Michael J. Garcia: Blatters Feigenblatt ist weg
Fast hätte man meinen können, Joseph Blatter, der alteingesessene Präsident und Machthaber des Fußball-Weltverbandes, meint es mit dem Reinen-Tisch-Machen ernst, als er Michael J. Garcia vor zwei Jahren als Chefermittler einsetzte.
Nach dem überraschenden Rücktritt des US-Amerikaners liegt jetzt der Verdacht nahe, der 78-jährige Schweizer habe sich mit diesem Mann nur ein Feigenblatt besorgen wollen. Garcia scheint das inzwischen auch überzuckert zu haben. In einer Erklärung macht er eine Führungsschwäche innerhalb der FIFA für seinen Rückzieher verantwortlich.
Der 51-jährige Jurist gilt als gewissenhafter Perfektionist. Als Mitglied der politischen Seilschaft von George W. Bush stieg er unter der Präsidentschaft des Republikaners zum Leiter der Polizei- und Zollbehörde des US-Ministeriums für innere Sicherheit auf und wurde später Bundesstaatsanwalt in New York. Für die FIFA sollte er die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar untersuchen. Was Mister Garcia auch gemacht hat. Sehr gründlich sogar.
75 ausführliche Interviews hat er geführt, seine Recherchen haben einen Berg von 200.000 Seiten produziert. Den auf 430 Seiten zusammengefassten Schlussbericht Garcias hat vor zwei Wochen die Rechtskammer der FIFA unter dem deutschen Juristen Hans-Joachim Eckert in einer 42-seitigen Stellungnahme relativiert. Garcias Protest gegen diese Verharmlosung seiner Ermittlungen wurden vom Weltverband ebenso vom Tisch gewischt wie seine Empfehlung, den vollständigen Bericht zu veröffentlichen. Statt die schmutzigen Deals zu den WM-Vergaben offenzulegen, kehrt man den Dreck bei der FIFA lieber unter den Teppich.
Garcia, der beruflich bei einer renommierten Wirtschaftskanzlei beschäftigt ist, kann es sich leisten, bei diesem mutmaßlich lukrativen Spiel nicht mitzumachen. Sein Jahreseinkommen wird auf rund vier Millionen Dollar geschätzt. Joseph Blatter verdient nur eine Million. Behauptet er zumindest.