Joachim Gauck: Ein Kämpfer für die Freiheit
Joachim Gauck kann Reden halten. Ruhig, klar und bestimmt ist sein Stil. Doch während andere ähnlich gut klingende Ansprachen halten, der Inhalt aber unter den Tisch fällt, hat Gauck etwas zu sagen. Gauck ist glaubwürdig. Er hat viel erlebt, er denkt viel nach.
Joachim Gauck kann Reden halten. Ruhig, klar und bestimmt ist sein Stil. Doch während andere ähnlich gut klingende Ansprachen halten, der Inhalt aber unter den Tisch fällt, hat Gauck etwas zu sagen. Gauck ist glaubwürdig. Er hat viel erlebt, er denkt viel nach. Das Thema Freiheit treibt ihn an – davon zeugt auch seine gestrige Eröffnungsrede der Salzburger Festspiele. Dass freie Menschen in einer freien Gesellschaft von freien Künstlern begleitet einander begegnen können, sei nicht selbstverständlich, sagte der 71-Jährige.
Das Schlüsselerlebnis für sein Lebensthema erfährt Gauck als Elfjähriger in Rostock an der Ostsee. Die Mutter teilt ihm mit, dass sein Vater nach Sibirien verschleppt wurde. Erst nach vier Jahren sehen sie einander wieder. Wie Gauck zum real existierenden Sozialismus steht, ist kein Geheimnis. Er studiert Theologie und wird als Pfarrer vom DDR-Ministerium für Staatssicherheit permanent überwacht. Als führendes Mitglied in der Bürgerbewegung „Neues Forum“ setzt er sich im Herbst 1989 für die Einheit Deutschlands ein. Ein Jahr später, am Tag des Beitritts der DDR zur BRD, ernennen ihn Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Kanzler Helmut Kohl zum Sonderbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Zehn Jahre lang leitet Gauck schließlich die Behörde – was von linker Seite nicht nur mit Wohlwollen bedacht wird. Auch der Klubchef der Linkspartei, Gregor Gysi, ist unter den Kritikern. „Während Gysi im guten Einvernehmen mit meinen Diktatoren lebte, war Gauck Teil der Friedensbewegung“, sagte der Bürgerrechtler Gauck dazu im vergangenen Jahr. Grüne und SPD hatten ihn als Präsidentschaftskandidaten vorgestellt, ein Dorn im Auge vieler Linker. Teile der konservativen Parteien und der Liberalen waren dagegen begeistert. Es reichte nicht: Der Vater von vier heute erwachsenen Kindern unterlag im dritten Wahlgang dem offiziellen Kandidaten von Union und FDP, Christian Wulff.
Gauck wäre als Präsident ein „Unruhefaktor“ im besten Sinne, er bringe „uns zum Nachdenken“, hatte der Historiker Paul Nolte vor der Wahl gemeint. Auch in seiner gestrigen Rede sprach Gauck viel von Haltung und Mündigkeit, nicht in „Meeren der Anpassung“ zu sein und in den „Wüsten der politischen Ohnmacht“ und, nicht nur, aber besonders mit Blick auf die Anschläge in Norwegen: „Wir dürfen uns von den Fanatikern und Mördern nicht unser Lebensprinzip diktieren lassen.“ Wichtiger als Sicherheit war dem Bürgerrechtler stets die Freiheit.