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„Wir sind ja nicht sensationsgeil“

Von Helmut Atteneder, 17. Jänner 2018, 16:57 Uhr
Michael Kögler, Sport-Chefredakteur ORF Bild: Foto: ORF

ORF-Sport-Chefregisseur Michael Kögler und sein persönliches Kitzbühel-Wochenende

Michael Kögler ist seit 1987 für den ORF bei den Rennen in Kitzbühel dabei, seit drei Jahren ist er für die Regie zuständig.

OÖN: Was macht ein ORF-Chefregisseur eigentlich? 

Michael Kögler: Ich muss die Geschichte erzählen, die die Kommentatoren in Worte fassen. Nicht bloß einen nach den anderen herunterlassen. Außerdem stehe ich ständig in Verbindung mit der FIS und dem Veranstalter. Kitzbühel ist wie Wimbledon im Tennis, Augusta im Golf oder Monte Carlo in der Formel 1, es ist das einzige Skirennen, das weltweit anerkannt ist. Eine schöne Aufgabe, das umzusetzen.

OÖN: Und der ORF betreibt dafür einen gewaltigen Aufwand. 

Michael Kögler: Ja, wir haben technisch alles hier, was wir einsetzen können. Mehr als 40 Kameras. Wir haben eine CamCat entlang des gesamten Zielschusses, wir haben neun Zeitlupen-Kameras mit bis zu 2500 Bildern pro Sekunde. Da kannst du dann wirklich genau erkennen, wo der Ski hängen bleibt, du siehst die Anspannung der Muskeln. Wir haben drei Kräne dabei, drei Remote-Kameras, eine bei der Steilhang-Ausfahrt, direkt auf dem A-Netz montiert, damit man sieht, wie knapp der Läufer ans Netz heran fährt. Eine Kamera haben wir bei der Traverse unten, die hinauf schaut. Auch VIP-mäßig und von der Emotion her ist es das wichtigste Rennen, das es gibt. 1963 waren wir mit vier Kameras da, jetzt decken wir die gesamte Strecke aus den verschiedensten Blickwinkeln ab.

OÖN: Warum gelingt es  bei allem technischen Fortschritt nicht, die Steilheit des Geländes realistisch darzustellen?


Michael Kögler: Es gelingt an manchen Stellen. Entscheidend ist, dass du schönes Wetter hast. Die Steilheit ist mit der Zweidimensionalität des Fernsehbildes schwer darstellbar. Wenn du zeigen willst, wie steil es ist, musst du hunderte Meter weit weg stehen. Wenn du so weit weg bist, siehst du ein kleines Manderl herunterfahren und hast wieder nichts davon. Und selbst da kannst du die tatsächliche Steilheit nicht erkennen. Das ist ein Kompromiss, den du eingehen musst. Wichtig ist natürlich auch der Ton, damit du das Fahren, die Skier hörst.

OÖN: Werden wir die Mausefalle irgendwann einmal als als gefühlt passiver Pilot mitfahren können?

Michael Kögler: Es ist naturgesetzmäßig schwierig. Bei den Videospielen gibt es schon vieles, das grafisch in 3D umgesetzt werden kann. Bei einem Livebild hat man das auch probiert, davon ist man wieder abgekommen, weil der 3D-Effekt nur bei ganz großen Leinwänden mit den Brillen wirklich funktioniert. Die Brillen mit dem Virtual-Reality-Effekt könnten hier in Zukunft etwas bringen. Da bist du unmittelbar am Geschehen und da, wenn ich die richtige Position habe, geht es schon deutlich runter. Da stehst du virtuell am Grand Canyon und schaust hinunter und es ist wie in der Wirklichkeit. Die Problematik ist, dass der Schnee weiß ist und du die Konturen schwer wahrnehmen kannst.

OÖN: Sie wollen mit Ihrer Regie den Zusehern Geschichten erzählen. Zu den Geschichten der Hahnenkamm-Abfahrt zählen auch schwere Stürze. Wie gehen Sie damit um? 

Michael Kögler: Es gibt eine klare Ansage: Wenn ein Läufer schwer stürzt, wie zum Beispiel vor zwei Jahren Svindal, Reichelt und Streitberger, und wir sehen, dass der Läufer nicht aufsteht oder irgendein anderes Lebenszeichen von sich gibt, schauen wir, dass wir so total sind, dass man praktisch nichts sieht. Da spielen wir auch keine Zeitlupe. Ich habe zum Beispiel bei der Ski-WM in Vail übertragen. Dort ist der Tscheche Ondrej Bank bei der Kombi-Abfahrt so schwer gestürzt. Da haben wir erst vor Beginn des zweiten Durchgangs eine Slo-Mo gespielt, als wir vom Spital erfahren haben, dass er soweit gesund ist. Wir filmen das natürlich, um es zu haben, aber solang nicht klar ist, was da ist, gehört die oberste Rücksicht dem Athleten. Wir sind ja nicht sensationsgeil, dass wir da groß mit der Kamera hinfahren und irgendwelche Sachen zeigen. Da geht man dann auf das Publikum.

OÖN: Wie war das vor zwei Jahren beim Svindal-Sturz? 

Michael Kögler: Da bin ich mit der Kamera auf Lauda und Schwarzenegger gegangen, die ganz gebannt da hinauf geschaut haben. Und dann, wenn der aufsteht und der Applaus kommt, dann gehst du mit der Kamera wieder zum Läufer. Dort, bei der Hausbergkante, haben wir ja auch – nicht nur der Stürze wegen – diese Super-Slow-Motion-Kameras, mit denen du den Sturz genau darstellen kannst. Wir haben damals die drei Fahrer an dieser Stelle nebeneinander stürzen lassen. Da hat man gesehen, dass alle drei den gleichen Fehler an der gleichen Stelle gemacht haben und dann rauskatapultiert worden sind.

OÖN: In Kitzbühel reden alle von der Abfahrt, aber wie schwierig ist für Ihre Arbeit der Slalom? 

Michael Kögler: Einen guten Slalom zu übertragen, ist nicht einfach. Früher wurde der auch in Kitzbühel stiefmütterlich behandelt. Aber auch da haben wir technisch massiv aufgestockt. Beim Slalom musst du die Tore vorschauen, um die Linie zu zeigen - und auf der anderen Seite musst du ganz nah dran sein. Wenn du von der Seite mitschwenkst, siehst du das Tor gar nicht, merkst nicht, ob da jemand eingefädelt hat. Du musst also viel von vorne zeigen, um die Dynamik der Läufer zu zeigen. Dazu kommt der selektive Hang mit vielen Stufen. Das macht es schon reizvoll. Dieses Wochenende ist der Slalom durch den Lauf von Marcel Hirscher mit der Abfahrt gleichzusetzen.

OÖN: Was ist das Schlimmste, das dem Regisseur passieren kann? 

Michael Kögler: Wenn du normale Intervalle hast, kannst du die Dinge ganz ruhig herunterspielen. Du zeigst zwischen den Läufern die anderen bei der Vorbereitung. In Flachau haben wir das ganz bewusst mit Mikaela Shiffrin und Bernadette Schild gemacht. Das ist Storytelling, das einzufangen und vorzubereiten ist die Challenge. Beim Slalom ist es einfach, da kann ich steuern. Bei der Abfahrt bin ich von den Intervallen abhängig. Im Vorjahr hat der Jubel des Siegers Dominik Paris mehr als 15 Sekunden gedauert, da kannst du nicht weg, diese Emotion musst du einfangen, das ist ja das Schönste. Auf der anderen Seite hast du aber den Druck, dass oben jemand am Start steht, denn du auch zeigen musst.

OÖN: Welche Geschichte wollen Sie am Samstag bei der Abfahrt besonders hervorheben? 

Michael Kögler: Den Svindal. Der ist erstmals seit seinem Sturz vor zwei Jahren wieder da, das ist sicherlich die Geschichte des Rennens. Und dann natürlich immer die Österreicher und den Feuz wird man auch mitnehmen müssen, auch, wenn er gestern so über die Piste geschimpft hat.

OÖN: Welches Startintervall wird Ihnen zur Verfügung stehen? 

Michael Kögler: In Wengen waren es 2:40 Minuten, also nehme ich an, dass ich das in Kitzbühel auch Minimum bekomme. Es ist immer eine Wetterfrage. Wenn ich jetzt beim Fenster hinausschaue, ist es leider ganz schlimm. Da würde ich 1:15 bekommen. Es steckt ja viel Herzblut drinnen. Man fährt die Strecke ja oft ab und schaut, ob man neue Möglichkeiten findet. Wenn das aufgeht, bist du natürlich froh.

 

Die Strecke im Detail:

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1  Kommentar
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Lerchenfeld (5.195 Kommentare)
am 17.01.2018 18:06

Klar,das Staatsfernsehen hat ja einen KULTURauftrag....

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