EU macht Druck bei Digital-Steuer
BRÜSSEL. Internet-Konzerne zahlen heute nur halb so viel Steuern wie traditionelle Unternehmen. Die Bemühungen um moderne Steuerregeln laufen auch auf internationaler Ebene. Doch sie laufen zäh.
Die Digitalisierung aller Lebensbereiche macht nicht nur Arbeitnehmern Kopfzerbrechen, die um ihre Jobs fürchten. Internet -Konzerne untergraben zunehmend die Steuereinnahmen der Staaten. Laut EU-Kommission macht die effektive Steuerquote für Digitalfirmen rund zehn Prozent aus oder noch weniger, während sie bei traditionellen Geschäftsmodellen mehr als doppelt so hoch ist. Die Kommission hat am Donnerstag den Rahmen für die weitere Debatte über die stärkere Besteuerung von Google, Facebook, Airbnb & Co absteckt und will im Frühjahr einen Gesetzesvorschlag vorlegen. Hier die entscheidenden Fragen:
1. Wie besteuert man Google, Facebook & Co.?
Die Online-Riesen bieten digitale Dienstleistungen wie Suchmaschinen, Internet-Plattformen für Tausch, Verkauf oder soziale Vernetzung, Speicherplatz, Videos etc. Dafür brauchen sie weder Firmenstandort, noch Lager, noch Personal um in einem Land Geschäfte zu machen. An der physischen Betriebsstätte hängen jedoch klassische Steuersysteme. Das Ziel der EU-Kommission: Die Besteuerung soll dort erfolgen, wo die wirtschaftliche Aktivität stattfindet.
2. Wie viel Geld entgeht den Finanzministern?
Bisher gibt es keine seriösen Zahlen. Die Brüsseler Behörde bringt dazu den Handel als Beispiel, auch wenn es darum nicht geht: Die fünf Top-E-Commerce-Händler sind von 2008 bis 2016 pro Jahr um durchschnittlich 32 Prozent gewachsen, während der gesamte EU-Einzelhandel nur um jährliche ein Prozent zugelegt hat.
3. Warum überlegen die EU-Staaten einen Alleingang?
Da die internationalen Verhandlungen über neue Steuerregeln für die Digitalwirtschaft in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bisher wenig Fortschritt gebracht haben, drängen nun zehn EU-Länder, darunter Österreich, unter der Führung Frankreichs auf eine vorübergehende „schnelle Lösung“.
Eine solche Ausgleichssteuer in Form einer Umsatzsteuer, von der bisher weder die Basis noch die Höhe klar ist, soll auf die normale Mehrwertsteuer aufgeschlagen werden und den Druck auf eine internationale Neuregelung zu erhöhen. „Manchmal ist die zweitbeste Lösung besser als gar keine“, sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble dazu. Alternativ nennt die EU-Kommission eine „Quellensteuer auf digitale Transaktionen“ und eine „Abgabe auf Einnahmen aus der Bereitstellung digitaler Dienstleistungen oder Werbetätigkeiten“.
4. Wie könnte eine globale Neuregelung aussehen?
Das Zauberwort heißt „permanente digitale Betriebsstätte“. Damit müssten Unternehmen Gewinne auch in Ländern versteuern, in denen sie nur virtuelle aktiv sind. Für diesen Vorschlag gebe es deutlich mehr Unterstützung“, sagt der estnische Staatssekretär für Steuern, Dimitri Jegorov. Estland, eines der am stärksten digitalisierten EU-Länder hat derzeit den Vorsitze des EU-Rates inne und will bis Jahresende die Idee in die geplante Gemeinsame konsolidierte Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer einbauen, über die seit Jahren diskutiert wird.
Österreich hat ein eigenes Papier dazu eingebracht, da Finanzminister Hans Jörg Schelling die Idee ebenfalls verfolgt. Er will Verhandlungen mit Irland aufnehme (wo unter anderem Google und Facebook aus steuerlichen Gründen ihren Europasitz haben), um die „digitale Betriebsstätte“ in einem neuen Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Inselstaat zu verankern.
5. Woher kommt Widerstand in der EU?
Genau die Länder, die heute mit steuerschonenden Modellen solche Unternehmen anziehen, wie Irland, Malta oder Luxemburg, wehren sich gegen den französischen Vorstoß für eine Umsatzbesteuerung. Auch Dänemark oder Schweden reagierten vergangenes Wochenende in Tallinn skeptisch. Das könnte kleinen, exportorientierten Ländern schaden, wird dort befürchtet und würde nur digitale Dienstleistungen für die Nutzer verteuern. Dieses Risiko sehen auch Experten in der EU, daher sollte die Umsatzsteuer abzugsfähig sein. Aus Sicht von Beat Baumgartner, Steuerexperte bei der Londoner Kanzlei Loyens & Loeff wäre eine Ausgleichssteuer ein „Albtraum“, weil sie das bisherige Steuersystem auf den Kopf stellen würde.
6. Wie schnell kann eine Google-Steuer kommen?
Der Zeitplan der EU-Kommission sagt nichts darüber aus, wann eine Steuer eingeführt wird. Entscheidungen in Steuerfragen brauchen in der EU Einstimmigkeit und sind daher schwierig. Die Brüsseler Behörde will im Frühling 2018 einen Gesetzesvorschlag vorlegen, abhängig davon, was die Finanzminister im Dezember vorgeben. Das wiederum wird davon abhängen, ob der nächste OECD-Bericht zur digitalen Besteuerung, der Ende des Jahres kommt, konkrete Maßnahmen enthält oder nicht. Kommissionskreise halten eine rasche Einigung auf eine gemeinsame Linie trotz des Einstimmigkeitsprinzips für möglich, ähnlich wie zuletzt bei der Schließung von Steuerschlupflöchern. Andernfalls würden einige Länder vorpreschen und die Bemühungen um einen digitalen Binnenmarkt gefährden. Steuerexperte Baumgartner erwartet schnelle Fortschritte unter den 35 OECD-Mitgliedern, weil auch dort der Druck groß geworden sei.
7. Droht das Schicksal der Finanztransaktionssteuer?
Seit der Finanzkrise wird in der EU eine Steuer auf Finanztransaktionen diskutiert. Auch hier gab es auf EU-Ebene keinerlei Einigkeit, sodass zuletzt zehn Staaten - Finanzminister Schelling ist der Vorsitzende dieser Gruppe - in Form der so genannten verstärkten Zusammenarbeit vorangehen wollten. Eine Einigung ist bisher nicht gelungen. Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis, schließt eine solche Vorgangsweise auch bei Digital-Steuer nicht aus. Entscheiden müssten das aber die EU-Staaten.
vor langer Zeit schrieb ich dass EU Länder Steuern von den Großen einnehmen dürften wo sie ihr Umsatz machen .
jetzt sagt es der EU Kommissar auch ..
Die EU hat jahrelang den Steuerwettbewerb ( nach unten ) innerhalb der Union ermöglich, nein, gefördert. Dafür haben wir z.B. die ganz wichtige Leistungsgrenze für Staubsauger. Wacht auf in Brüssel, aber auch in jedem EU Land, sendet nicht die ausrangierten Politiker dorthin (Ausnahmen bestätigen die Regel)!
Unsere österreichischen Medien haben es gut, bei denen fließt das Geld andersrum.
(scnr)