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Und wo ist das „Mea culpa“?

02. Mai 2009, 00:04 Uhr

Die aktuelle Diskussion zum richtigen Vorgehen in der jetzigen Wirtschaftskrise stellt die Frage nach der Ursache immer mehr in den Hintergrund. Dies erschwert die Ausarbeitung von zielgerichteten Sanierungsmaßnahmen.

Die aktuelle Diskussion zum richtigen Vorgehen in der jetzigen Wirtschaftskrise stellt die Frage nach der Ursache immer mehr in den Hintergrund. Dies erschwert die Ausarbeitung von zielgerichteten Sanierungsmaßnahmen. Ein Blick zurück ist sinnvoll:

Die Entgleisungen des weltweiten Finanzsystems gehen auf die 1990er-Jahre zurück. Eine riesige Beschleunigung des Problems ist aber im Jahr 2000 entstanden, als der US-Kongress eine Regulierung des Marktes für „Credit Default Swaps“ (CDS) und andere Derivate verhinderte.

Die Crux mit den CDS

Die CDS sind Versicherungspolizzen gegen den Kapitalausfall von Wertschriften. Lag das CDS-Volumen im Jahr 2001 noch unter 1000 Milliarden US-Dollar, stieg es bis zum Jahr 2007 auf 62.000 Milliarden US-Dollar und überstieg damit den Umfang des gesamten Weltbruttosozialproduktes.

Nachdem die immer intransparenteren Wertschriftprodukte so locker gegen den Ausfall versichert werden konnten, gab es kein Limit mehr für die hemmungslose Platzierung dieser Produkte durch Investmentbanken und andere. Das Bankensystem samt Ratingagenturen und Aufsichtsbehörden haben hier vollständig versagt. Man darf auch die Frage stellen, wo standen die Währungshüter FED und EZB?

4000 Milliarden Dollar

Man kann über die gefährliche Phase des Aufbaus der Finanzblase diskutieren, sicher jedoch nicht über den Zeitpunkt des Platzens dieser Blase. Im Juli 2007 haben gleichzeitig die größte Bank der Welt, die Citigroup in den USA, und in Deutschland die Sächsische Landessparkasse sowie die Industriekreditbank Wertschriftenabschreibungen in Milliardenhöhe bekannt gegeben. Seither wird der Umfang der Verluste aus nicht werthaltigen Wertschriften im Bankensystem stetig in die Höhe geschraubt.

Sprach man im Sommer 2007 noch von 100 Milliarden US-Dollar, so beträgt die jüngste Schätzung bereits 4000 Milliarden US-Dollar. Die Finanzkrise ist inzwischen zur größten Wirtschaftskrise seit der Großen Depression in den 1930er-Jahren herangewachsen.

Falsche Berater

Im Moment ist ein Rennen um die Rezepte für Sofortlösungen im Gange. Bei aller Prioritätensetzung für ein rasches Greifen von Maßnahmen darf die Frage der Wirksamkeit doch nicht außer Acht bleiben. Immer mehr, insbesondere seit der G20-Tagung Anfang April 2009 in London, hat man den Eindruck, dass die Maßnahmen enorm auf Systemerhaltung ausgerichtet sind.

Die im Vordergrund stehenden Berater kommen aus Bankkreisen, und die Maßnahmen sind entsprechend wohltuend für das Bankensystem, das selber Ursache der Krise ist. Fast hemmungslos werden die Einnahmen der Zukunft in Sanierungsmaßnahmen der Gegenwart gesteckt und die Inflationsgefahr für die Realwirtschaft nur zwischen den Zeilen angesprochenen. Banken sind in dieser Lage wohl nicht die richtigen Berater! Neben dem Wetteifern um Steuermilliarden wäre ein offenes „Mea culpa“ langsam angebracht.

Bereits im Juli 2007 haben Ökonomen klar festgehalten, dass es circa 12 bis 15 Monate dauern wird, bis die Finanzkrise auf die Realwirtschaft durchschlägt. So kam es auch: Im 4. Quartal kündigte sich der massive Absturz der Realwirtschaft mit einem Rückschlag des Bruttosozialproduktes 2009 in Europa von vier bis fünf Prozent an. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat für die sieben größten Industrienationen der Welt eine Verdoppelung der Arbeitslosigkeit bis zum Höhepunkt im Jahr 2011 auf 36 Millionen Arbeitslose prognostiziert.

Die Leistungsfähigkeit des Bankensystems im traditionellen Servicegebiet steht außer Frage. Die Informationstechnologie hat das Bankensystem auch für die Globalisierung fit gemacht. Anzuzweifeln dagegen ist der neue „industrielle Teil“ des Bankensystems, das sich zu Unrecht den Titel „Finanzindustrie“ zugeordnet hat.

Die tatsächlich „industriell hergestellten“ Finanzprodukte und die ungehemmte Flutung der Anleger mit exotischen Anlagepapieren muss massiv eingebremst werden. Die Welt braucht nicht mehr Finanzprodukte, sie braucht mehr Industrieprodukte.

Hier entstehen Arbeitsplätze und hier entsteht der Mehrwert, der nachhaltig ist. Im Zuge der Lösung der aktuellen Finanzkrise wäre eine Schwerpunktverschiebung in Richtung Realwirtschaft wohltuend und notwendig. Es würde den menschlichen Tugenden eine neue Chance geben.

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1  Kommentar
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siddartha (109 Kommentare)
am 02.05.2009 12:12

Der größte Schaden besteht im Ruin des Vertrauens. Die Banken, als seien sie Gauner, trauen sich gegenseitig nicht mehr über den Weg, betrogene Betrüger allesamt. Und doch scheint es schwer zu sein, die Bankleute zu Einsicht und Umkehr zu bewegen. Noch hat keiner von ihnen ein überzeugendes Wort der Zerknirschung gesprochen. Vielleicht ließen sie sich aber doch zur Räson bringen, wenn man ihnen vor Augen führte, dass sie in der Welt des Misstrauens und des Hasses, die sie säen, selbst nur noch schlecht leben würden, gewiss aber keine guten Geschäfte machen könnten.

Es sollte nicht dazu kommen, dass selbst Menschen in den saturierten Rechtsstaaten des Westens unbeherrschbare Reinigungsfantasien entwickeln. Man wird ihnen zwar, wenn sich die Wirtschaftskrise auswächst, durchaus ein dauerhaftes Ende des Wohlstands vermitteln können. Nicht aber ist der Mensch geneigt, sich dauerhaft mit Ungerechtigkeit zu versöhnen.

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