40 Jahre Deutscher Herbst: Schleyer-Ermordung als blutiges Ende
BERLIN. 1977 versetzten die Linksterroristen der Roten Armee Fraktion die Bundesrepublik Deutschland in Angst und Schrecken.
Es waren sieben Minuten, die die Geschichte prägten: Als am 18. Oktober 1977, um 0.05 Uhr, auf dem Flughafen von Mogadischu in Somalia schwer bewaffnete Männer der Spezialeinheit GSG-9 die entführte Lufthansa-Maschine "Landshut" stürmten, ging die deutsche Regierung ein großes Risiko ein. Deutschland lasse sich nicht erpressen, hatte der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt zuvor verkündet. Für den Fall des Scheiterns der riskanten Befreiungsaktion hatte Schmidt bereits sein Rücktrittsgesuch vorbereitet.
Eine Minute später flogen in Mogadischu Blendgranaten, zwei Minuten später begann die Evakuierung der 86 Geiseln. Um 0.12 Uhr war der Spuk vorüber. Drei der vier Entführer waren tot, ein Polizist und eine Stewardess verwundet.
"Die Arbeit ist erledigt", meldete Kanzleramtsminister Hans-Jürgen Wischnewski lapidar per Telefon an Kanzler Schmidt. Dieser weinte vor Erleichterung. Der sogenannte "Deutsche Herbst", der das Land mit Attentaten, Entführungen und Morden in Angst und Schrecken versetzt hatte, war zu Ende.
Es war eine beispiellose Machtprobe zwischen Staat und Terroristen: Die Linksterroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) hatten die palästinensische Terrortruppe der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) um Bruderhilfe gebeten, die am 13. Oktober 1977 die Lufthansa-Maschine auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt entführte. Die Terroristen und ihr Anführer, der sich Captain Mahmoud nannte, forderten die Freilassung von RAF-Mitgliedern, die in Stuttgart inhaftiert waren. Zuvor, am 5. September 1977, war Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer gekidnappt worden.
Nach viertägigem Irrflug landete die Landshut schließlich am 17. Oktober in der somalischen Hauptstadt Mogadischu. Die Terroristen forderten nun ultimativ die Freilassung der RAF-Mitglieder und bereiteten bereits die Ermordung der Passagiere vor. Doch die Befreiungsaktion des GSG-9-Kommandos änderte alles.
Wenige Stunden später wurden in Stuttgart die inhaftierten RAF-Mitglieder Gudrun Ensslin und Andreas Baader nach Suizid tot in ihren Gefängniszellen aufgefunden, Jan-Carl Raspe verstarb im Krankenhaus, Irmgard Möller überlebte schwer verletzt. Einen Tag später wurde die Leiche Schleyers in Frankreich gefunden. "Der Staat hat meinen Mann geopfert", klagte seine Witwe Waltrude. "Trage ich Schuld am Tod von Hanns Martin Schleyer? Gerade jetzt, da der eigene Tod näher rückt, denke ich oft darüber nach", sagt Hans-Jochen Vogel, der als Justizminister im engsten Beraterkreis von Schmidt war. "Nach vier Jahrzehnten des Nachdenkens komme ich immer wieder zum selben Ergebnis: Ich habe Schleyers Tod zwar nicht verschuldet, aber mitverursacht habe ich ihn doch." (hei)