Die Poesie von Sex im Alter
Der 49-jährige Franzose Pascal Rabaté ist erfolgreicher und vielfach preisgekrönter Gestalter von Comic-Romanen. Einen davon hat er jetzt selbst verfilmt: „Das Leben an der Angel“ läuft in den österreichischen Kinos.
OÖN: Sie erzählen die Geschichte des Witwers Émile. Nach dem Tod seines besten Freundes bricht er zu einer Reise auf. Entlang der Ufer der Loire begegnet er nicht nur seiner Vergangenheit, sondern entdeckt auch sein Leben und die körperliche Liebe neu. Haben Sie ein Tabu durchbrochen?
Rabaté: Tabu ist vielleicht nicht das richtige Wort. Es geht eher um Ignoranz. Mit diesem Thema hat man sich selten beschäftigt, weil es keinen Glamour-Faktor hatte. Solche Dinge geschahen nur hinter Vorhängen. Die Körper von 70- bis 80-Jährigen mit Liebe zu betrachten, das kann auch schön sein. Neben Ignoranz spielt auch Angst eine sehr wesentliche Rolle.
OÖN: Inwiefern?
Rabaté: Ich meine die Angst vor dem Scheitern, dem Zurückgewiesenwerden. Diese Angst wird mit zunehmendem Alter immer größer und größer. Man muss diese Lähmung überwinden, um über die Schwelle zu kommen. Erst dann kann man das Begehren wieder entdecken. In meiner Geschichte versuche ich, Antworten zu geben. Zumindest vage.
OÖN: Wie reagierte Ihr Verleger, als Sie mit dem Vorschlag kamen?
Rabaté: 1998 hatte ich Alexis Tolstoïs Roman „Ibiscus“, über den Aufstieg und Fall eines Opportunisten während der russischen Revolution 1917, in Comic-Form gebracht. Das wurde ein Riesenerfolg und erleichterte die folgenden Projekte. Ich selbst mache mir nie Gedanken darüber, wie etwas aufgenommen werden könnte. Ich fange an zu arbeiten und schaue, was herauskommt. Ich war sicher nicht der Allererste, der sich mit dem Thema Sex im Alter beschäftigte, aber keiner fand zuvor so viel Beachtung. Ich denke, das lag irgendwie in der Luft. Bestimmt kein Zufall, dass alsbald das Angebot für die Verfilmung kam.
OÖN: Haben Sie intensiv recherchiert?
Rabaté: Ich habe Personen in meinem Umfeld und vor allem meine Mutter ausgefragt, und ich habe auch mit dem medizinischen Personal in geriatrischen Kliniken gesprochen. Alles in Grenzen, denn es ging mir nicht um die Realität. Ich wollte das Ganze aus meiner unkonventionellen Sicht erzählen, wollte dem Thema eine neue Vision geben. Abgehoben und poetisch.
OÖN: Cervantes lässt seinen Don Quijote sagen: „Tatsachen sind die Feinde der Wirklichkeit“.
Rabaté: Ein schöner Satz, denn er ist ein gutes Beispiel für den Geist, der mein Schaffen beherrscht.
OÖN: Ein Schaffen, das immer auf einer gewissen Leichtigkeit basiert...
Rabaté: Meine künstlerische Arbeit ist immer ein Spiegel dessen, was ich erlebe. Natürlich verzerrt, weil es ja durch den Filter der eigenen Person geht. Je schwieriger das Thema, umso wichtiger ist eine gewisse Leichtigkeit und Distanz. Damit befreie ich mich auch von der Diktatur des Emotionalen in Film und Literatur. An Naturalismus bin ich nicht interessiert, mehr am entrückten Blick auf die Realität.
OÖN: In Frankreich lief „Das Leben an der Angel“ schon vor einem Jahr an. Wie waren die Reaktionen?
Rabaté: Wir hatten so viele Frauen im Saal. Klar, die Premiere erfolgte zur Fußball-WM. Es waren viele reifere Frauen da, und die versicherten mir nachher: „Du hast Recht, wir wollen das auch einfordern!“ Und nun mein Dank an Raymond Domenech, den Coach unserer Fußball-Nationalmannschaft. Weil sich unser Team so früh von der WM verabschiedete, kamen bald auch Männer ins Kino. Sonst hätte der Film keine fünf Monate in den Kinos durchgehalten, mit mehr als 320.000 Zuschauern.
Das Buch: Der Comic-Roman „Bäche und Flüsse“ von Pascal Rabaté erzählt die Geschichte des Pensionisten Émile, der im hohen Alter auf die freie Liebe trifft (Reprodukt 2009, 94 Seiten, 18 Euro).
viell. geht denen dann das eine oder andere erotische liachtal auf...
leitet sich vom römischen Ovilavis ab,
in der Mundart als
o, wie lab is`s,
( Hochdeutsch: oh, wie langweilig ist es)
ab!
Nomen est omen!