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Das Fürchten verlernen

Von Stefanie Sourlier, 23. Juni 2016, 00:04 Uhr

Als Stadtschreiberin sehe ich mich nicht in der Rolle Stadtmarketing zu betreiben.

Der letzte Woche beschriebene Spaziergang führte mich auf den Spuren einer wechselhaften Migrationsgeschichte nach Lichtenegg und in die Noitzmühle. Im Nachhinein wurde ich mit dem Vorwurf konfrontiert, ich hätte ein negatives Bild der Noitzmühle gezeichnet, was nicht meine Absicht war, im Gegenteil, die Siedlung zwischen Wald, Traunauen und Feldern machte einen nachbarschaftlich friedlichen Eindruck auf mich. In meinem literarischen Text ging es eher um historische Bedingungen für die Zusammensetzung der Bewohner und Bewohnerinnen der Siedlung, als um die Beschreibung der heutigen Wohnungen. Auch Berlin ist auf Sumpf und Sand gebaut. Sozialer Wohnungsbau ist mir ein wichtiges Anliegen und wenn ich noch einmal Stadtschreiberin in Wels werden könnte, würde ich gerne in der Noitzmühle wohnen.

Als Stadtschreiberin sehe ich mich nicht in der Rolle Stadtmarketing zu betreiben, sondern die Stadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner mit einem fremden, neugierigen und vor allem literarischen Blick wohlwollend und zuweilen kritisch zu betrachten. Es zeugt von der Weltoffenheit einer Stadt wie Wels, wenn sie diesen anderen Blick zulässt.

Doch nun von der Migrationsgeschichte zu einem sehr aktuellen Theatererlebnis. Nach einem Spaziergang durch die Vogelweide und bevor ich im alten Schlachthof mit der österreichischen Fußballmannschaft um ein 0:0 zitterte, sah ich am Samstag im vollbesetzten Stadttheater die großartige und sehr berührende Aufführung des Theaterstücks "Exit one" von Gabriele-Kirsten Lutz, gespielt von Jugendlichen der Theatergruppe "à la carte" gemeinsam mit Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan, Pakistan und Iran. Das "Märchen von einem, der auszog, um das Fürchten zu verlernen" erzählt die Geschichte vom armen Schuhflicker Salim, der zufälligerweise denselben Namen trägt wie der reiche Sultan, dessen ungestüme und wilde Söhne, die sich in die Töchter des Sultans verlieben; was den Unmut der Sittenwächter hervorruft, woraufhin Krieg ausbricht. Nassim, der Sohn des Schuhflickers flieht über das Meer, trifft auf andere Geflüchtete und landet in einem fernen Land, dessen Machthaber sich angstvoll an den eigenen Besitz klammern. Ich war zuvor schon bei einer Probe dabei, in der unter anderem ein Stockkampf geprobt wurde, und allein in dieser nonverbalen Szene wurde deutlich, wie schwierig, spannend und lustig die Zusammenarbeit der fast vierzig Personen vonstatten ging, von denen einige zu Beginn noch kaum ein Wort Deutsch sprachen. Die Darstellung der märchenhaften Geschichte über soziale Ungleichheit und den Versuch, diese Schranken zu überwinden, über Krieg und Verlust, über Flucht und Vertreibung, vor allem aber über Menschlichkeit und Nächstenliebe mit Texten und Motiven aus dem Talmud und der Bibel, aus Märchen und von Saadi über Goethe bis zu Jelineks "Schutzbefohlenen" hat mich tief beeindruckt.

 

Die Schweizerin Stefanie Sourlier bloggt unter welserstadtschreiberin.wordpress.com. Sie liest zum Abschluss ihrer Zeit in Wels am Samstag, 25. Juni, um 11 Uhr in der Galerie Forum, Stadtplatz 8, aus ihren Welser Texten.

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1  Kommentar
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pkw05 (1.167 Kommentare)
am 23.06.2016 20:56

Berichte aus dem Ponyhof!

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