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EU-Gipfel zum Thema Migration: Fragen und Antworten

Von nachrichten.at/apa, 20. Juni 2018, 17:59 Uhr
Merkel, Kurz (Archivbild) Bild: (REUTERS)

BRÜSSEL. Die Europäische Union steht wieder einmal vor entscheidenden Tagen in ihrer Flüchtlings- und Asylpolitik. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Beim EU-Gipfel ringen die EU-Staaten kommende Woche um einen möglichen Kurswechsel in Sachen Migration und es entscheidet sich die weitere politische Zukunft der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. 

Worum geht es beim EU-Gipfel am 28. und 29. Juni?

Neben der Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion - Stichwort Eurozonen-Budget - und dem Stand der Brexit-Verhandlungen steht einmal mehr die Flüchtlingspolitik im Mittelpunkt. Auf dem Verhandlungstisch liegt zum einen ein sieben Dossiers umfassendes Paket für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem (GEAS), zum anderen ein Vorschlag von EU-Ratspräsident Donald Tusk zur Errichtung von Flüchtlingszentren außerhalb der EU. Weil die Europäische Union und vor allem Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel vor entscheidenden Schicksalstagen stehen, soll das Asylthema schon am Sonntag bei einem Sonder-Minigipfel mit sieben EU-Staaten einer Lösung näher gebracht werden.

Welche Punkte umfasst das Asylpaket und wo spießt es sich?

Fünf der sieben Dossiers sind unter den EU-Staaten mehr oder weniger geklärt. Mit dem EU-Parlament steht eine Einigung noch aus. Konkret geht es um eine neue Richtlinie über Aufnahmebedingungen von Flüchtlingen, eine neue Anerkennungsverordnung, ein gestärktes Fingerabdruck-Identifizierungs-System (Eurodac), eine europäische Asylagentur sowie einen dauerhaften Rahmen mit einem einheitlichen Verfahren für die Neuansiedlung innerhalb der EU (Resettlement). Weiter offen sind eine einheitliche Asylverfahrensordnung und vor allem die Reform des Dublin-Systems. Diese stand zuletzt im Zentrum des Konflikts.

Worum geht es bei der Dublin-Verordnung?

Laut der aktuell gültigen Dublin-Verordnung ist jenes Land für das Asylverfahren zuständig, in dem ein Migrant erstmals EU-Boden betreten hat. Am Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 wurde das Dublin-Regime wegen des großen Andrangs in die EU vorübergehend de facto außer Kraft gesetzt. Vor allem die Länder an den Außengrenzen fordern seit Jahren eine verpflichtende Verteilung von Migranten auf alle EU-Länder. Seit 2016 wird deshalb über eine Reform diskutiert. Der derzeitige Vorschlag der bulgarischen Ratspräsidentschaft sieht ein Drei-Stufen-Modell vor, das zunächst auf Freiwilligkeit basiert und am Ende eine automatische Verteilung von Flüchtlingen vorsieht. Liegt ein Land 40 bis 60 Prozent über seinem "fairen Anteil", sollen Asylbewerber nach einem Algorithmus, der Bevölkerungsgröße und Wirtschaftswachstum berücksichtigt, innerhalb der EU umverteilt werden.

Wie sehen die Positionen zu Dublin aus?

Italien, Griechenland, Spanien und Malta plädieren seit langem für eine verpflichtende Verteilung von Asylwerbern auf alle EU-Länder. Die neue rechtskonservative Regierung Italiens lehnt den aktuellen Kompromissvorschlag ab, weil die Frontstaaten damit noch mehr belastet würden als bisher. Deutschland, Finnland, Schweden, Irland oder Luxemburg sind für Flüchtlingsquoten und für einen solidarischen Ausgleich. Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei sind gegen einen Automatismus. Eine Verteilung nach Quoten sei ein Pull-Faktor, der weitere Migranten anzieht, heißt es in Budapest. Österreich ist ebenfalls gegen Quoten. Ein Land müsse selbst entscheiden könne, welche und wie viele Menschen zuwandern dürfen, so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) glaubt, dass bei Dublin kein Kompromiss zu finden sei, man sollte sich vielmehr dem Außengrenzschutz widmen, dort lasse sich "Common Sense" herstellen.

Wie könnte ein Kompromiss am EU-Gipfel aussehen?

Ein Kompromiss punkto Dublin-Verordnung zeichnet sich nicht ab. Die EU-Staats- und Regierungschefs könnten ihren Fokus stattdessen auf einen stärkeren Außengrenzschutz und die Errichtung von Asylzentren außerhalb Europas richten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht daneben auf bilateraler Ebene mit anderen EU-Staaten Abkommen zu erzielen, damit diese bereits in ihrem Land registrierte Flüchtlinge aus Deutschland zurücknehmen. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hat diesbezüglich Hilfe zugesagt, mit Italien war Merkel ebenfalls bereits im Gespräch. Die deutsche Kanzlerin und CDU-Chefin versucht so ihren Konflikt mit dem Koalitionspartner CSU zu entschärfen. Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer will Dublin-Fälle nämlich künftig zurückweisen und hat der CDU ein entsprechendes Ultimatum gestellt.

Welche Migrationspolitik will Österreich während seines EU-Vorsitzes forcieren?

Österreich plant einen Paradigmenwechsel in der europäischen Migrationspolitik und will eine Asylwende inklusive Orientierung am australischen Modell vorschlagen. Der Außengrenzschutz soll ins Zentrum rücken. Asylanträge von Menschen außerhalb Europas sollen nur mehr außerhalb Europas möglich sein. Dafür sollen Asylzentren undFlüchtlingscamps in Drittstaaten oder den Herkunftsregionen außerhalb der EU errichtet werden. Für kooperierende Länder sollen entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden. Zuletzt wurden auf EU-Ebene bereits mögliche Abkommen mit Ländern wie Albanien, Libyen, Tunesien oder Staaten unterhalb der Sahel-Zone in den Raum gestellt. Flüchtlingsorganisationen und Kritiker sehen in der Zurückweisung an der Grenze eine Einschränkung des individuellen Asylrechts und eine Aushöhlung der Genfer Flüchtlingskonvention.

Wie sieht das australische Modell aus?

Abschrecken, abschotten, abwälzen - auf diese Kurzformel lässt sich die australische Flüchtlingspolitik bringen. Seit über zehn Jahren werden Flüchtlinge, die das Land aus Asien per Boot anfahren, auf dem Meer abgefangen und entweder zurückgeschickt oder in Camps auf Pazifikinseln gebracht. Die australische Regierung hat mit mehreren Inselstaaten, darunter etwa Papua-Neuguinea, Abkommen geschlossen und zahlt dafür mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Freiwilligen Rückkehrern werden Prämien von bis zu 16.000 Euro geboten. Daneben gibt es auch Abkommen mit weiter entfernteren Ländern wie, Kambodscha, die im Gegenzug für Millionenzahlungen ebenfalls Flüchtlinge übernehmen. Seine Flüchtlingszahlen konnte Australien mit diesem Vorgehen reduzieren, dem Land werden aber zahlreiche Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Wie haben sich die Flüchtlingszahlen in Europa eigentlich entwickelt?

Die Flüchtlingszahlen in die EU sind zuletzt kräftig gesunken. Erst diese Woche hat das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen Daten für 2017 veröffentlicht. Demnach wurden im Vorjahr rund 728.000 Asylanträge in der EU gestellt, um 44 Prozent weniger als im Jahr davor. Die Zahlen liegen aber weiter deutlich über dem Niveau vor der Flüchtlingskrise 2015. Deutschland lag 2017 mit rund 223.000 Asylanträgen - ein Rückgang von 70 Prozent - an der Spitze. In Italien, Frankreich und Spanien stiegen die Zahlen. In Österreich gab es mit knapp 25.000 Anträgen einen Rückgang um 42 Prozent. Österreich fuhr auch eine deutlich härtere Linie bei den Verfahren. Gegenüber 2016 wurden 2017 um fast 120 Prozent mehr Asylanträge abgelehnt.

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