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Literaturnobelpreis für unbekannten „Meister der Langsamkeit“

Von Peter Grubmüller, 07. Oktober 2011, 00:04 Uhr
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Bildergalerie Nobelpreisträger 2011
Bild: EPA

Wieder nicht Philip Roth, wieder nicht Bob Dylan, wieder nicht Haruki Murakami. Der Nobelpreis für Literatur 2011 geht überraschend an den schwedischen Lyriker Tomas Tranströmer. Der 80-Jährige ist seit einem Schlaganfall 1990 gehbehindert und kann kaum noch sprechen.

Tranströmer ist seit 1901 der achte Schwede, dem der wichtigste Literaturpreis der Welt zuerkannt wurde. Keinem der jemals Ausgezeichneten genügte ein derart schlankes Werk. Tranströmers insgesamt veröffentlichte und in mehr als 50 Sprachen übersetzte Poesie passt in einen Band von nicht einmal 300 Seiten. Der Preis ist umgerechnet mit 1,1 Millionen Euro dotiert.

„Ich bin überglücklich und ich hoffe, dass diese Ehre eine Aufmunterung für ihn ist, mit diesem Leben irgendwie weiterzukommen“, sagt Michael Krüger, Schriftsteller und Chef des Carl-Hanser-Verlages, im Gespräch mit den OÖNachrichten. Krüger und Tranströmer sind seit 1969 gut befreundet. „Wir haben uns in diesem Jahr erstmals getroffen, das war beim literarischen Kolloquium in Berlin, er hat damals seine ersten Übersetzungen gelesen. Seit 1989 verlegen wir alles von ihm.“

Zur Zeit dieser ersten Begegnung arbeitete Tranströmer noch als Psychologe mit jugendlichen Kriminellen, und es sei kaum vorstellbar, welch feiner, überaus zurückhaltender Mann sich damals bei Krüger vorgestellt habe. „Auch deshalb bin ich so glücklich, weil der Nobelpreis damit einen Meister der Langsamkeit würdigt“, sagt Krüger.

Erstaunlich war, wie sich Tranströmer von seinem Schlaganfall erholte, obwohl es äußerst kritisch um ihn gestanden war. Er reiste sogar, vor zwei Jahren zum Lyrikertreffen nach Münster, in China besuchte er noch einmal eine Lesung aus seinen Werken. Und Klavier spielt er wieder, wenn auch nur mit der Linken, mit der er sich in den raren Momenten, in denen er sich aus dem Rollstuhl erhebt, auf einen Stock stützt.

In Schweden gilt Tranströmer als Neuerfinder der Metapher, er verknappt seine Bilder und öffnet sie für die Geheimnisse des Alltags. Demnach sei etwa „Schweden ein an Land gezogenes, abgetakeltes Schiff“ oder die Zeitung ein „großer, schmutziger Schmetterling“. So nah er seine Poesie an die Realität auch heranrückt, bleibt sie dennoch in ihrer eigenen Welt.

Im Laufe seines Schaffens wurde seine Lyrik obendrein stets reduzierter. Sein jüngster Gedichtband, der 2004 auf Schwedisch erschien, enthält ausschließlich Haikus (traditionelle japanische Gedichtform, 10 bis 14 Silben). Ihm war es stets wichtig, in einer Welt voll Krieg und Gewalt den Überblick nicht zu verlieren. Das Entscheidende für ihn sei allerdings nicht eine Ideologie, sondern „die Vision“, sagte er in einem Interview 1986. Er selbst wurde zum Namensgeber des Tranströmerpreises, der an skandinavische Lyriker verliehen wird.

Der Radiosender Ö1 ändert nun sein Programm und wiederholt am 10. Oktober um 21 Uhr die Sendung „Die Erinnerungen sehen mich – ein Besuch beim schwedischen Dichter Tomas Tranströmer“.

 

„Heimwärts“ von Tomas Tranströmer

Ein Telephongespräch lief in die Nacht aus und glitzerte
im Land und in den Vorstädten.
Danach schlief ich unruhig im Hotelbett.
Ich ähnelte der Nadel eines Kompasses, den der
Orientierungsläufer mit pochendem Herzen durch den
Wald trägt.

Übersetzung: Hanns Grössel, aus „Tomas Tranströmer: Gedichte. Ausgewählt
von Raoul Schrott, Siegfried Völlger, Michael Krüger“, Hanser 2000, 48 Seiten
 

Literatur-Nobelpreisträger seit 2000

2011 Tomas Tranströmer     Schweden
2010 Mario Vargas Llosa    Peru
2009 Herta Müller          Deutschland
2008 JMG Le Clézio         Frankreich
2007 Doris Lessing         England
2006 Orhan Pamuk           Türkei
2005 Harold Pinter         England
2004 Elfriede Jelinek      Österreich
2003 John M. Coetzee       Südafrika
2002 Imre Kertesz          Ungarn
2001 V. S. Naipaul         England/Trinidad
2000 Gao Xingjian          China/Frankreich

Der Nobelpreis für Literatur wird seit 1901 – mit wenigen Ausnahmen – jährlich vergeben. Nach dem testamentarischen Willen des schwedischen Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896) erhält derjenige den Preis, „der in der Literatur das Ausgezeichnetste in idealistischer Richtung hervorgebracht hat“.

 

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1  Kommentar
1  Kommentar
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( Kommentare)
am 07.10.2011 02:50

Was ist denn das für ein laaaaaanger Schlusssatz-Einzeiler.

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