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Mortier: „Es gibt in Madrid einen Fanclub gegen mich“

Von Christoph Lindenbauer, 23. Jänner 2012, 00:04 Uhr
Interview
Gérard Mortier Bild: EPA

Gérard Mortier (68), ehemaliger Intendant der Salzburger Festspiele, der Ruhr-Triennale, der Pariser Oper und gegenwärtig Leiter des Opernhauses in Madrid, war zu Gast in Salzburg. Im Interview spricht er über Arbeit in Madrid, seine Erfahrungen mit Bayreuth und das Programm der Salzburger Festspiele.

Herr Mortier, wie geht es Ihnen in Madrid?

Mortier: Ich habe viele Feinde und viele Anhänger. Im Vorjahr hat sich ein Fanclub gegen mich formiert, aber der hat nur 180 Mitglieder, das beeindruckt in einer Stadt mit vier Millionen Einwohnern nicht besonders. Madrid ist konservativ und modern zugleich, aber im Bereich Literatur, bildende Kunst oder auch Komposition passiert in Madrid zurzeit mehr als etwa in Paris. Eines meiner wichtigsten Anliegen ist es, das Publikum in Madrid von einer neuen Richtung, nämlich der Oper des 20. Jahrhunderts, zu überzeugen. Also habe ich etwa „Elektra“, „Pelléas et Melisande“, „Lady Macbeth von Mzensk“ (Oper von Schostakowitsch, Anm.) oder etwa ein Projekt mit Marina Abramovic gebracht. Die Folge war, dass der Stand der Abonnenten von 14.000 auf 12.000 gesunken ist. Aber die Hälfte davon ist bereits zurückgekommen.

Sie sind in Madrid angetreten, um das Opernhaus in eine höhere Liga zu katapultieren. Wie ist der Stand der Dinge bei diesem ambitionierten Vorhaben?

Mortier: Ich bin jetzt zwei Jahre da, und vieles ist gelungen. Vor allem habe ich an der Struktur dieses wunderbaren Hauses gearbeitet und als Erstes den Chor und das Orchester neu formiert. Jetzt kann ich behaupten, einen der besten Opernchöre Europas zu haben, das kann sich der Wiener Staatsopernchor jederzeit anhören kommen. Auch beim Orchester machen wir gute Fortschritte, da gibt es jetzt kaum noch Unterschiede etwa zum Orchester der Oper im Londoner Covent Garden.

Spanien hat einen rigorosen Sparkurs ausgerufen. Wie stark spüren Sie den?

Mortier: Der macht uns zu schaffen. Konkret ist unser Budget von 57 auf 51 Millionen Euro gekürzt worden, also um 15 Prozent, das ist schon erheblich. Jetzt sparen wir halt bei den Bühnenbildern. Und bei den Sängern, die in Italien und Spanien höher als in Deutschland bezahlt werden. Aber die tragen den Sparkurs mit. Noch lassen sich die Finanzen intern ausgleichen.

Sind die geplanten Opernprojekte – etwa die „Così“ mit Michael Haneke oder die Oper von Philip Glass über Walt Disney – noch zu realisieren?

Mortier: Ja, das wird alles in diesem Jahr kommen. Wir beginnen die kommende Saison mit „Boris Godunow“, und ich mache einen Puccini, nämlich „Suor Angelica“. Dann kommt die Uraufführung von Philip Glass, dann die Michael-Haneke-„Così“, und schließlich kommt auch Riccardo Muti mit seinem „Il Mercadante“ – das ist ein Zugeständnis an die spanischen Traditionalisten, aber wenn man schon so etwas machen will, dann wenigstens auf hohem Niveau.

Haben die beiden Bayreuth-Intendantinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier ihr Festival im Griff?

Mortier: Das kann ich als Ganzes nicht beurteilen. Ich habe einen „Tannhäuser“ gesehen, der mir musikalisch sehr gut gefallen hat. Thomas Hengelbrock hat das hervorragend gemacht. Aber die Inszenierung (Sebastian Baumgarten, Anm.) war absolut scheußlich.

Zu Salzburg. Da hat Alexander Pereira jetzt ein längeres, teureres und quantitativ dichteres Programm für 2012 vorgelegt.

Mortier: Man soll Pereira einmal arbeiten lassen. Auch ich habe die Salzburger Festspiele damals verlängert und das Kartenangebot vergrößert. Das hat sich als richtig herausgestellt. Herr Pereira ist unglaublich gut in der Sponsorensuche, das macht ihm keiner nach. Aber es ist keine Frage, Pereiras Programm ist ein restauratives Programm. Aber damit bezieht er Stellung, und das ist gut. Als ich das Programm zugeschickt bekommen habe, dachte ich: Aha, das stammt aus Karajans Zeiten und ist 40 Jahre lang auf dem Postweg herumgeschwirrt. Also, die Frage, ob man Festspiele braucht, um neuerlich Opern wie „La Bohème“ und „Carmen“ zu sehen, möchte ich schon in den Raum stellen. Pereiras Programm wird vielen gefallen. Aber ob dieses Konzept auf Dauer interessant ist, muss sich herausstellen.

 

Gérard Mortier

* 25. November 1943 in Gent, studierte Rechts- und Kommunikationswissenschaften. Ab 1968 u.a. Assistent des Direktors beim Flandern-Festival, 1981-91 Leitung der Brüsseler Oper mit dem musikalischen Leiter Sylvain Cambreling; ab 1991 Intendant der Salzburger Festspiele (unter seiner Ära wurden 25 Opern des 20. Jahrhunderts aufgeführt). 2002-04 Leitung RuhrTriennale, 2004-09 Leitung Pariser Oper; seit 2010 Leitung Madrider Opernhaus Teatro Real.


 

 

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1  Kommentar
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grita (13 Kommentare)
am 23.01.2012 12:21

Ob Herr Lindenbauer nicht seine Leserschaft ein wenig
unterschätzt ?
Danke für den Hinweis, aber ich denke, wer dieses Interview liest, kennt auch die Oper "Lady Macbeth von Mzensk"...

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