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Facebook und der Streit mit Erben

Von Robert Stammler, 02. Juni 2017, 00:04 Uhr
Facebook und der Streit mit Erben
(Symbolbild) Bild: APA/HELMUT FOHRINGER

LINZ / BERLIN. Digitaler Nachlass: Haben Eltern einer toten Tochter kein Recht, in Chats auf Facebook Einsicht zu nehmen? Kontroverse über Datenschutz und Erbrecht.

Ein 15 Jahre altes Mädchen wird auf einem Bahnhof vom Zug überrollt und getötet. Die Befragungen des Fahrers der U-Bahn fördern Hinweise zutage, dass es kein Unfall war, sondern dass die Jugendliche Suizid begangen haben könnte. Was ging im Kopf des Mädchens vor? Die trauernden Eltern wollen es genau wissen und Einsicht in die Facebook-Kommunikation der verstorbenen Tochter nehmen. Doch der US-Konzern mit seinem EU-Sitz in Irland lehnt das ab: der Datenschutz Dritter, die mit der Jugendlichen in Kontakt standen, müsse gewahrt werden.

Abgespielt hat sich der tragische Fall in Berlin. Die Eltern brachten eine Klage gegen Facebook ein und forderten, das inzwischen in den "Gedenkzustand" versetzte und damit gesperrte Konto der Tochter zu entriegeln. Zusätzlich befeuert wurde der Rechtsstreit durch Schmerzensgeldforderungen, die der Zugfahrer an die Eltern richtete.

Schmerzensgeld für Zugfahrer

Da die Tochter ihren Tod offenbar "bewusst herbeigeführt" habe, habe er als U-Bahnfahrer seelische Schmerzen gelitten. Die Haftpflichtversicherung der Eltern zahlte daraufhin 8000 Euro aus, behielt sich einen Regress aber vor.

Die erste Instanz, das Landgericht Berlin-Charlottenburg, gab Ende 2015 den Eltern Recht und verpflichtete Facebook, den Zugang zum Nutzerkonto zu gewähren: die Daten des Mädchens seien Teil des "digitalen Nachlasses" und nicht anders zu beurteilen als ein Tagebuch. Als Obsorgeberechtigte dürfen die Eltern wissen, worüber ihr minderjähriges Kind im Internet zu Lebzeiten kommunizierte, so die erste Instanz.

Doch Facebook ging in Berufung und bekam diese Woche vom Kammergericht Berlin als zweite Instanz Recht. Ein Sprecher des Gerichts teilte mit, dass das "Fernmeldegeheimnis" der Kommunikationspartner der Verstorbenen zu schützen sei. Die Frage der Vererbbarkeit digitaler Daten ließ dieses Urteil aber offen.

Was gilt in Österreich?

Das Erbrecht auf den digitalen Nachlass oder der Datenschutz von Unbeteiligten: Was wiegt mehr, und wie wäre dieser Fall in Österreich zu beurteilen? Die Rechtsmeinungen gehen auseinander. "Ich kann mich mit der Entscheidung des Erstgerichts mehr anfreunden als mit der zweiten Instanz. Die Eltern haben ein Recht auf Herausgabe der Daten", sagt Stefan Perner, Professor am Institut für Zivilrecht an der Johannes-Kepler-Uni in Linz. Es gebe in Österreich keinen Unterschied zwischen der Vererblichkeit "digitaler" und "analoger" Nachlässe. "Denken Sie an vererbte Briefe, die ebenso wie ein Facebook-Konto schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen Dritter beinhalten können." Der Verweis auf das Telekommunikationsgeheimnis gehe in Österreich aber ins Leere. Denn mit dem Tod des Berechtigten erlösche dieses Recht. "Natürlich gibt es aber schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen Dritter, und die Erben dürfen diese aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht preisgeben", sagt Perner. Schadenersatzansprüche Dritter gegen die Erben seien möglich.

"Dieser Fall wäre in Österreich nicht anders zu behandeln als nun in Deutschland", sagt hingegen der auf das Telekommunikationsrecht spezialisierte Rechtsanwalt Peter Burgstaller, der auch an der Fachhochschule Hagenberg lehrt. Die Entscheidung der zweiten Instanz in Berlin sei richtig. "Das Erbrecht steht niemals über dem Telekommunikationsgeheimnis und den Persönlichkeitsrechten Dritter." Eine Möglichkeit wäre aber in solchen Fällen, sensible Daten Dritter zu anonymisieren und diese den Eltern zur Verfügung zu stellen.

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