In der EU müssen in 24 Sprachen alle Wörter sitzen
Wie fast alle, die sich professionell mit Sprachen beschäftigen, hat David Zelinger, Leiter des Übersetzungsdienstes für Deutsch im EU-Rat ein spezielles Gefühl für Worte.
Als gebürtiger Tscheche, der 1988 mit 21 nach Österreich geflüchtet war, in Wien sein Germanistikstudium fortgesetzt und eine neue Heimat gefunden hat, vielleicht noch mehr.
Auch bei solchen Kleinigkeiten, ob Österreich während der kommenden Ratspräsidentschaft die Sitzungen mit einem Servus, Grüß Gott oder Guten Tag einleiten wird. "Wir lassen uns überraschen", lacht er beim morgendlichen Kaffee in der Kantine des funkelnagelneuen Ratsgebäudes "Europa". Die richtigen Wörter, Formulierungen und Sätze sind in der EU enorm wichtig. Sind sie doch die Basis für Kompromisse – oder der Zündstoff für Konflikte, oder oft die – einzige – Waffe nach außen. Und: sie müssen in allen 24 Amts- und Arbeitssprachen der Union richtig sitzen und juristisch wasserdicht sein.
26 Übersetzer kümmern sich pro Sprache allein im Rat um diese Aufgabe. Bis zur großen Erweiterung 2004 waren es jeweils 55 für die 11 "alten" Sprachen; seither wurde auch im Übersetzerdienst eingespart, nicht mehr jeder Beistrich während der Verhandlungen wird übersetzt.
Im Vergleich zur EU-Kommission und zum EU-Parlament, wo der Ex-BBC- und ORF-Journalist seine EU-Karriere 2005 gestartet hat, ist der Sprachdienst des Rates mit 650 Übersetzern und 250 Assistenten eher klein dimensioniert. Seit kurzem arbeiten fünf Österreicher in Zelingers Abteilung. Ein Rekord und – 16 Monate vor dem EU-Vorsitz – ein Zufall, denn die Auswahlverfahren (das nächste für Deutsch im Sommer) laufen nach Sprachen, womit Deutsche zahlenmäßig immer im Vorteil sind.
Brüssel hat für Zelinger hohe aber nicht dieselbe Lebensqualität wie Wien, trotz Häuschen im grünen Stadtteil Woluwe-Saint-Lambert. Was er bei aller Internationalität vermisst, sind die Kaffeehäuser.
Haupzache sie wissen "kwasi" und "bewusst" an der falschen Stelle aber dafür eindrucksvoll einzusetzen