Auf der Suche nach der offenen Stadt Wels
Vor fünfzig Jahren wurde Wels die erste Statutarstadt in Oberösterreich. In diesem halben Jahrhundert hat sich die Wahrnehmung eines Bürgers, eines Stadtmenschen und einer Stadtverwaltung radikal geändert.
Ich wohne auf dem Stadtplatz und kann täglich aus der Nähe die Stadt im Aufbruch und im Wandel beobachten. Wels steht vor der Herausforderung, die demografischen und strukturellen Veränderungen aktiv zu gestalten, um die hohe Lebensqualität zu erhalten. Die Authentizität einer mittelgroßen Stadt hat es schwierig in einer globalen Welt, wo sich die Standardisierung schnell durchsetzt. Franchising statt Individualität, sehe ich auf vielen Orten der Innenstadt. Lärm statt Ruhe. Autos und Parkplätze statt Fahrradwege. Die Einkaufszentren am Stadtrand von Wels haben die Funktionen von Boulevard, Marktplatz und Warenhaus übernommen als Tempel einer Konsum- und Komfort-Kultur. Viele Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten haben sich an den Stadtrand verlagert. Ich bin einmal mit dem Fahrrad Richtung Max Center gefahren, und es hat mich fast das Leben gekostet.
Bei vielen Spaziergängen in der Innenstadt hat mich überrascht, dass zahlreiche Durchgänge verschlossen sind. Man hat mir erklärt, das war früher nicht so. Da wird den Bürgern der öffentliche Raum, der Grundbestandteil gesellschaftlichen Lebens, vor Augen privatisiert. Neue Hierarchien entstehen, und die Menschen schotten sich voneinander ab.
Viele von den alten Passagen und Arkadenhöfen aus der Barockzeit oder sogar Renaissance gehören zu den schönsten Orten in der Topografie der Altstadt und tragen zu der inhaltlichen Spezifität von Wels bei. Nur bei der nachhaltigen Entwicklung und beim klaren Umgang mit öffentlich genutzten Einrichtungen kann die lokale Identität der Stadt Wels weiter unverwechselbar bleiben.
Auch die Innenstadtagenda 21 feiert – die ersten fünf Jahre. Bei den besten Projekten habe ich viele Leute kennengelernt, die auf der Suche nach der offenen Stadt Wels sind, wo Menschen zusammen leben, neugierig auf die wiedergefundene Zeit, nach einem urbanen Mikrokosmos, reich an Cafés, Restaurants, Geschäften, Spielplätzen, Galerien, Orten voller Geist oder Handwerkskunst, wo der Mensch noch das Langsame anerkennt, den wohltuenden Rhythmus des Frühlings, die Echtheit der Produkte, den Geschmack und die Gesundheit achtet. Jeder kann seine Meinung äußern, ein Projekt vorbereiten und mitmachen.
Mit engagierten Bürgern wird Wels zukunftsfähig. Sonst droht, was Italo Calvino vorhergesagt hat: "Ich glaube, ich habe so etwas wie ein letztes Liebesgedicht an die Stadt geschrieben, in einem Moment, in dem es immer schwieriger wird, sie als Stadt zu erleben."
michal@hvorecky.com
Die Welser Innenstadt ist doch tot. Wels findet am Stadtrand statt,in den Einkaufstempeln im Norden und Süden. Der Stadtplatz an den Wochenenden eine Geisterzone - kein Leben ,nichts.
Den Welsern macht es nichts aus, eine Bauern - und Biedermeierstadt eben.
...
Hast du auch etwas Konstruktives zu sagen oder nur polemisches ?
Bin in der Nähe von Wels aufgewachsen, und entsprechend oft in Wels einkaufen, bummeln oder fort gewesen. Meiner Ansicht nach hat Wels seit Jahren ein Problem - zum einen wird das Bild in der Stadt immer unattraktiver. Wo früher viele interessante Geschäfte und Lokale waren, findet man heute an jeder Ecke Dönerbuden und Handyshops. "Gewisse Bevölkerungsanteile" (nennen wirs mal so) mit entsprechendem Auftreten und Verhalten zu jeder Tageszeit fördern die Attraktivität Wels ebenfalls nicht unbedingt.
Was Einkaufen betrifft - ich denke hier ist vieles hausgemacht. An Wochenenden einen Parkplatz zu finden ist teilweise eine echte Challenge, und nebenbei werden überall Gebühren eingehoben. Nicht nur einmal ist es mir passiert, dass ich ein paar Minuten über der Zeit bin (ohne es zu wollen) - Parkstrafen wurden dennoch beinhart verrechnet.
Teils die Leute, aber auch das Stadtbild, die Parkplatzsituation & teils beträchtliche Wohnungspreise haben sich in den letzten Jahren nicht verbessert.