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Tabakwerke - OÖN-Interview: Diese Fabrik hält einiges aus

Von Von Silvia Nagl, 11. November 2010, 00:04 Uhr
Diese Fabrik hält einiges aus
Linzer Tabakfabrik: Tag der offenen Tür am Freitag, Symposion mit vergleichbaren Beispielen am Freitag und Samstag. Bild: Volker Weihbold

Was soll aus der leer stehenden ehemaligen Linzer Tabakfabrik werden? Die aus vier Architekten und einem Sozialwissenschaftler bestehende „umbauwerkstatt“ ist ein Forschungslabor zur Nachnutzung der Fabrik. Im OÖN-Interview spricht der in Wien und Linz lebende Architekt Lorenz Potocnik über Ideen, Szenarien und vermeidbare Fehler.

OÖN: Die Nachfrage nach Führungen durch die Tabakfabrik ist enorm. Was, glauben Sie, ist der Grund für dieses große Interesse?

Potocnik: Ein Grund ist sicher, dass die Tabakfabrik im kollektiven Gedächtnis der Linzer Bevölkerung fest verankert ist. Viele Familien haben direkt mit der Fabrik zu tun gehabt. Jeder hat die Fabrik gekannt, aber kaum jemand war bis vor einem Jahr drinnen. Die meistgestellte Frage aber ist: Was kommt da hinein?

OÖN: Ihre Antwort?

Potocnik: Dass wir das nicht wissen. Und dass uns das – provokant formuliert – auch nicht interessiert. Das ist ein langer Prozess, und wir wollen zu diesem Prozess beitragen.

OÖN: Ist aus Ihrer Sicht also der Weg das Ziel?

Potocnik: Ja, so kann man das sagen. Wir wollen nicht, dass irgendetwas hineingefüllt wird, nur weil es schnell geht und billig ist. Es gilt, langfristige Szenarien zu entwickeln.

OÖN: Können Sie sich vorstellen, dass die Linzer Kunstuni in der Fabrik Platz findet?

Potocnik: Ja, das wäre vorstellbar. Aber natürlich nur als ein Teil des Gebäudekomplexes, vielleicht ein Viertel. Doch da gibt es in der Uni verschiedene Denkarten. Und manche Züge sind ja schon auf Schiene: Das ehemalige Post-Gebäude ist schon von der Uni adaptiert. Das Brückenkopf-Gebäude Ost soll Platz für die Kunstuni bieten, aber darüber sollte schon noch nachgedacht werden.

OÖN: Es gibt ja eine von der Stadt beauftragte Entwicklungsgesellschaft, die über eine Nachnutzung der Fabrik nachdenken soll. Gibt es zwischen afo und dieser Gruppe Kontakt und Gedankenaustausch?

Potocnik: Die Stadt Linz hat sehr schnell die nötigen juristischen Schritte getätigt und eine Entwicklungsgesellschaft und einen Aufsichtsrat gegründet. Das ist richtig so. Aber es übersteigt die Zeitressourcen der darin Tätigen, nachzudenken, was in die Fabrik kommen soll. Das sind Entscheidungsgremien und keine Nachdenkgremien. Außerdem bin ich der Überzeugung, dass es dazu auch Leute von außen braucht. Da muss die Stadt Linz auch Geld hergeben und Leistung einkaufen. Solch ein Prozess ist nicht nebenberuflich zu schaffen. Am besten wäre es auch, eine Art Intendant, eine charismatische Persönlichkeit, die sich nur mit der Fabrik beschäftigt, zu suchen.

OÖN: Kontakt mit diesen Gremien gibt es also nicht?

Potocnik: Doch, wir versuchen schon, mit diesen Gremien zu kommunizieren. Aber ich habe überhaupt den Eindruck, dass diese Gruppen zu wenig mit Informationen an die Öffentlichkeit gehen.

OÖN: Vielleicht gibt es ja gar nichts zu informieren?

Potocnik: Kann sein, aber auch das muss kommuniziert werden – und zwar öffentlich.

OÖN: Wie schauen Ihre konkreten Überlegungen für eine Nachnutzung aus?

Potocnik: Auf jeden Fall muss es eine Mischnutzung werden, und es darf nichts schnell von außen drüberge-stülpt werden. Aber viel wichtiger ist für mich der Schritt in eine Zwischennutzung.

OÖN: So wie das Festival Ars Electronica?

Potocnik: Ja, obwohl das eher ein Event war. Ich meine, dass man mit klaren juristischen Regeln Leute hineinlässt – für ein, zwei Jahre. Und dafür gehört auch ein professioneller Kulturmanager her.

OÖN: Wo liegt für Sie die besondere architektonische Qualität des Gebäudes?

Potocnik: Das Besondere ist das Gesamtkunstwerk. Architekt Peter Behrens hat alles durchgestaltet: von der Außenhülle bis zum Türknauf. Als Industriebau ist das Gebäude auch sehr flexibel angelegt worden: Hohe Deckenlasten sind möglich, es gibt überall Sollbruchstellen, wo man Leitungen legen kann. Dieser Bau hält einiges aus. Da kann alles Mögliche hineingepackt werden, ohne dass es dem Bauwerk weh tut. Die Tabakfabrik Van Nelle in Rotterdam ist vergleichbar: Da wurde zwei Meter nach innen eine zweite Klimahülle gebaut, um für Dämmung bis zu Leitungen Platz zu bekommen, die Außenhaut aber blieb unbeschädigt. Das wäre vorstellbar für die Tabakfabrik.

OÖN: Das vom afo organisierte Symposion präsentiert ja einige Beispiele. Welche?

Potocnik: Die Manufaktura, eine riesige Textilfabrik in Lodz: Da wurde ein 40.000 Quadratmeter großes Hotel hineingebaut. Oder die Baumwollspinnerei Leipzig: Dort hat man sich zehn, 15 Jahre Zeit gelassen, um Ideen zu entwickeln. Diesen Zeitraum wird es bei der Tabakfabrik auch brauchen.

OÖN: Ein Hotel...?

Potocnik: Warum nicht? Es darf über alles nachgedacht werden – und wenn es dazu führt, dass man draufkommt: Das kommt keinesfalls hinein!

OÖN: Was ist eigentlich Ihre persönliche Motivation, sich so intensiv mit der Tabakfabrik auseinanderzusetzen?

Potocnik: Das Gebäude ist eine architektonische Perle. Mich interessiert dabei die Qualitätssicherung und die zivilgesellschaftliche Motivation. Das Metathema für mich ist die Zusammenarbeit Bürgerinitiative und Stadt. Ich möchte schauen, ob man zwischen Expertentum und Politik die Lücke füllen kann – und sehe dabei unsere „umbauwerkstatt“ als Art Bindeglied.

Info: Das afo bietet geführte Rundgänge durch die Tabakfabrik. Die nächsten Termine: 21. 11., 11 Uhr, 5. 12., 11 Uhr, Anmeldung: www.afo.at

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