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Ägypten nach Mursi: Armee bleibt bestimmender Faktor

05. Juli 2013, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Ägypten: Mursi abgesetzt
Ägypten: Mursi abgesetzt  Bild: Reuters

KAIRO. Die ägyptische Armeeführung unter Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi hat nach der Absetzung und Festnahme von Präsident Mohammed Mursi am Mittwochabend den erst kürzlich bestellten Chef des Verfassungsgerichtes, Adli Mansour, zum neuen Präsidenten vereidigen lassen.

Er soll das Land bis zu Neuwahlen, die vermutlich in einem Jahr stattfinden werden, führen. Die von Mohammed Mursis Muslimbrüdern einseitig islamistisch geprägte neue Verfassung ist außer Kraft gesetzt, eine auf breiterer Basis stehende soll in einigen Monaten dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden.

Als Chef der Übergangsregierung war am Donnerstag der frühere Chef der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien und Nobelpreisträger Mohammed ElBaradei im Gespräch. Präsident Mansour hat zur Versöhnung aufgerufen und auch die Muslimbrüder „als Teil der Nation“ eingeladen, an deren Gestaltung mitzuwirken. Diese lehnen aber die Zusammenarbeit mit der nach dem „Putsch“ ihrer Meinung nicht legitimen neuen Führung ab. Gleichzeitig betonten sie, dass ihr Widerstand gewaltlos sein werde.

Die bei den Wahlen im vergangenen Jahr siegreichen Islamisten sind derzeit auch nur bedingt handlungsfähig. Die vier höchsten Funktionäre der Bruderschaft sind unter dem Vorwurf der „Anstiftung zur Tötung von Demonstranten“ verhaftet worden. Mohammed Badie, Muslimbrüder-chef, wurde in der westlichen Stadt Marsa Matruh gefasst. In Haft sind auch sein Stellvertreter Khairat al-Shater, Parteichef Said al-Katatni und ein weiterer Führungsmann.

Beobachter rechnen damit, dass sowohl dem unter Hausarrest stehenden Ex-Präsidenten Mursi und dessen engsten Mitarbeitern als auch der Führung der Muslimbrüder der Prozess gemacht wird.

Die Anhänger der Muslimbrüder sehen sich als Märtyrer. Am Abend des Umsturzes waren viele von ihnen im Stadtteil Nasr City zwar mit Knüppeln bewaffnet, zu größeren Gewalttaten ist es jedoch nicht gekommen. Niederlagen sind die Islamisten gewöhnt: In den 85 Jahren ihres Bestehens waren sie mit Verboten, Folter und Gefängnis konfrontiert gewesen. Nur ein Jahr blieben sie nach der ersten demokratischen Wahl in Ägypten an der Macht. Mittwochabend wurde auch ihr TV-Sender abgeschaltet.

Kritische Reaktionen

Die Reaktionen aus dem Ausland zu dem Umsturz in Ägypten waren verhalten kritisch. US-Präsident Barack Obama hat sich in einer ersten Reaktion „tief besorgt“ über die Entmachtung Präsident Mursis gezeigt und die neue Führung zu einer raschen Rückkehr zu einer demokratisch gewählten Regierung aufgefordert. Österreichs Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger nannte die Absetzung Mursis durch das Militär „bedenklich“ und in einer Demokratie nicht akzeptabel.

Gratulationen vom Golf

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon machte sich Sorgen, weil die Armee eingegriffen hat. Er will, dass die zivile Ordnung rasch wiederhergestellt wird. Ähnlich reagierten Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande. Saudi-Arabien und Katar gratulierten Mansour zu dessen Ernennung. Verurteilt wurde das Eingreifen der Armee dagegen in der Türkei, deren Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sich wie Mursi einer Protestbewegung erwehren muss und wo das Militär ähnlich einflussreich ist. Tunesien, wo der Arabische Frühling seinen Ausgang nahm und ebenfalls Islamisten an die Macht gewählt wurden, forderte Garantien für die Sicherheit Mursis.

US-Präsident in der Zwickmühle

Der Sturz von Ägyptens Staatschef Mohammed Mursi wirft in den USA die schwierige Frage auf, wie sie mit dem Verbündeten umgehen sollen. Dabei geht es in erster Line um viel Geld: Jedes Jahr unterstützt die US-Regierung Ägyptens Armee mit einer Milliarde Euro. Die Zukunft dieser Geldspritze hängt davon ab, ob Washington die Entmachtung als Putsch bewertet.

Sollte man zu diesem Schluss kommen, müsste die Regierung von Präsident Barack Obama die meisten Zahlungen stoppen. Damit aber würde sie die Streitkräfte schwächen, die sich auch in unruhigen Zeiten als Anker der Stabilität erwiesen haben, weltlich ausgerichtet sind und seit Jahrzehnten über enge Verbindungen zu den USA verfügen.
Obamas Entscheidung wird auch dadurch nicht einfacher, dass Millionen Ägypter das Eingreifen der Militärs bejubelten und Armeechef Abdel Fattah al-Sisi eine Rückkehr zur Demokratie angekündigt hat.

 

Der Staat im Staat

Die ägyptische Armee ist im Staat fest verwurzelt. Seit 60 Jahren ist sie einer der Hauptakteure auf der politischen Bühne des Landes. Alle Amtsvorgänger des nun gestürzten, ersten zivilen Präsidenten Mohammed Mursi seit dem Ende der Monarchie 1952 kamen aus ihren Reihen: Mohammed Nagib, Gamal Abdel Nasser, Anwar al-Sadat und Hosni Mubarak.
 
Als Diktator Mubarak Anfang 2011 auch nach wochenlangen Protesten noch an seinem Sessel klebte, waren es aber die Militärs, die den Ausschlag zugunsten der Rebellion gaben, indem sie ein gewaltsames Vorgehen gegen die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo verweigerten.
 
Nach Mubaraks Sturz hielt der Oberste Militärrat unter Hussein Tantawi die Zügel fest in der Hand. Nach anfänglicher Begeisterung der Bevölkerung über die Rolle der Armee warf die Opposition Tantawi bald vor, die autoritären Strukturen beizubehalten und für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich zu sein.
 
Im August 2012 entschied der im Juni gewählte Mursi den Machtkampf für sich und schickte Tantawi in Pension.

 

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3  Kommentare
3  Kommentare
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( Kommentare)
am 05.07.2013 09:54

Ägypten kommt nun an das Anfangsstadium von Syrien. Der Rest ist bekannt.

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( Kommentare)
am 05.07.2013 07:52

so blöd das klingt, das ist gut so, ansonst gibt es dort nur Mord und Totschlag. Irgendwie scheint dieses Volk der "Pharaonen" noch nicht ganz DEMOKRATIEREIF zu sein, das ist vielleicht erst in 50-100 Jahren soweit.

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Zaungast_17 (26.400 Kommentare)
am 05.07.2013 09:15

trotzdem eine gefährliche G´schicht!
...die Muslimbrüder werden nicht klein bei geben und eher den Kampf im Untergrund aufziehn!?

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