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"Eine Wunde für eine ganze Generation geschlagen"

Von Michael Wrase aus Doha, 28. Juni 2017, 00:04 Uhr
"Eine Wunde für eine ganze Generation geschlagen"
Rosen und Fotos des katarischen Emirs als Begrüßung am internationalen Flughafen von Doha Bild: Reuters

Reportage: Im Streit zwischen Katar und seinen arabischen Nachbarn geht es auch um wirtschaftliche Macht sowie Missgunst und Niedertracht.

Abed Haschem ist wieder "zu Hause". Sieben Monate lang hatte der aus dem Sudan stammende Soldat der katarischen Armee in der saudischen Provinz Nadschran die Grenze zum Jemen bewacht. "Wir halfen ihnen bei der Verteidigung. Und das ist der Dank", schimpft Mohammed, dessen Einheit wieder in Katar stationiert ist – ausgewiesen von einer Regierung, die dem Nachbarn unterstellt, "Terroristen" zu helfen.

Wir treffen Abed in Souk Wakif von Doha, wo er mit Vater Abdelhamid eine Wasserpfeife raucht. Beide wirken entspannt. Auch auf die saudische Blockade angesprochen, versuchen sie Fassung zu wahren. "Was Riad uns angetan hat, ist unverzeihlich. So etwas tut man nicht", sagt Abdelhamid. Man könne nicht "2,8 Millionen Menschen als Geiseln nehmen".

Der Vergleich wirkt fast absurd, wenn man die Lebensmittelabteilung des "Lulu"-Hypermarkt besucht. Das Warenangebot in der eisgekühlten Halle ist enorm. Die Kunden können zwischen Äpfeln aus dem Libanon, Süd-Tirol und Südafrika wählen. Noch größer ist die Auswahl bei Orangen, Zwiebeln und Mangos. Milch, Ayran und Kefir aus der Türkei werden anstelle saudischer Molkereiprodukte verkauft. Hammelkeulen kommen aus dem Iran. Prall gefüllt ist auch das Sushi-Regal.

Es fehlt an nichts. Das weiß auch Abdelhamid. "Natürlich können uns die Saudis nicht aushungern", betont der baumlange Mann. Was die Katarer wütend mache, sei die Arroganz der Nachbarn, ihr "hinterhältiger Versuch, mit einer anhaltenden Blockade ein kleineres Land zu unterwerfen, zur Kapitulation zu zwingen".

"Vergessen Sie nicht die vielen Familien am Golf, die durch die saudische Blockadepolitik auseinandergerissen worden sind, Kinder, die Vater oder Mutter nicht mehr sehen können, nur weil sie Katarer sind", erinnert Akbar al-Baker, der Generaldirektor von Qatar Airways, in einem Gespräch Al Dschasira: "All diese Wunden wurden für eine ganze Generation geschlagen und werden niemals vergessen."

Ausufernder "Brüder-Streit"

Die Härte der Argumentation überrascht. Um den ausufernden "Brüder-Streit" am Persischen Golf zu begreifen, reicht es nicht aus, sich auf die Terrorismusvorwürfe zu beschränken. "Extremisten finanzieren in dieser Region fast alle. Auch die Saudis", stellt ein westlicher Diplomat in Doha klar. In Wirklichkeit gehe es um geostrategische Interessen, wirtschaftliche Macht und damit auch um "Missgunst und Niedertracht sowie um den Narzissmus von Führerpersönlichkeiten mit unterschiedlichen Begabungen".

Gemeint sind Scheich Tamin bin Hamed Al Thani, der Emir von Katar, und Mohammed bin Salman, der jüngste Sohn des saudischen Königs und Verteidigungsminister des Landes. Beide sind Mitte 30 und damit eigentlich zu jung für Führungspositionen. Allerdings hat auch in der Golfregion inzwischen ein Generationenwechsel stattgefunden.

Für den machtbesessenen Saudi sei es "unerträglich", dass ein fast gleichaltriger Fürst seine eigenen Wege gehe und damit sowohl politischen als auch wirtschaftlichen Erfolg habe, versucht Hassan Abdelghani, ein Redakteur der "Qatar Tribune", die Rivalitäten zwischen den beiden zu erklären.

Im Gegensatz zum saudischen Königssohn habe der an englischen Eliteinternaten und Militärakademien ausgebildete Emir viele seiner Visionen schon verwirklicht, preist der katarische Journalist seinen Scheich. Dem Saudi werden dagegen nicht nur von katarischer Seite "Minderwertigkeitskomplexe" sowie eine "gefährliche Iranophobie" angelastet.

"Viel zu gut vernetzt"

"Sie können ein Land mit einer 5000 Jahre alten Geschichte nicht ausgrenzen", verteidigt ein wissenschaftlicher Mitarbeiter im Islamischen Museum von Doha die guten Kontakte des katarischen Emirs in den Iran, dessen Luftraum für die nationale Fluggesellschaft Qatar Airways inzwischen überlebenswichtig ist. "Als kleines Land können wir uns Feinde gar nicht leisten".

Dass Saudi-Arabien Katar nun unter Quarantäne zu stellen versuche, sei dramatisch, werde den Kleinstaat aber nicht umwerfen. "Dazu ist das Land viel zu gut vernetzt", sind sich Wirtschaftsexperten einig. Katar habe mächtige Verbündete wie den Iran und die Türkei. Auch Kuwait, Oman und Marokko seien auf Distanz zur "saudischen Allianz" gegangen.

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