damit war klar, in wessen Sold er stand und wohin er wollte. Im Vergleich zu den linken Ikonen der heutigen Digitalära wie Edward Snowden und Julian Assange mutet Castros Lesbarkeit geradezu nostalgisch an. Die neuen Ikonen haben keinen Staat und keine nationale Befreiungsideologie mehr, wenn sie überhaupt eine Ideologie vertreten. Wir wissen nicht, in wessen Sold sie stehen und wohin sie wollen. Doch Misstrauen gegenüber dem Kapitalismus, dem Westen und den Vereinigten Staaten verbreiten sie wirksamer, als Fidel Castro das je leisten konnte."

"Neatkariga Rita Avize" (Riga):

"Für die Linken der Welt war und wird Fidel Castro eine der Legenden des Marxismus bleiben. Statt seines unendlichen Vertrauens in linke Ideen fasziniert noch mehr Menschen auf der ganzen Welt an Fidel Castro allerdings, dass eine einzige charismatische Persönlichkeit Unglaubliches geschafft hat. Mit Fidel Castro an der Spitze war Kuba in der Lage, 50 Jahre lang eine Blockade durch eine Großmacht (USA) zu durchstehen, und fähig, einem unvorstellbar überlegenen Druck standzuhalten und nicht aufzugeben."

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3  Kommentare
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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 30.11.2016 00:05

Kanadas Premier Trudeau hat mit seiner Lobhudelei fuer Castro etwas abgeliefert, was man so nicht stehen lassen kann.
Entweder ist er mit einer außergewöhnlichen Naivität gesegnet oder der meint das tatsächlich ernst. Beides Grund genug zur Sorge.

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( Kommentare)
am 29.11.2016 12:02

Eine Presse Stimme fehlt noch, die des Asphaltjournalisten Jeannee und seinem Freund Jack Daniels der Kleinformatigen Österreichischen Boulevardpresse.

Jeannee schüttet heute in seiner Kolumne eine Hasstriade über Heinz Fischer, unseren Ex Bundes- Präsidenten der es gewagt hat (ohne Jeannee zu fragen) einen Nachruf als Privatperson über Fidel Castro zu verfassen, aus. Fischer und Castro haben sich gekannt, sind vor langer Zeit in Havanna aufeinandergetroffen und jetzt kommt die Infamie die Jeannee Fischers vorwirft: „Fischer hat mit Fidel sogar gesprochen.“ Geht’s noch? Jeannee hat alle seine Giftpfeile ausgepackt, Fischer lässt er ausrichten, er wäre nur mehr eine „Pensi“ Privatperson und hat gefälligst den Mund zu halten, wenn es die Boulevardpresse im Speziellen der Asphaltjournalist Jeannee, Hofers Print Medien Wahlkampfleiter, verlangt. Selbstverständlich ist Jeannee ein exzellenter Kenner Kuba: den 3 Jahre alten, 12 alten Rum, schlürft er gerne zum Frühstück.

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kratzfrei (19.103 Kommentare)
am 30.11.2016 00:13

Eieiei da hat wohl das Castrobild ein paar Kratzer abbekommen, weil hier nicht nur mit hochprozentigen Gift herumgeschüttet wird.
Nicht nur das Castrobild. Auch Fischer hat(te) nie seine Sympathien für Castros Kuba und fuer Nordkorea verleugnet. Sie wurden einfach nur in den Hintergrund gerückt.

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