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Postfaktisch, praktisch, gut

08. November 2016, 00:04 Uhr

Heute wählen die USA. Endlich.

Hätte die unübertroffene Schlamm- und Schmähschlacht zwischen Donald Trump und Hillary Clinton noch eine Woche länger gedauert, bräuchte es parteienseparierte Punschstände für etwas vorweihnachtliche Philanthropie. Der Rest der Welt jedenfalls schaut heute zu und fragt sich (Ausnahmen bestätigen die Regel), wie es eigentlich so weit kommen konnte, dass einem Reality-TV-Fiesling womöglich die Atomcodes einer Weltmacht ausgehändigt werden.

Wahrscheinlich ist es nicht, dass Trump gewinnt. Aber immerhin konnte er auf der Zielgeraden noch Stimmen aufholen. Und das, obwohl kein anderer Präsidentschaftskandidat je so viel Bullshit verzapft – und ge-twittert! – hat. Ja genau, Bullshit. So nennt der Philosoph Harry G. Frankfurt aufschneiderisches Geschwafel, das dort zutage tritt, wo Menschen über Dinge sprechen, von denen sie eigentlich nichts verstehen. Dazu kommen bei Trump haufenweise Falschaussagen.

Das in Washington ansässige Medium Politico hat eine Woche lang sämtliche Reden und Interviews beider Präsidentschaftskandidaten analysiert. 87 Unwahrheiten fand Politico in 4 Stunden und 43 Minuten gesammelter Redezeit von Donald Trump. Das entspricht einer Falschaussage alle 3,25 Minuten. Clinton, die nun auch nicht gerade als Engerl der Nation gilt, kam an diese Rate bei Weitem nicht heran. Dass "The Donald" trotzdem gute Umfragewerte hat, ist nicht zuletzt dem Zeitgeist der Post-Truth Politics – der postfaktischen Politik – geschuldet.

Im postfaktischen Zeitalter hat die argumentbasierte Debatte ausgedient. Jener Kandidat, dessen Aussagen durch Political Incorrectness oder Locker-Room-Rhetorik für die stärkste Erregung und beste Unterhaltung sorgen, profitiert hingegen. Das hängt mit der Logik von Facebook und Twitter zusammen. Was schnell verständlich und hochemotional ist, wird geklickt und in die Masse verbreitet, am liebsten dann, wenn es das persönliche Weltbild untermauert. Inhaltliche Widerlegungen, journalistische Faktenchecks etwa, werden hingegen deutlich seltener via Social Media geteilt oder – ein prosperierendes Phänomen – als Falschdarstellung der "Systemmedien" ausgelegt. Als Alternative zu diesen "Systemmedien" etabliert man eigene, hyperparteiische Informationskanäle, die absichtlich tendenziöse oder sogar falsche Meldungen publizieren, teils unter dem Deckmantel besonders unabhängiger Berichterstattung.

In Hinblick auf die österreichische Präsidentschaftswahl, die uns ja auch noch bevorsteht, halte ich es daher mit Armin Wolf: Journalismus muss wieder lernen, das Publikum zu seriöser Information zu verführen. Journalismus muss Social Media infiltrieren.

Martina Mara ist Medienpsycho- login und forscht am Ars Electronica Futurelab zur Mensch-Roboter-Beziehung

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