Größte Herausforderung Energiewende
BERLIN. Nach großer Zustimmung durch SPD-Basis – Große Koalition in Deutschland steht.
Parteichef Sigmar Gabriel hatte Tränen in den Augen. Fast drei Monate sind seit der Wahl vergangen, wochenlang hatten CDU, CSU und SPD in stundenlangen Sitzungen einen Koalitionsvertrag ausgehandelt, dann durften die Sozialdemokraten entscheiden. Am Wochenende stand schließlich fest: Es wird eine große Koalition geben. Die SPD-Spitze war in die angemietete Halle, einem ehemaligen Paketumschlagplatz, gekommen, wo die Stimmzettel ausgezählt worden sind. Fast 76 Prozent der deutschen Sozialdemokraten hatten „Ja“ gesagt zu einer großen Koalition. Von den 470.000 Mitgliedern hatten sich 78 Prozent an der Befragung beteiligt. „Wir sind die Beteiligungspartei. Ich war lange nicht mehr so stolz, Sozialdemokrat zu sein“, sagte Gabriel, der im neuen Kabinett Vizekanzler wird.
Zum zweiten Mal wird somit Angela Merkel einer großen Koalition vorstehen. Die Kanzlerin richtete aus, sie freue sich auf die Zusammenarbeit. Es gebe "große Herausforderungen" zu bewältigen, an erster Stelle stehe die Energiewende, sagte sie am Sonntagabend. Spätestens 2022 sollen sämtliche Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet sein. Von den Grünen, aber auch von der SPD-Basis war zuletzt viel Kritik am Umgang der künftigen Regierung mit der Energiewende zu hören gewesen, von "Rolle rückwärts" war die Rede. Drei ehemalige Umweltminister würden der Regierung angehören – "Sigmar Gabriel, Peter Altmaier und ich", konterte Merkel. Somit habe man "großen Sachverstand" im Kabinett.
Dem immer wichtiger werdenden Thema Pflege will die Regierung mit einem eigenen Staatssekretär Rechnung tragen. Auch einen eigenen NSA-Beauftragten im Kanzleramt soll es geben, der sich laut Merkel mit den "Konsequenzen" aus der Abhöraffäre befassen soll. Eine Überraschung gab es auch bei der SPD: Der bisherige EZB-Direktor Jörg Asmussen wechselt von Frankfurt nach Berlin als Staatssekretär ins Arbeitsministerium. In der großen Koalition bis 2009 war Asmussen Finanzstaatssekretär und unterstützte die Deregulierung im Finanzsektor.
Die neue Regierung wird am Dienstag angelobt.
Wichtige Minister der neuen deutschen Regierung
Peter Altmaier (CDU): Der 55-Jährige plagte sich als Umweltminister mit der Energiewende ab. Der Merkel-Vertraute folgt R. Pofalla als Kanzleramtsminister.
Wolfgang Schäuble (CDU): Der 71-Jährige bleibt, was er ist: Finanzminister. Die Kanzlerin setzt weiterhin auf die Erfahrung, die er auch international genießt.
Thomas de Maizière (CDU): Der bisherige Verteidigungsminister wird Innenminister. Das Amt hatte der 59-Jährige bereits bis zum Frühjahr 2011 inne.
Sigmar Gabriel (SPD): Der 54-jährige SPD-Vorsitzende wird Minister für Wirtschaft und Energie – und kann sich auf das große Ziel vorbereiten: die Kanzlerschaft.
Andrea Nahles (SPD): Die bisherige SPD-Generalsekretärin (43) wird Arbeits- und Sozialministerin und darf dabei den ausverhandelten Mindestlohn umsetzen.
Alexander Dobrindt (CSU): Der 43-Jährige wird als Lohn für fünf Jahre CSU-Generalsekretariat Verkehrsminister mit Zuständigkeit für digitale Infrastruktur.
Es gibt keine Demokratien mehr. Es regiert der globale Lobbyismus.
Leider wahr...